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OB Wolfgang Schuster macht Museum zum 100. Geburtstag Hoffnung auf einen neuen Standort.

Stuttgart - Aus dem Linden-Museum für Völkerkunde soll ein Haus der Kulturen der Welt werden, das mehr ins Zentrum der Stadt und damit ins Bewusstsein der Stuttgarter rückt: Mit dieser Absichtserklärung überraschte OB Wolfgang Schuster zur Feier des 100. Geburtstages des Museums, das am 28.Mai 1911 eingeweiht wurde.

Verschlafen oder, schlimmer noch, verstaubt: Gegen solche abwertenden Attribute muss sich genau wie andere Völkerkundemuseen auch die Stuttgarter Direktorin Inés de Castro mit ihren Mitarbeitern wehren. Ungeachtet der Anerkennung und Bedeutung, die ihre wissenschaftliche Arbeit und ihre Sammlung in internationalen Fachkreisen und als Leihgeber genießen. Da ist ein Geburtstag, wie ihn das Linden-Museum jetzt feiern konnte, im doppelten Sinn ein glücklicher Anlass: weil die große Party am Freitag und der Tag der offenen Tür am Samstag mehr als 2200 Besucher anlockten und Gelegenheit boten, diese Vorurteile eindrucksvoll zu widerlegen.

Da erwies sich das Haus am Hegelplatz als das, was de Castro beim Festakt als Aufgabe der Zukunft formulierte: als "lebendiger Ort der Begegnung und des interkulturellen Dialogs in einer zunehmend interkulturellen Stadt mit dem Bildungsauftrag, einem breiten Publikum die Vielfalt der Kulturen zu zeigen".

Hervorgegangen ist das Haus aus dem Württembergischen Verein für Handelsgeographie, der 1882 gegründet wurde, um über die Märkte in Übersee zu informieren und das Leben in den Kolonien vorzubereiten. Der Vorsitzende des Vereins, Karl Graf von Linden (1838-1910), Jurist und Oberkammerherr am Hofe, war es, der zuerst für die Einrichtung eines Ethnographischen Museums im Haus der Wirtschaft sorgte und, als die Sammlung rasant anwuchs, den Bau eines eigenen Hauses vorantrieb. Sein Ziel: die Lebenszeugnisse indigener Kulturen vor dem Untergang zu retten und zu dokumentieren. Das Relief des Gründers, der die Einweihung nicht mehr erlebte, ziert die Fassade des Museums, viele Mitglieder der weit verzweigten Familie von Linden waren zum Fest gekommen.

Untrennbar mit dem Museum verbunden ist auch der Name Theodor Wanner. Ihm ist es zu verdanken, dass die Sammlung im Zweiten Weltkrieg ausgelagert und somit gerettet wurde. Er setzte sich auch dafür ein, dass das im Krieg zerstörte Museum schnell wiederhergestellt wurde.

"Karl von Linden würde sich heute die Augen reiben", meinte Theresia Bauer, Landesministerin für Wissenschaft, Forschung und Kunst, in ihrem Grußwort. Denn die Welt sei nah zusammengerückt. Moderne Völkerkundemuseen müssten daher gegenseitigen Respekt und Toleranz und damit interkulturelle Kompetenz fördern. Die Weichen dafür hat das Linden-Museum, das 1973 in die Trägerschaft von Land und Stadt überging, mit der Gründung eines Jugendclubs gestellt. Für dessen Arbeit brachten der OB und Roland Hahn von der Gesellschaft für Erd- und Völkerkunde Geburtstagsschecks mit.

Bleibt als unbefriedigendes Manko die Raumnot. "Ich gehe davon aus", machte Schuster Hoffnung, "dass wir in zehn Jahren viel Platz hinter dem Bahnhof für ein neues Haus der Kulturen der Welt haben."