Prüfingenieure sollen TÜV-Plaketten auf betrügerische Weise – teilweise ohne echte Prüfung und gegen Aufpreis – vergeben haben. Foto: Stratenschulte

39.000 Plaketten auf betrügerische Weise vergeben: Staatsanwaltschaft Tübingen will Ermittlungen gegen Prüfingenieure nicht ausweiten.

Nordschwarzwald/Tübingen - Der TÜV-Plaketten-Skandal im Nordschwarzwald könnte noch in diesem Jahr vor Gericht landen. Dies teilte die Staatsanwaltschaft Tübingen am Montag auf Anfrage des Schwarzwälder Boten mit.

In dem jetzt ans Tageslicht gekommenen Fall geht es um insgesamt fast 40.000 Prüfplaketten, die KfZ-Prüfer ohne wirkliche Hauptuntersuchung und gegen einen Aufpreis binnen drei Jahren vergeben haben sollen. Wie Oberstaatsanwalt Walter Vollmer gestern bekannt gab, liefen in dieser Angelegenheit gleich zwei unterschiedliche Verfahren wegen Betrugs und Bestechlichkeit.

Das eine betreffe einen Prüfingenieur, der rund 39.000 Plaketten auf betrügerische Weise vergeben habe. Der andere Fall betreffe zwar auch die Region Nordschwarzwald, sei aber deutlich kleiner. Dabei gehe es um die Vergabe von Plaketten lediglich im einstelligen Bereich, so Vollmer.

Die Prüfungen, die ins Visier der Ermittler der Staatsanwaltschaft Tübingen geraten sind, fanden in fünf Werkstätten oder Autohäusern in den Kreisen Calw und Freudenstadt statt. Konkret geht es um Betriebe in Nagold und Haiterbach im Kreis Calw sowie in Horb und Pfalzgrafenweiler im Kreis Freudenstadt. Nähere Informationen, um welche Betriebe es sich konkret handelt, wollte Staatsanwalt Vollmer nicht preisgeben.

"Der Fall ist schon umfangreich genug"

Trotz der Tatsache, dass im vergangenen Jahr bereits ein anderer Prüfingenieur in Reutlingen wegen ähnlicher Taten zu vier Jahren Haft verurteilt worden war, schloss der Staatsanwalt gestern eine Ausdehnung der Ermittlungen ausdrücklich aus. "Wir haben kein Interesse daran, die Ermittlungen auszuweiten, der Fall ist auch jetzt schon umfangreich genug", betonte Walter Vollmer. Darüber hinaus gebe es auch keine Anhaltspunkte dafür, dass auch andere Prüfer in den Skandal verwickelt sein könnten.

Man habe vor, das Verfahren noch in diesem Jahr zu Ende zu bringen und Anklage zu erheben. Dabei sei es durchaus möglich, dass es in dieser Sache auch noch in diesem Jahr zum Prozess komme, so der Oberstaatsanwalt weiter. Allerdings sei das nicht sicher.

In einem solchen Prozess werde man sich dann auch nicht mit allen fast 40 000 Einzelfällen beschäftigen, sondern sich auf wenige aussagekräftige beschränken. Dass betroffene Autofahrer in Bezug auf die Betrugsermittlungen der Staatsanwaltschaft in der nächsten Zeit Probleme mit der Justiz bekommen könnten, schloss Walter Vollmer aus. "Bei den Betrugsdelikten sind die Autofahrer nicht im Visier unserer Ermittlungen. Da sehen wir sie als Opfer."