Günter Schweigert (links) präsentiert im geologischen Steinbruch bei Nusplingen einige Platten, in denen er mit geschultem und geübten Blick Versteinerungen vermutet. Fotos: Deregowski Foto: Schwarzwälder-Bote

Paläontologen vom Naturkundemuseum Stuttgart präsentieren die jüngsten Funde im Plattenkalk

Von Renate Deregowski

Nusplingen. Der Plattenkalk ist schon etwas Besonderes. Welche Schätze der Steinbruch birgt und welche bereits freigelegt wurden, haben die Besucher bei zwei Führungen im Rahmen des "Tags des Geotops" erfahren.Man stelle sich mal vor, Nusplingen sei eine Lagune, das Wasser ist 24 Grad Celsius warm, und der Bürgermeister trägt die meiste Zeit Shorts – ein Szenario, das Gerd Dietl vom Staatlichen Museum für Naturkunde in Stuttgart nur zu gern anführt, wenn er in die Geschichte des Nusplinger Plattenkalks einführt. "Heute befinden wir uns hier auf rund 950 Metern Höhe, früher lag diese Stelle etwa 100 Meter tief unter dem Meeresspiegel", sagte Dietl über das Grabungsschutzgebiet.

Was sich vor Jahrmillionen dort im Wasser tummelte, lässt sich im kleinen Nusplinger Steinbruch besonders gut sehen. Dabei wurde der Plattenkalk nicht immer vornehmlich wegen seiner geologischen Funde so geschätzt. Anfang des 19. Jahrhunderts wurde dort wegen vermuteter Flöze gegraben und nach den ersten Funden auf Geheiß des württembergischen Königs zielgerichtet nach Fossilien geforscht. Ebenso wurde entdeckt, dass mit den Platten aus Kalkstein Lithografie betrieben werden konnte, was den Buchdruck revolutionierte. In Nusplingen selbst hatte der Plattenkalk vor dem ersten Weltkrieg noch eine ganz andere Bedeutung – er diente nämlich als Hausdachbedeckung. Erst mit dem Ausbau der Eisenbahnlinien wurden die Platten von wesentlich billigeren gebrannten Ziegeln verdrängt.

Bekannt geworden ist das Grabungsgebiet aber für seine Funde: Um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert wurde etwa ein Krokodilskelett freigelegt, dass damals für 5000 Goldmark verkauft wurde, was heute einem Wert von rund 30 000 Euro entspricht. Die besten Funde ließen sich in blau-grauen Schichten machen, erklärte Dietl, denn dort sei kein Sauerstoff am Zersetzungsprozess beteiligt gewesen. Dies führe zu Erhaltungszuständen, die im hellen Plattenkalk nicht zu finden seien.

Was in jüngster Zeit aus dem Steinbruch gefördert wurde, präsentierte Dietls Kollege Günter Schweigert. Schwämme, Krebse und auch ein versteinerter Kothaufen waren nur einige Sehenswürdigkeiten. Den beeindruckendsten Fund hatte Schweigert im noch im Kofferraum. "Ich habe den sozusagen vom Präparationstisch mitgenommen", sagte er und präsentierte einen rund 30 Zentimeter großen Kopf eines Raubfisches. Dieser sei nur der erste von drei Teilen eines insgesamt 1,4 Meter langen Fisches. Von dieser Art gebe es bisher lediglich zwei weitere Funde, sagte Schweigert, die allerdings stark ergänzt seien. Der Nusplinger Fund hingegen sei deshalb einzigartig, weil er so gut wie vollständig sei.