Freie Fahrt fürs schnelle Netz: Die Ortsteile auf dem Nusplinger Berg möchten ans schnelle Internet. Doch derzeit fehlt der Bäratalgemeinde die zeitliche Planbarkeit für den Backbone-Anschluss. Möglich wäre eine Trasse über Unterdigisheim. Foto: Weiger Foto: Schwarzwälder-Bote

Breitbandversorgung: Gemeinde vertagt dennoch den Ausbau ihres Backbone-Netzes / Hinterlieger und gebranntes Kind

Wie kommt das schnelle Internet auf den Berg? Den Nusplingern brennt diese Frage seit langem auf der Seele. Doch das Thema Breitbandausbau ist zunächst vertagt.

Nusplingen/Meßstetten. Der Nusplinger Kernort ist internettechnisch über die Kabel BW ausreichend versorgt, die Ortsteile Heidenstadt, Harthöfe und Dietstaig nicht im Ansatz. Wie sehr Verwaltung und Ratsgremium das Thema "Breitbandausbau" auf der Seele brennt, zeigte die leidenschaftliche Diskussion der jüngsten Gemeinderatssitzung.

Bürgermeister Jörg Alisch weiß von Oberstufenschülern, die ins Tal ausweichen, um schulische Internet-Recherchen zu erledigen. Oder von Gewerbetreibenden, die zittern, wenn sie große Datenmengen mailen müssen. "Kein Zustand in der heutigen Technikwelt", das steht für den Rathauschef fest, "das macht den ländlichen Raum nicht attraktiver." Nicht zuletzt wohnten in den Berg-Ortsteilen 400 Bürger – knapp ein Viertel der Bevölkerung, sagt Alisch.

Große Hoffnungen setzen die Nusplinger deshalb in den kreisweit geplanten und durch das Land geförderten Breitbandausbau: schnelles Internet für den gesamten Kreis, keine "weißen Flecken" mehr auf der Landkarte.

Bis Ende November, so der Plan, hätten die Nusplinger Verwaltung und das Ratsgremium dem Landkreis gern den positiven Grundsatzbeschluss zurückgemeldet, dass die Bäratalgemeinde bereits 2017 in den Backbone-Ausbau einsteigt. Diese Frist, so erklärt Kreis-Pressesprecherin Marisa Hahn, hänge mit der aktuellen Betreiber-Ausschreibung zusammen.

Doch das Nusplinger Ansinnen ist zunächst einmal vertagt. Aktuell fehlt Verwaltung und Gemeinderat bezüglich des Anschlusses zweierlei: erstens die konkrete Wahl der überörtlichen Zuführung, sprich der Übergabepunkt von Ort zu Ort. Damit mangelt es dem Projekt zweitens an einer zeitlichen Perspektive.

Die interne Kreisplanung sieht laut Marisa Hahn die Trasse über das Meßstetter Stadtgebiet vor. Zudem würden technisch wie finanziell Varianten über Schwenningen und Egesheim geprüft. Nusplingen selbst rechnet, wie Bürgermeister Jörg Alisch bestätigt, mit einem Eigenanteil zwischen 250 000 und 300 000 Euro. Dieses Geld will kein Gremiumsmitglied für "prophylaktische Leitungen ohne jegliche zeitliche Planbarkeit" in die Hand nehmen – das machte die jüngste Ratssitzung augenscheinlich.

Alisch zeigt dafür Verständnis: "Die Nusplinger sind gebrannte Kinder", sagt er, "sie haben schon einmal viel Geld gezahlt – und zwar für die Bahnanbindung. Ein Zug fährt bis heute trotzdem nicht." Gemeinde- und Kreisrätin Angela Mauch verhehlt ihre Enttäuschung nicht: "Ich dachte, das Projekt kommt schneller in Fahrt." Nusplingen wäre als so genannter "Hinterlieger" – bei der kreisinternen Lösung über Unterdigisheim beispielsweise – auf dessen Anschluss angewiesen.

Meßstetten sieht im Augenblick noch keine aktuelle Dringlichkeit

Die Stadt Meßstetten sieht im Augenblick jedoch keine akute Dringlichkeit, den Ausbau des dortigen Backbone-Netzes zu forcieren. Warum? Um "in medias res" zu gehen, erklärt Bürgermeister Frank Schroft, fehle ihm die angekündigte Präzisierung der bislang groben Kreisplanung. Die Kommunen erhalten seiner Meinung nach erst dadurch eine fundierte Entscheidungs- und Beschlussgrundlage.

Da ein vollständiger Ausbau nicht innerhalb von ein bis zwei Jahren zu bewerkstelligen sei, habe das Landratsamt versichert, auf die Städte und Gemeinden im Kreis zuzugehen und ihnen vorzuschlagen, wo ein Ausbau zuvorderst Sinn mache. Dieses Gespräch wolle man in Meßstetten abwarten. "Mir ist sehr an einer lückenlosen Breitband-Versorgung im gesamten Zollernalbkreis gelegen", betont Schroft nachdrücklich, "und an der Solidarität in der Verwaltungsgemeinschaft. Doch eine Diskussion zum jetzigen Zeitpunkt ist meiner Meinung nach verfrüht."

 Ziel: Der Landkreis sowie seine Städte und Gemeinden möchten nach Auskunft von Pressesprecherin Hahn in den nächsten drei bis vier Jahren flächendeckend ein kommunales Glasfasernetz bauen. "Backbone", englisch für "Rückgrat", steht dabei für das grobe Basisnetz. Dazu kommt eine innerörtliche Feinplanung.   Verbund: Der Zollernalbkreis ist 2016 für seine Städte und Gemeinden dem Verbund "Komm.Pakt.Net" beigetreten, in dem sich laut der Nusplinger Verwaltung zwischenzeitlich acht Landkreise und über 200 Kommunen organisiert haben.

  Fördermöglichkeiten: Für den Breitband-Ausbau erhalten die Kommunen Fördergelder des Landes – und zwar für Gebiete, die nicht flächendeckend mit mindestens 50 MBit/sec versorgt sind. Das Land unterstützt laut Nusplinger Verwaltung das so genannte "Betreibermodell": Kommunen bauen Glasfasernetze und verpachten diese an privatwirtschaftliche Netzbetreiber. Wie lange es die hohen Fördergelder gibt, vermag der Landkreis laut Marisa Hahn nicht zu prognostizieren. "Genau das ist der Grund, warum Nusplingen so auf das Tempo drückt. Wir können uns das Glasfasernetz nur mit den aktuell enorm hohen Zuschüssen leisten", sagt der Nusplinger Bürgermeister Jörg Alisch.