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Eine syrische Familie erlebt Integration in Oberndorf / Schulunterricht bei Kerzenschein

Von Karin Schmidtke

Unter den rund 140 Flüchtlingen, die derzeit in Oberndorf leben, sind auch Khaled und Andaleb mit ihren Kindern aus Syrien. Das Erlernen der Sprache nimmt einen Großteil des Alltags ein.

Oberndorf. Die syrische Familie, zu der die Töchter Judy (16 Jahre), Raneem (13), Noor (zehn) und Maryam (sechs) gehören, stammt aus Damaskus. Vor 14 Monaten kam Khaled alleine nach Deutschland. Der Vater hatte Glück, seine Familie konnte im vergangenen Frühjahr von Beirut nach Berlin per Flugzeug nachreisen. Seit Mai leben alle sechs in Oberndorf. Integration ist für diese Syrer selbstverständlich und so pauken alle die Sprache. Die Jüngsten haben dabei die Nase vorn, spielend lernen sie deutsch – und schwäbisch. "Oberndorf ist für unsere Familie gut. Die Schule der Kinder ist in der Nähe. Meine Schule ist auch hier", berichtet Khaled froh, aber er zieht die Augenbrauen hoch und fügt an: "Nur schwäbisch viel schwer".

Durch Zufall lernte die Familie einen pensionierten Lehrer und dessen Frau kennen. Eine Freundschaft entstand und seither bekommt die syrische Familie ab und zu eine Extraportion Deutschunterricht. Syrische Freunde, die in Berlin leben, lernen längst nicht so schnell Deutsch, erzählt der Familienvater. Dort gebe es viel mehr Syrer, die mehr unter sich blieben. Judy und Raneem hätten gern mehr Freundinnen aus Deutschland. Noor und Maryam haben Freunde aus Bulgarien, Russland und Oberndorf.

Bis 13 Uhr ist Khaled in der Schule. Danach wäre er froh über einen Minijob. In Damaskus war der Vater Sales Manager in einer Firma für Computer und Multimedia. In Deutschland wäre ihm jede Arbeit recht. Seit 20 Jahren hat Khaled den Führerschein, der in Deutschland allerdings nicht anerkannt wird. "Ich hoffe, es ist bald möglich den Führerschein in Arabisch zu absolvieren", hofft er. Die Führerscheinprüfung ist nicht einfach, aber die Fragen- und Prüfungsbögen in deutscher Sprache ausfüllen zu müssen, davor graust es dem Syrer.

Ablehnungen bei Oberndorfern hat die Familie nicht gespürt. Vor allem die Mädchen öffnen die Herzen. Viel Unterstützung bekamen die Sechs von der Initiative "Offene Hände".

Regelmäßig rufen die Sechs bei ihrer Familie in Damaskus an. "Wasser gibt es dort nur maximal zwei Stunden am Tag. Dann werden alle Gefäße damit aufgefüllt", berichtet Andaleb. Judy ergänzt: In ihrer ehemaligen Schule gäbe es kein Licht. Die Schüler bringen Kerzen mit in den Unterricht. Eine Situation findet Andaleb in ihrer neuen Heimat verstörend. "Wie kann es sein, dass in Deutschland alte Menschen alleine in Wohnungen leben? In Syrien gibt es das nicht. Senioren gehören in die Familien", sagt die Mutter und schüttelt den Kopf. Raneem kichert und berichtet von ihrer Beobachtung: "Dafür lieben die Deutschen Hunde über alles. Sie halten sogar richtig große Hunde in der Wohnung".