Ist der Ausbau der L 415 ein probates Mittel, um weitere schlimme Unfälle zu vermeiden?

Von Marcella Danner Oberndorf. Die Bergstrecke zwischen Oberndorf und Boll steht immer mal wieder in der Diskussion. Nach dem tödlichen Unfall vergangene Woche werden vermehrt Stimmen laut, dass die L 415 dringend ausgebaut werden müsste, um weitere schlimme Unglücke zu vermeiden.Direkt am Tag nach dem Unfall, bei dem vergangene Woche ein 24-Jähriger ums Leben kam, weil er einem Lastwagen ausweichen musste, der laut Polizeibericht die Kurve geschnitten hatte, hat Jens Hartmann vom Ordnungsamt der Stadt Oberndorf beim Landratsamt um eine Verkehrsschau gebeten.

Der Boller Ortsvorsteher Wolfgang Schittenhelm befasst sich schon länger mit der Straße zwischen seinem Ort und der Talstadt. Er hatte angeregt, nach der Eichendorffkurve talaufwärts ein Verkehrsschild mit einem Überholverbot auf einer Strecke von 500 Metern aufzustellen und die Mittellinie durchzuziehen. "Herausgekommen ist ein Schild, das auf 150 Metern das Überholen verbietet. Das ist ein Witz." Eine durchgezogene Linie gab es nicht. Die vorhandene gestrichelte sei an manchen Stellen übrigens kaum noch zu sehen. So auch in der lang gezogenen Doppel-Kurve, in der sich nun der tödliche Unfall ereignete.

Der junge Mann, der bei dem Unglück sein Leben lassen musste, hatte versucht, dem entgegenkommenden Lastwagen auszuweichen, und war dabei mit seinem Auto an den Randstein gefahren. Dabei geriet er ins Schleudern und kollidierte mit zwei weiteren Fahrzeugen. In der jüngsten Sitzung des Boller Ortschaftsrats fragte Rolf Schittenhelm nach, weswegen hier so ein relativ hoher Randstein nötig sei.

Die Verkehrsdezernentin im Landratsamt Rottweil, Monika Mayr, gibt auf Nachfrage unserer Zeitung zur Auskunft, dass der Randstein für die Entwässerung des Oberflächenwassers der Straße zwingend notwendig sei. Nur so könne das Wasser kontrolliert in die Kanalisation abgeleitet werden. Direkt hinter dem Randstein gibt es eine Art Betonmulde. In ihr wird das Wasser des Hangs aufgefangen. Ohne Randstein, betont Mayr, würde das Regenwasser die Fahrbahn unterspülen und so die Standfestigkeit der Straße gefährden.

Die alteingesessenen Oberndorfer Fahrlehrer können ein Lied von der Straße in Richtung Boll singen. Henriette Heidersberger vom Fahrschul-Team bringt seit 26 Jahren jungen Menschen das Autofahren bei. Vor dem Randstein habe sie von Anfang an "einen Horror" gehabt. Sie hält ihn für sehr gefährlich. Mit ihren Schülern fahre sie diese Strecke hoch und runter, so oft es gehe, damit sie lernten, das Auto hier zu beherrschen. Selbst ein Lastwagen, der nicht absichtlich die Kurve schneide, rage bedingt durch die schmale Fahrbahn oftmals noch auf die andere Straßenseite hinüber. Da bekämen die unerfahrenen Autolenker Angst. Schon oft musste sie ins Lenkrad greifen.

Reinhold Schwanzer von der Fahrschule Schwanzer kann gar auf mehr als 40 Jahre Berufserfahrung zurückblicken. "Wenn ich ehrlich bin, hab’ ich jedes Mal Bauchweh, wenn ich hier hoch und runter fahre". Er hält auch den Zustand des Fahrbahnbelags für bedenklich. Es gebe Bodenwellen und ausgefahrene Ränder. Von Reifenplatzer aufgrund Randsteinkontakts kann er berichten.

Für Jakob Braun von der Academy Fahrschule gehört "dieser Randstein schon lange weg". Ihn wundere, dass hier nicht viel öfters Schlimmes passiere. Leute, die solch eine Straße konzipiert hätten, sollten seiner Meinung nach den ganzen Tag mit dem dicksten Lastwagen den Berg rauf und runter fahren müssen.

Er selbst ist auch Fahrschullehrer für Lastwagen und hat seinen eigenen schon beschädigt, als ihm ein Motorradfahrer mit dem Oberkörper gefährlich nahe auf seiner Straßenseite entgegenkam. Man könne einfach nicht ausweichen. Angezeigt hat er den Vorfall seinerzeit nicht. "Der Motorradfahrer war natürlich weg." Und der langjährige Fahrschullehrer geht davon aus, dass die vielen kleineren Unfälle mit abgefahrenen Seitenspiegeln und geplatzten Reifen der Polizei gar nicht gemeldet werden.

Dass dem tatsächlich so ist, bestätigt ein Blick des Oberndorfer Revierleiters Ulrich Effenberger in die Unfallstatistiken seit 2005. Tatsächlich gab es auf dieser Strecke im Jahr 2007 eine weiteren tödlichen Unfall eines Motorradfahrers. Ansonsten sei die L  415 kein sogenannter Unfallhäufungsschwerpunkt, auch wenn das "gefühlt" so in der Bevölkerung ankomme. Er selbst, gibt Effenberger zu, habe durchaus Respekt vor dem Randstein.

Hermann Kopp ist der erste Landesbeamte des Kreises und beim Landratsamt für Presseauskünfte zuständig. Nach Rücksprache mit seinen Dezernaten will man nun erst einmal den Polizeibericht genau analysieren. Man müsse sehen, ob man den Unfall zum Anlass nehmen müsse, die Verkehrssicherheit auf dieser Strecke zu optimieren. Ob das womöglich eine Verbreiterung der Straße bedeute, hänge von vielen Faktoren (wie etwa Unfallhäufigkeit oder Verkehrsfluss) ab. Solche eine Maßnahme sei mit hohem finanziellen Aufwand verbunden. Kopp gab allerdings zu bedenken, dass ein Menschenleben mit Geld natürlich nicht aufzuwiegen sei.