Rund 100 Zuschauer beim "Sturm" in einer Aufführung des Zimmertheaters Rottweil

Von Alwin Weber

Oberndorf. Ein Sommernachtstraum war "Der Sturm" von William Shakespeare in der Aufführung des Zimmertheaters Rottweil im Hof der Klosterkirche. Dass die Besucher dort saßen, wo sonst der Platz der Akteure ist, mag den Eindruck der "verkehrten Welt", der Welt des Theaters, noch verstärkt haben.

Hans-Joachim Ahner, Leiter des städtischen Kulturamtes, begrüßte die rund 100 Zuschauer und stellte Regisseur Peter Staatsmann und Dramaturgin Bettina Schültke vor.

Da gegenüber dem Original einige Personen wegfielen, wurden manche Charaktere auf andere Handelnde übertragen, was der Klarheit und Aussagekraft bestimmt keinen Abbruch tat.

Zur Handlung: Prospero, der rechtmäßige Herrscher Neapels (Martin Olbertz) und seine Tochter Miranda (Marie-Luisa Kerkhoff) befinden sich auf einer einsamen Insel. Antonio (Stefan Beetz) hat seinen Bruder aus dem Herrscheramt verdrängt, denn dieser hat sich mehr seinen Büchern gewidmet als der Regierung Neapels.

Ariel (Nikolaij Janocha), ein Luftgeist, steht als treu ergebener und durchtriebener Diener an Prosperos Seite. Auf magische Weise hat Prospero erfahren, dass ein Schiff, auf dem alle seine Widersacher versammelt sind, an seiner Insel vorbeisegeln muss. Sofort befiehlt er Ariel Alonsa (Nicole Gerdon), Königin von Neapel, Ferdinand (Julian Dietz), deren Sohn, Sebastian (gespielt von Michael Del Coco), deren Bruder und Antonio (Stefan Peetz), den Bruder Prosperos an seiner Insel stranden zu lassen. Ariel führt Ferdinand zu Prospero. Wie könnte es anders sein, Ferdinand und Miranda verlieben sich sofort ineinander.

Antonio setzt Sebastian den Floh ins Ohr, seine Schwester zu töten, um selbst über Neapel zu herrschen. Doch Ariel weiß dies zu verhindern, und so machen sich beide in einer deftigen Schrei- und Drohszene die heftigsten Vorwürfe, die sie in Alkohol ertränken.

Prosperos Inszenierung hat ihren Höhepunkt erreicht. Nun muss die Lösung des dramatischen Knotens gefunden werden.

Welch ein Schauspiel wurde hier geboten! Ein Prospero, der seine Macht über die Geister in Würde zum Guten einsetzt. Wieder einmal Sprechkultur in höchster Form. Jede Rolle prall vor Leben, auch die der blasierten Alonsa, die in ihrer gespielten Oberflächlichkeit kaum zu übertreffen war. Miranda und Ferdinand ein junges Paar, das die Verlegenheit voreinander auf die Spitze trieb.

Ariel ein bewundernswerter, agiler, pfiffiger Tausendsassa. Als Meerjungfrau umwerfend komisch mit einer ungeheueren Ausstrahlung.

Sebastian und Antonio halb abgebrühte Banker-Typen, halb besoffene, grölende Proleten – aber immer glaubwürdig.

Caliban, der wilde Diener, eine Mischung aus verzweifeltem Aufbegehren und hündischer Unterwürfigkeit, mitleiderregend in seiner Zerrissenheit

Mit einfachsten Mitteln ließ hier die Regie Geister auftauchen, die nur im Kopf des Publikums entstanden. Durch verschiedene Kopfbedeckungen und Musik verwandelt sich Ariel in Iris, Juno und Ceres. Die Musik, von Klamauk bis zur Renaissancemelodie, treffend vorgetragen und eingesetzt unterstützt das Spiel.

Szenen des Wahnsinns, der Verzweiflung und rührender Einfachheit brachten das gesamte Repertoire an shakespeareschem Gedankengut – Vater-Tochter-Beziehung, Narr, Höfling, Isolation, Geisterwelt, Deus-ex-machina und anderes – überzeugend ins Rund der Inszenierung.

Die Bravorufe der begeisterten Zuhörer für Regie und Darstellung waren berechtigt. Die Bitte Prosperos um Applaus in seinem letzten geschliffen vorgetragenen Monolog war erhört worden.