Interessant und spannend war die jüngste Grenzwanderung mit Eberhard Glatz und Gernot Stärk. Foto: Bantle Foto: Schwarzwälder-Bote

Wanderung zu den Markierungssteinen, die Baden und Württemberg trennen / Graffiti-Sprayer unterwegs

Von Albert Bantle

Niedereschach. Streit um Grenzen haben schon Kriege ausgelöst und tun es teils noch heute. Rund um Niedereschach mit seinen Ortsteilen gibt es noch Grenzen, die früher einmal sehr wichtig waren, heute aber kaum noch einer kennt.

Das Forum Niedereschach organisiert Grenzwanderungen, damit sich heimatverbundene Bürger einmal genau darüber informieren können. "Wer unsere Grenze nicht respektiert, der bekommt die Kugel zu spüren." Mit diesem Zitat von Heinz Hoffmann, ehemaliger Brigadegeneral und späterer Verteidigungsminister der DDR erinnerte Gernot Stärk zu Beginn der Grenzwanderung daran, dass es nicht immer so einfach und problemlos war, Grenzen zu überschreiten. Grenztruppen habe es in der jüngsten Geschichte wie auch im Altertum schon immer und fast überall gegeben.

Er erinnere an die Römer und den Limes. Ein Grenzübertritt in die Schweiz sei inzwischen wieder recht einfach, in mittelamerikanischen Ländern jedoch oftmals nur mit einem Schmiergeld möglich.

Da habe es bekanntlich die Blut- und Hochgerichtsbarkeitsgrenzen gegeben, mit denen festgelegt wurde, wer das Recht hat, jemanden zum Tode zu verurteilen. Oder die Zehntgrenzen, die festlegten, bis hierher ist der Zehnt an das Kloster St. Blasien abzugeben, jenseits der Grenze an ein anderes.

Zusammen mit Eberhard Glatz hatte Gernot Stärk den zweiten Teil der Grenzwanderung des Forums Niedereschach organisiert. Diesmal war der Ausgangspunkt im Steinwald zwischen Fischbach und Weiler und führte entlang der Gemeindegrenze durch den Hochwald in Richtung Flözlingen und das Teufental. Das Interessante dabei ist, dass diese Grenze im gesamten Verlauf seit jeher die Grenze zwischen dem Königreich Württemberg und dem Großherzogtum Baden war.

Da gibt es jede Menge an geschichtlichen Begebenheiten und Erzählungen – und erst recht natürlich mit besonders prächtigen Exemplaren von Grenzsteinen, die es teilweise mit Spachtel und Drahtbürste von Moos zu befreien galt, um die schon ziemlich verwitterten Inschriften und Gravuren entziffern zu können.

Das Kuriose dabei ist zur Verwunderung aller und im Besonderen der beiden Organisatoren, dass inzwischen auch alte, prächtige Grenzsteine anscheinend schon zu begehrten Objekten von Graffiti-Sprühern geworden sind. In unmittelbarer Nähe der Kreisstraße waren etliche davon mit greller Pinkfarbe besprüht. Einen Reim darauf konnte sich dazu natürlich niemand machen. Gernot Stärk erinnerte daran, dass die gesamte Gemarkungsgrenze der Gesamtgemeinde rund 30 Kilometer lang ist und nicht alles auf einmal begangen werden könne. Weshalb man sich zu den Grenzwanderungen auch die besonders interessanten Streckenabschnitte ausgesucht habe.

Er wies darauf hin, dass der Grenzverlauf sich in erster Linie an natürlichen Gegebenheiten wie Waldrändern, Flussläufen und Wegen orientiere, wobei heutzutage natürlich niemand mehr wisse, was zuerst da war, die Grenzen oder die Wege und Waldränder. Man werde deshalb für den Frühling noch etliche weitere Teilabschnitte dieser Grenzwanderungen anbieten.

Wichtig sei dies seiner Meinung nach auch schon deshalb, weil die alten Grenzsteine immer mehr zuwachsen und verwittern und auch keine neuen mehr gesetzt werden. In der heutigen Zeit werden die Grenzen durch trigonometrische Punkte und deren Koordinaten bestimmt.

Interessantes zu dem, was sich unter den tief im Boden verankerten Grenzsteinen verbirgt, wusste Eberhard Glatz zu berichten. Unter den Steinen, so hatte er recherchiert, wurden sogenannte Zeugen gesetzt. Marksteinzeugen, also Plättchen aus einem Material, das nicht verrotten durfte. Sogar Glasscherben oder Eierschalen sollen dafür verwendet worden sein, so Glatz.

Ab dem 18. Jahrhundert habe dafür jede Gemeinde ihre eigenen Steinzeugen gebrannt und verwendet. Kleine gebrannte Tontafeln mit dem jeweiligen Gemeindewappen, die unter dem Stein im Erdreich platziert die genaue Lage des Grenzpunktes markierte, solle der Stein darüber aus irgendwelchen Gründen entfernt oder versetzt worden sein.