Die Bohrungen werden jetzt oberhalb des Hangs, in der Hartsteige selbst, fortgesetzt. Entscheidend ist es, die gewonnenen Bohrkerne am Stück zu archivieren. Nur so können sie aussagekräftig untersucht werden. Foto: Weiger

Nusplinger besorgt: Wetter hat wesentlichen Anteil an Hangstabilität. Ergebnisse gibt es frühestens im April.

Nusplingen - Mit Ergebnissen aus den Bohrungen rechnet das Landratsamt frühestens Mitte April: Der Blick in die Tiefen der Hartsteige soll preisgeben, was den Hang ins Rutschen gebracht hat. Danach entscheiden die Fachleute, wie künftig stabilisiert wird.

Gestern wurde das Bohrgerät bei schönem Sonnenschein von der Kirchwiesenstraße in die Hartsteige gehoben, wo die Arbeiten oberhalb des Hangs fortgesetzt werden. Auf die in Nusplingen allgegenwärtige Frage, ob beispielsweise Tauwetter wieder mehr Bewegung in den Hang bringen könnte, hält sich das Landratsamt bedeckt. "Das Wetter hat wesentlichen Einfluss auf die Hangstabilität", bestätigt Pressesprecherin Marisa Hahn. Allerdings gehe man derzeit nicht davon aus, dass sich infolge der Schneeschmelze eine "gefährliche Beschleunigung" einstelle. In diesem Fall würden die Messungen intensiviert, weitere Maßnahmen darauf abgestimmt.

Dieser Optimismus wird im Bäratal nicht zwingend geteilt. Viele Bürger rund um die Hartsteige fürchten, basierend auf jüngsten Erfahrungen, dass die Schneeschmelze oder viel Niederschlag die "Kriechbewegungen" im Hang wieder begünstigen könnten.

Das Fachteam der Teninger Firma "drillexpert" indes profitiert von den frühlingshaften Temperaturen. Zum Anfang der Bohrungen vor einigen Tagen war es winterlich eisig; es schneite, regnete und graupelte abwechselnd. Das Team von "drillexpert" bohrt bekanntlich an vier Stellen mittels einer so genannten Inklinometer-Messstelle: mit Neigungsmessern, die beispielsweise eingesetzt werden, um Bewegungen von Bauwerken in der Tiefe zu kontrollieren. Die Messpunkte sind dabei im Hang verteilt. Dazu kommen zwei Plätze, an denen zusätzlich das Grundwasser untersucht wird.

Federführend für das gesamte Konzept ist das Leinfelder Geotechnik-Fachbüro Vees & Partner – ein Büro das sich unter anderem auf Baugrund-Erkundung sowie Sachverständigen-Gutachten spezialisiert hat und weltweit tätig ist. Dessen Gutachter hat alle Nusplinger Messstellen ausgewählt; das Büro arbeitet die Bohrkerne zudem bodenmechanisch auf. "Bodenmechanik" ist die Lehre darüber, welche physikalischen Eigenschaften Boden besitzt und wie er sich als Baugrund verhält. Aus den Bohrkernen indes, erläutert Marisa Hahn, würden wiederum Proben gezogen. Diese würden im Labor auf ihre Beschaffenheit und Zusammensetzung untersucht.

Die geotechnischen Bohrungen in der Hartsteige unterscheiden sich von Bohrungen, wie sie beispielsweise für geothermische Heizungsanlagen nötig sind. Bei letzteren ist die exakte Tiefe der Bohrung bedeutend und nicht der Aspekt, das Bohrmaterial "am Stück" archivieren zu können.

Anders in der Hartsteige: Hier sei es für eine aussagekräftige Untersuchung wichtig, das geborgene Material als kompletten Kern zu untersuchen, bestätigt die Pressesprecherin.

Der Hang wird aktuell laut Landratsamt montags, mittwochs und freitags vermessen. Zuständig dafür sind die Mitarbeiter des Vermessungsamtes der Behörde. Aufschluss über potenzielle Bewegungen im Erdreich lieferten neben diesem Datenmaterial so genannte "Rissmonitore" in den beiden evakuierten Häusern, so Marisa Hahn. "Rissmonitore" sind Schablonen, mit denen sich – beispielsweise an Raumwänden – exakte Veränderungen in Rissbreiten messen und Verläufe dokumentieren lassen.

Zur Kenntnis genommen hat das Landratsamt des Zollernalbkreises den Hinweis aus dem Nusplinger Gemeinderat, bei den betroffenen Anliegern für mehr Transparenz zu sorgen. Es gibt laut Marisa Hahn wöchentliche Benachrichtigungen über aktuelle Entwicklungen an der Hartsteige.