OB Fritz Kuhn (Grüne) will im Regionalverband auch Stuttgarts Probleme lösen Foto: dpa

Der Stuttgarter Oberbürgermeister Fritz Kuhn will seine neue Rolle als Regionalrat ernst nehmen. Das Ergebnis der Gemeinderatswahl am 25. Mai nimmt er als Bestärkung für seine politische Linie. Aber er sieht darin keine Verpflichtung, schneller und besser zu liefern.

Stuttgart - Der Stuttgarter Oberbürgermeister Fritz Kuhn will seine neue Rolle als Regionalrat ernst nehmen. Das Ergebnis der Gemeinderatswahl am 25. Mai nimmt er als Bestärkung für seine politische Linie. Aber er sieht darin keine Verpflichtung, schneller und besser zu liefern.

Herr Kuhn, Sie sind jetzt auch noch Regionalrat. Warum wollten Sie das? Was bringt es?

Ich wollte und musste in die Regionalversammlung gehen, weil viele Stuttgarter Probleme nicht ohne die Region zu lösen sind. Nehmen Sie nur die Verkehrspolitik. Wenn ich den Feinstaub bekämpfen will, muss ich in der Region mitsprechen.
Der Pendler wegen?
Man muss sich nur mal morgens an der Hohenheimer Straße umsehen. Da sehen Sie jede Menge Kennzeichen aus der Region. Und wenn die S-Bahn unpünktlich ist, geht hier nichts mehr. Da muss man die Schwachstellen aufzeigen, mit der Bahn reden und klären, was investiv notwendig ist. Ich musste aber auch aus einem anderen Grund kandidieren. Wenn die Region bei Bewahrung örtlicher Eigenständigkeiten zusammenwachsen soll, darf der OB aus der Stadt im Herzen der Region nicht passiv sein.
Das heißt, Sie werden eine aktivere Rolle in der Region spielen als Ihr Vorgänger Wolfgang Schuster von der CDU?
Ich messe mich generell nicht an meinem Vorgänger, sondern an dem, was Stuttgart braucht. Ich werde mich dieser Rolle in der Region sehr ernsthaft widmen. Ich gehe da nicht nur zum Unterschreiben hin.
Dann wäre es konsequent, Sie wollten gleich das Alphatier der Region sein. Ist das eigentlich in Stein gemeißelt, dass der Regionalpräsident immer von der größten Fraktion, jetzt erneut die CDU, gestellt wird?
Ich finde das richtig so. Ich gehe da nicht rein, um der Chef zu sein, sondern um für die Region und für Stuttgart Positives zu erreichen. Außerdem wären beide Ämter zeitlich eine Überforderung.
Jedenfalls haben Sie nun weitere Gestaltungschancen – und im Rathaus wohl eine gestärkte Hausmacht im öko-sozialen Spektrum.
Das sogenannte Stimmzettelergebnis von Montag stimmt in etwa mit der Prognose vom Sonntag überein, wenngleich Verschiebungen noch möglich sind. Wenn die CDU am Ende einen Sitz mehr hätte als die Grünen, wäre das für das große Ganze nicht relevant. Klar ist doch: Was die CDU vor der Wahl eine bürgerliche Mehrheit nannte, wird es im Gemeinderat nach dieser Wahl nicht geben. Ich will aber an dieser Stelle mal sagen: Auch ich bin bürgerlich in dem Sinne, dass aufgeklärte Bürger sich um die Belange der Stadt kümmern, und so sind auch die Grünen bürgerlich. Das ist allerdings etwas anderes als spießbürgerliche Biederkeit.
Dass bunte Gruppen hinzukommen, könnte Ihnen vielleicht sogar Spaß machen?
Wenn man als Grüner etwas gelernt hat, dann dies, mit Vielfalt umzugehen. Das schreckt mich nicht. Ich will aber sowieso nach breiten Mehrheiten suchen und fragen, was die beste inhaltliche Lösung für Stuttgart ist.
Sie sagen, diese Wahl habe den Auftrag von der Gemeinderatswahl 2009 und der OB-Wahl 2012 gestärkt, Stuttgart in ökologischer und sozialer Hinsicht zu verändern. Warum?
Warum ging die Wahl denn so aus? Die Wähler wussten nicht, wo die CDU wirklich hin wollte. Außerdem sagten sie, anderthalb Jahre nach Kuhns Amtsantritt wählt man nicht ab, was gerade begonnen wurde.
Wenn dieses Ergebnis eine Stärkung ist, verpflichtet es Sie dann nicht auch, das Versprochene schnell und gut zu liefern? Etwa beim Wohnungsbau und der Feinstaub-Bekämpfung.
Ich habe seit meinem Amtsantritt meine Aufgabenstellung immer gleich gesehen. Und etwas energisch zu betreiben, heißt ja nicht, übereilt zu agieren. Nach jahrzehntelangen Versäumnissen müssen wir die Defizite bei der Infrastruktur identifizieren und sie zu beseitigen versuchen. Da geht es nicht darum, kurz mit den Flügeln zu schlagen, mal ein Pilotprojekt zu machen und von einem Leuchtturmprojekt zum nächsten zu ziehen. Die Aufgaben sind größer und schwieriger. Außer Schwung und Kraft braucht man dazu auch einen langen Atem.
Also ist das jetzt keine Zäsur, nach der Sie sagen, die Wahl brachte mir Rückenwind, ich gehe mit mehr Schwung in die nächsten sechseinhalb Jahre Amtszeit?
Mit Rückenwind läuft man schneller. Aber darunter darf die Trittsicherheit nicht leiden.