Katja und Peter Weiger, Manfred Maute, Heike Nüsseler, Jakob Veeser, Herbert Schäfer und Alfons Kühlwein gehören zum Team, das Fotos, etwa von Fronleichnam und aus alten Familienalben, zusammenstellt. Foto: Sammlung Alber (1), Sammlung Ritter (1), Weiger (2) Foto: Schwarzwälder-Bote

Chronik-Team arbeitet an einem Schatz über Nusplingen und seine Menschen / Zu jedem Foto eine Geschichte

Von Karina Eyrich

Nusplingen. Erlebnisse wie beim Bohren nach Öl hat ein Chronik-Team in Nusplingen in den vergangenen Monaten gehabt: Auf den Aufruf, alte Bilder einzureichen, kamen erst wenige. Doch schon nach kurzer Zeit sprudelten die Quellen – die sechs Chronisten haben einen Schatz entdeckt.

Peter Weiger ist der lebende Beweis dafür, wie sehr alte Bilder selbst ganz junge Menschen fesseln können: Der knapp neunjährige Sohn der Journalistin Katja Weiger aus Nusplingen hat – quasi als siebtes Mitglied des Chronik-Teams – mitgearbeitet an dem Werk, das seine Mutter, Herbert Schäfer, Manfred Maute, Bürgermeister Alfons Kühlwein, Heike Nüsseler und Jakob Veeser zusammenbasteln: eine Chronik in alten Bildern, die von Nusplingen und seinen Menschen erzählt.

Beim Einscannen der alten Fotos, die Menschen aus dem Ort eingereicht haben, hat Computer-Käpsele Peter fleißig mitgeholfen und dabei mehr und mehr gelernt über Nusplingen und wie es wurde, was es ist. "Es ist sehr spannend, wie dieser Ort, der schon immer stark von Vereinen geprägt war, sich entwickelt hat und wie die Menschen früher gelebt haben", sagt Katja Weiger, die alle Fotos digitalisiert und mit jenen Informationen versieht, die es dazu gibt.

Woher die Informationen kommen? Da gerät Katja Weiger förmlich ins Schwärmen: "Herbert Schäfer, lange Vorsitzender des Fördervereins Alte Friedhofskirche St. Peter und Paul, und Manfred Maute, der selbst einen unglaublichen Fundus an Fotos besitzt, haben als einstige Lehrer ein enormes Wissen und kennen zu sehr vielen Fotos die Geschichte." Dass es eine Geschichte dazu gibt, sei eines der Kriterien, ein Foto aufzunehmen in den Bildband. Und überhaupt sei das Drum-Herum, der Hintergrund, das Beiwerk eines Motivs sehr wichtig und aufschlussreich, betont die gebürtige Albstädterin, die einst der Liebe wegen nach Nusplingen gezogen und seither auch in die Bäratal-Gemeinde verliebt ist.

Das Auge für diese Details im Hintergrund bringe Jakob Veeser mit, der "Dinge sieht, die sonst niemandem auffallen". Auch Heike Nüsseler trägt – quasi als Eichhörnchen des Chronik-Teams – fehlende Informationen zusammen, was zuweilen in Detektivarbeit ausarten kann.

Die Kategorien, in die das Chronik-Team die Fotos eingeteilt hat, spiegeln die ganze Bandbreite des Lebens: Von kulturellem Leben, Festen, Gastronomie und kirchlichen Feiertagen – in Nusplingen mit seinen prächtigen Blumenteppichen gehört Fronleichnam zu den wichtigsten – über Kindergarten und Schule, Landwirtschaft, Sport und Vereine bis hin zu Bauten, Mühlen und Wasser, Ortsansichten, Postkarten, Fahrzeugen und natürlich Persönlichkeiten reichen die Themen der Kapitel.

Wer ist der Mannmit der Mütze?

Selbst das "dunkelste Kapitel, den Krieg, haben wir nicht ausgespart", sagt Katja Weiger und berichtet davon, wie ihr Sohn Peter sich gewundert habe, warum sein Papa auf einem Foto eine Soldatenmütze trägt. Dass der Träger nicht Markus Weiger, sondern dessen Großvater war – allein das zeige, wie familiäre Ähnlichkeit die Bezüge zur Vergangenheit widerspiegele.

"Manche Fotos sind fast wie Stilleben", sagt Katja Weiger und staunt, wie "gestochen scharf" besonders alte Aufnahmen, von Fotografen angefertigt, oft seien: "Das zeigt, mit wie viel Wertschätzung sie gemacht wurden." Wer die Fotografen waren und von wem die Fotos stammen – das ebenfalls zu dokumentieren, darauf legt das Chronik-Team großen Wert und muss sich dabei, ebenso wie bei der Beschreibung der Motive, oft mit Hausnamen behelfen, um die einzelnen Sippschaften gleichen Nachnamens auseinander zu halten. Ein Bespiel dafür ist das Foto, das den dreijährigen Josef Braun auf einem Dreirad zeigt – in seinem Heimatort war der Musikus und langjährige Vorsitzende des Kreis-Blasmusikverbands Zollernalb als "Hirschen-Sepp" bekannt.

"Es menschelt gewaltig in dem Bildband", verspricht Katja Weiger, muss einen Erscheinungstermin allerdings noch schuldig bleiben. "Wichtig ist nicht, wann das Buch erscheint, sondern dass wir ganz viele von diesen Schätzen unterbringen," sagt sie über die Fotos, von denen das Chronik-Team viele Hundert gesichtet und besprochen hat und deren Entstehungsdaten von den 1960-er Jahren zurückreichen bis zu den Jugendjahren der Fotografie im 19. Jahrhundert. "Viele Nusplinger haben uns Fotos gebracht von Menschen, die schon lange nicht mehr leben – deshalb ist es eine ganz große Verantwortung, sie der Nachwelt zu erhalten", betont Katja Weiger. "Wenn man solch ein Foto sieht, dann kommen ganz tolle Erinnerungen und leben wieder auf."

Sie selbst habe durch die Arbeit enorm viel gelernt über ihre Wahl-Heimat, betont die Journalistin, die das Arbeiten mit den "wandelnden Geschichtsbüchern" Manfred Maute und Herbert Schäfer besonders genießt. Außerdem freut sie sich über den Effekt der Chronik, durch die "junge Menschen lernen können, das wertzuschätzen, was Nusplingen hat". Dass dies so ist – auch dafür ist der neunjährige Peter Weiger der beste lebende Beweis.