Warmer Empfang in Freudenstadt: Minister Maas (links) mit Saskia Esken und dem SPD-Kreisvorsitzenden Gaiser. Foto: Rath

Minister erklärt das Gesetz gegen Straftaten auf Facebook und Co. Lage bleibt ruhig.

Freudenstadt - Das Internet ist kein rechtsfreier Raum für Hasstiraden und rechte Hetze, und das neue "Netzwerkdurchsetzungsgesetz" zeigt erste Erfolge – mit dieser Botschaft wartete am Dienstagvormittag Justizminister Heiko Maas (SPD) in Freudenstadt auf.

Wie berichtet, hatte es im Vorfeld des Ministerbesuchs derbe Beschimpfungen auf der Facebook-Seite der gastgebenden SPD-Bundestagsabgeordneten Saskia Esken gegeben. Vor Ort bliebt die Lage ruhig. Die Freudenstädter Polizei war präsent, musste aber ebenso wenig einschreiten wie die Personenschützer vom BKA.

Im Schweizersaal des Stadthauses warteten rund 50 Zuhörer auf den Minister, der Großteil des Publikums dürfte jenseits der 50 gewesen sein. Im Schweinsgalopp hastete Esken durch die Schwerpunkte des Wahlprogramms: "Wir von der SPD wir wollen die Zukunft mutig in den Arm nehmen, sie politisch gestalten, und dazu gehört es eben, dass wir Zukunftschancen gerecht verteilen, so dass alle gleichermaßen teilhaben können." Das betreffe Bildungschancen genau so wie Berufschancen von Frauen und Männern, anständige Bedingungen auf dem Arbeitsmarkt und die Entlastung von Familien.

Die Digitalisierung schreite voran, auch mit ihren negativen Begleiterscheinungen wie gezielten Falschinformationen, "Fake News" genannt, oder Hass-Kommentaren im Internet. Ein Mittel dagegen sei das neue "Netzwerkdurchsetzungsgesetz", das laut Maas zum 1. Oktober in Kraft tritt und das "längst überfällig" gewesen sei. Laut Minister stelle es im Kern gar kein neues Recht dar, sondern solle nur dafür sorgen, dass geltende Gesetze auch im Internet eingehalten werden. Konkret: Gegen Netzdienst-Betreiber wie Facebook können Bußgelder und Strafen verhängt werden, wenn sie strafbare Inhalte und Kommentare nicht löschen. Dazu zählen Beleidigungen, Volksverhetzung oder Aufrufe zu Straftaten. Wenn jemand ein Flugblatt veröffentliche, sei er schließlich auch strafbar. Warum solle es bei Interneteinträgen anders sein? Im Prinzip stelle das Gesetz lediglich sicher, dass für die "Internet-Giganten" dieselbe Pflicht bestehe wie für Redaktionen von Zeitungen, Online-Medien oder jeden Industriebetrieb auch: Sie haften für ihre Produkte. Eine Zensur sei dies nicht, so Maas. Das Internet bleibe frei, aber es gebe Regeln. Was illegal sei, entscheide im Zweifel ein Richter, "nicht die Politik". Schon vor dem Internet habe gegolten: Die Meinungsfreiheit habe da ihre Grenzen, wo das Strafrecht beginne. Hetze im Internet sei keine Bagatelle, sondern habe Folgen in der "analogen Welt". Innerhalb von zwei Jahren sei die Summe der Hass-Kommentare um 300 Prozent gesteigen, zeitgleich habe die Zahl der politisch motivierten Straftaten einen "historischen Höchststand" erreicht. Für Maas ist dies "kein Zufall".

Das Gesetz schränke die Meinungsvielfalt auch nicht ein, sondern stärke sie. Schon jetzt würden sich viele in sozialen Netzwerken nicht mehr zu Wort melden, aus Sorge, "von einer gut organisierten Minderheit" mit einem "Shitstorm" niedergebrüllt zu werden. Für Esken ein fataler Weg: Die breite Öffentlichkeit dürfe sich hier "nicht mit Grausen abwenden", sondern müsse Zivilcourage zeigen. Dass die Betreiber sozialer Netzwerke aus Sorge vor Bußgeldern zum "Overblocking" neigen und mehr Inhalte sperren als notwendig wäre, wie aus dem Publikum angemerkt, glaubt Maas nicht.

Dass Facebook die Inhalte angesichts der Masse von Einträgen nicht überwachen könne, sei falsch. Das Videoportal Youtube schaffe es doch auch. "Facebook verdient Milliarden. Dem Konzern ging es nicht um Meinungsfreiheit, sondern nur um Personalkosten", so Maas. Facebook habe mittlerweile reagiert und 500 neue Mitarbeiter eingestellt.