Großen Zuspruch findet die Gedenkfeier am 27. Januar. Foto: Holzer-Rohrer Foto: Schwarzwälder-Bote

70 Menschen versammeln sich zur Gedenkfeier am Mahnmal "Buch der Erinnerungen" / Lehre für die Gegenwart

Von Claudia Holzer-Rohrer

Oberndorf. "Wir sind gekommen, weil wir 18 Mitmenschen, die während der Naziherrschaft ums Leben gebracht und mit einer kriminellen Energie dem Vergessen übereignet wurden, heute ein Stück Würde und Achtung zurückgeben wollen" – mit diesen Worten begrüßte Dekan Ulrich Vallon vom evangelischen Dekanat die rund 70 Menschen, die zum Mahnmal "Buch der Erinnerung" gekommen waren, um ein Zeichen zu setzen gegen das Vergessen. Gemeinsam mit Pfarrer Albrecht Zepf hielt er die ökumenische Totengedenkfeier, um den Ermordeten posthum die letzte Ehre zu erweisen – exakt am 70. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz.

Künstler Jürgen Knubben, der das Denkmal in der Alt-oberndorfer Kienzlestraße geschaffen hat, hat die Namen der 18 Opfer nachgetragen, die einzeln genannt und für die jeweils eine Kerze entzündet wurde. Ermittelt hatte die 18 Toten aus der Kernstadt und den sechs Stadtteilen – die nie ein würdiges Begräbnis gefunden haben – der ehemalige Bürgermeister Klaus Laufer. Sein Bestreben sei es immer gewesen, mit dem namentlichen Eintrag in das Buch der Erinnerung den Opfern "die genommene Identität zurückzugeben, ihren grausamen unfreiwilligen Tod nach 74 Jahren endlich zu würdigen und den christlichen Beistand nachzuholen."

Pfarrer Zepf bezeichnete den Abschied als erforderliches Ritual, um der Anonymität entrissen zu werden. Das Geschehene dürfe nicht ohne Antwort bleiben; die Trauer dürfe nicht das Ende sein, aus ihr müsse Mahnung sprechen, aus der Trauer müsse die Lehre gezogen werden, zu handeln, die Trauer müsse die Sensibilisierung für Inklusion bewirken.

Zum inhaltlich wichtigen Teil dieser Gedenkfeier wurde neben der Erinnerung an die Vergangenheit, der Blick auf die Gegenwart, auf Kräfte der Spaltung und Unterdrückung und damit verbunden auf Möglichkeiten, die Zukunft mit mehr Liebe und Menschlichkeit, mit mehr Verständnis und Toleranz, mit mehr Achtsamkeit und dem Willen zum Frieden zu gestalten.

Andreas Kussmann-Hochhalter verwies außerdem noch auf das Gedenken für die Oberndorfer Juden, die im Rahmen des Holocaust ermordet wurden. Dies ist für den 16. April geplant – dem jüdischen Gedenktag an den Völkermord.

Den Mordaktionen fielen zum Opfer:

u Kernstadt: Karl Haug (30 Jahre), Anna Holzner (35), Karl Knäble (65), Karl Mutschler (31), Friedrich Wilhelm Ney (49), Emil Adolf Ruf (4).

u Aistaig: Luise Blöchle (49), Paul Schaupp (37), Eugen Steidinger (51), Frieda Berta Wössner (29).

u Bochingen: August Breisinger (36), Paul Erwin Haag (13), Emil Söll (31).

u Hochmössingen: Maria Magdalena Hezel (50), Johannes Walter Pfletschinger (29).

u Altoberndorf: Maria Hölsch (29).

u Beffendorf: Karoline Haaga (70).

u Boll: Elise Göhring (42).