Der Untersuchungsausschuss "Rechtsterrorismus/NSU BW" hätte gerne alle möglichen Beweise zur Verfügung. (Archivfoto) Foto: dpa

Es geht um einen Laptop, den Camcorder und ein Handy, die aus dem ausgebrannten Auto von Florian H stammen. Der Ausschuss hätte die Sachen gerne zur Auswertung zur Verfügung, doch die Familie des Verstorbenen zögert noch. Zudem sorgen die Grünen im Ausschuss für Verwirrung.

Stuttgart - Die Äußerungen der grünen Fraktionschefin Edith Sitzmann über eine mögliche Fortsetzung des NSU-Untersuchungsausschusses nach der Landtagswahl sorgen bei der CDU für Verdruss. Spannend bleibt zudem, ob das Landtags-Gremium bei der Sitzung an diesem Freitag noch Gegenstände aus dem ausgebrannten Auto des ehemaligen Neonazis Florian H. bekommt. Die Abgeordneten befassen sich mit dem Tod des jungen Mannes und möglichen Verbindungen zur rechtsextremen Terrorzelle NSU.

Die Grünen-Fraktionschefin Sitzmann, die dem Untersuchungsausschuss nicht angehört, rechnet damit, dass das Gremium seine Arbeit noch nach der Landtagswahl im März 2016 fortsetzt. „Davon gehe ich aus“, sagte sie der Deutschen Presse-Agentur. „Wenn die Zeit bis zur Landtagswahl nicht reicht, werden die Ergebnisse gesichert. Dann muss der neue Landtag darüber entscheiden, ob er die Aufarbeitung mit einem neuen Untersuchungsausschuss fortsetzt.“ Man sei den Opfern des NSU und der Öffentlichkeit schuldig, dass alle offenen Fragen gründlich beleuchtet werden.

Dem „Nationalsozialistischen Untergrund“ werden die Ermordung der Polizistin Michèle Kiesewetter 2007 in Heilbronn und neun weitere Morde an Migranten vorgeworfen.

Der CDU-Obmann im Ausschuss, Matthias Pröfrock, kritisierte am Donnerstag die Aussagen Sitzmanns: Damit werde der Konsens im Landtagsgremium verlassen, die Arbeit so gründlich wie nötig und so zügig wie möglich zu erledigen. „Das macht den Ausschuss zu einer Art vorläufigem Gremium.“ Für das „Störfeuer“ von den Grünen gebe es keinen Anlass: „Ich sehe nicht, dass wir nicht fertig werden können“, sagte der CDU-Politiker. Das Gremium habe eine Arbeitsroutine erlangt, die eine Einhaltung der Fristen erlaube.

Vorgezogene "Entzugserscheinungen" mit Blick auf das Ende?

Ausschuss-Chef Wolfgang Drexler (SPD) will trotz eines engen Zeitplans den Abschlusstermin im Februar kommenden Jahres einhalten. Wie vorgesehen solle der Bericht des Gremiums am 17. Februar, der letzten Sitzung des Landtags vor der Wahl im März, dem Parlament zur Diskussion vorgelegt werden. Der Untersuchungsausschuss würde dann nach rund 14 Monaten zum Abschluss kommen.

Pröfrock verwies darauf, dass sogar der NSU-Untersuchungsausschuss des Bundestags nicht mehr als eineinhalb Jahre gedauert habe. Und dieser habe alle zehn Morde umfasst. Er frage sich, ob die Grünen-Politikerin mit Blick auf das Ende des Ausschusses wohl vorgezogene „Entzugserscheinungen“ habe. Der Gremium versuche durch rasch aufeinanderfolgende Termine die Arbeit zügig voranzutreiben.

An diesem Freitag stehen dem Gremium leitende Ermittler im Mordfall Kiesewetter Rede und Antwort. Der erste und der dritte Leiter der Heilbronner Soko „Parkplatz“ werden zu ihrer Vorgehensweise befragt. Einer der beiden Beamten hatte den Ausschuss bei der Begehung des Tatortes auf der Heilbronner Theresienwiese begleitet. Auch ein mit dem Verbrechen befasster Staatsanwalt soll vernommen werden.

Bei der Sitzung des Ausschusses an diesem Freitag erwartet Drexler, dass dem Gremium Gegenstände aus dem ausgebrannten Auto des ehemaligen Neonazis Florian H. übergeben werden. Der junge Mann war im Herbst 2013 in seinem brennenden Fahrzeug in Stuttgart gestorben. Die Polizei geht von Suizid aus. H. hatte zuvor erklärt, die Mörder Kiesewetters zu kennen.

Kann der Ausschuss mit den Beweisen rechnen?

Doch nach Angaben ihres Beraters zögert die Familie noch mit der Weitergabe der Geräte an das Landtagsgremium. Er selbst habe allerdings die Übergabe empfohlen, sagte der Rechtsextremismusexperte Hajo Funke der Deutschen Presse-Agentur. Der Politikwissenschaftler hatte den Kontakt zwischen der Familie und dem Ausschuss hergestellt.

Funke sieht wie die Familie Hs. keine ausreichenden Belege für die These eines Suizids. Zuvor hatte er selbst den beschädigten Camcorder, den Laptop und ein Handy an einen Experten übergeben, um noch Daten auszulesen - allerdings ohne Erfolg. Drexler sagte, wenn die Geräte dem Ausschuss verweigert würden, müssten alle auch rechtlichen Möglichkeiten ausgelotet werden, um sie zu erlangen. Der Ausschuss will sie einem Sachverständigen weitergeben, ebenfalls um noch Informationen zu erhalten. Drexler verspricht sich davon vor allem Aufschlüsse über die letzten Lebensstunden von H.

Bei den nächsten beiden Terminen des Ausschusses am 8. und 12. Juni widmet sich das Landtagsgremium dem Komplex Ku-Klux-Klan und den Verbindungen von Polizisten aus dem Umfeld von Kiesewetter zu der rassistischen Organisation.