Auf dem Dach der Volksbank in Nagold hat die Bürgerenergie-Genossenschaft eine große Photovoltaikanlage installiert. Foto: Volksbank

Junge Bürgerenergie-Genossenschaft Nordschwarzwald zieht Bilanz: Erstmals Gewinn erwirtschaftet.

Nordschwarzwald/Nagold - Mit erneuerbaren Energien tut man sich in Baden-Württemberg und auch im Kreis Calw offenbar recht schwer. Ein Umstand, der der Bürgerenergiegenossenschaft Nordschwarzwald zu schaffen macht. Trotzdem gibt es erste Erfolge zu vermelden.

Was den Anteil der erneuerbaren Energien an der Stromproduktion angeht, hinkt Baden-Württemberg im Vergleich der Bundesländer arg hinterher. Während der Schnitt der Länder bei rund 25 Prozent liegt, meldet Baden-Württemberg einen Anteil von 15 Prozent. Der Kreis Calw kommt auf einen noch niedrigeren Anteil von elf Prozent. Damit ist Calw aber nicht Schlusslicht im Nordschwarzwald. Im Enzkreis werden nur sieben Prozent des Stroms aus erneuerbaren Energien gewonnen. Dass es in der Region auch anders geht, zeigen der Kreis Freudenstadt mit einem Anteil von 20 Prozent und der Stadtkreis Pforzheim mit stolzen 26 Prozent.

Ähnlich homogen ist auch die Lage innerhalb des Kreises Calw: Während etwa die Stadt Haiterbach auf 18 Prozent kommt, sind es in Wildberg nur zehn Prozent. Die Große Kreisstadt Nagold kommt gar nur auf einen Anteil von unter neun Prozent.

Zahlen, die Jörg Stahl nicht wirklich begeistern. "Wir haben auf diesem Sektor enormen Nachholbedarf", sagt der stellvertretende Vorstandschef der Volksbank Herrenberg-Nagold-Rottenburg, der gleichzeitig auch Vorstand der 2012 aus der Taufe gehobenen Bürgerenergie Nordschwarzwald ist. Die ist vor drei Jahren angetreten, mit einem genossenschaftlichen Modell die erneuerbaren Energien in der Region Nordschwarzwald voranzubringen.

Das Prinzip ist denkbar einfach. Mitglieder der Genossenschaft stellen Kapital zur Verfügung, mit dem die Genossenschaft dann auf Dächern von Unternehmen und kommunalen Gebäuden Photovoltaikanlagen plant, aufstellt und betreibt. Dafür bekommt der Eigentümer – also der Unternehmer oder die Kommune – einen auf 20 Jahre garantierten Preis für den auf seiner Anlage produzierten Strom. Der nicht verbrauchte Strom geht dann ins Netz.

Ein Teil des Konzepts ist auch bestens aufgegangen, wie Jörg Stahl und sein Vorstandskollege Florian Kuhlmann im Gespräch mit dem Schwarzwälder Boten bekanntgaben: Die Genossenschaft hat inzwischen 80 Mitglieder und verfügt über ein Kapital von 235 000 Euro. Und man hat die ersten drei Anlagen in Betrieb genommen: im April 2014 auf dem Dach der Grundschule in Pforzheim-Würm und auf dem Dach des Seniorenpflegeheims "Hebron" in Knittlingen (Enzkreis) sowie auf dem Gebäude der Volksbank Herrenberg-Nagold-Rottenburg in Nagold. Allein 2014 produzierten die Anlagen fast 92 000 Kilowattstunden. Das führte sogar dazu, dass die Bürgerenergie Nordschwarzwald erstmals in ihrer Geschichte Gewinn erwirtschaftete und den Mitgliedern eine Dividende von einem Prozent ausschütten konnte.

Doch derzeit stockt das Projekt. Das Problem liegt nach Angaben von Jörg Stahl an der mangelnden Bereitschaft von Unternehmen oder Kommunen, geeignete Dachflächen zur Verfügung zu stellen. "Die Neuakquise von Flächen ist ein zähes Geschäft", klagt Stahl, der nach wie vor vom Konzept der Bürgerenergie Nordschwarzwald felsenfest überzeugt ist. "Das Konzept funktioniert, wenn wir die Flächen bekommen", so Stahl, der als ein Argument für einen Einstieg den auf 20 Jahre garantierten Strompreis sieht. Denn der Bankvorstand geht davon aus, dass die Strompreise auf dem freien Markt über kurz oder lang steigen werden.

Befürchtungen von Kommunen und Unternehmen, sich im Fall einer Beteiligung um die Photovoltaikanlage kümmern zu müssen, entkräftet Vorstand Florian Kuhlmann: "Wir übernehmen die Konzeption der Anlage, planen, realisieren und betreiben die Anlage. Der Eigentümer des Dachs hat kaum Arbeit und muss nichts investieren."

Eine Konsequenz aus den fehlenden Dachflächen hat die Genossenschaft schon gezogen: Die Neuaufnahme von Mitgliedern wurde vorerst gestoppt. Zunächst soll das gesammelte Kapital zumindest teilweise in Anlagen investiert werden, bevor durch neue Mitglieder neues Kapital an Land gezogen wird.