Stephan Maier (links), Geschäftsführer und Psychosozialer Leiter der Katharinenhöhe, und Martin Aichele zeigen das Bild von Nora K., das neben weiteren Werken ausgestellt wird. Foto: Klossek Foto: Schwarzwälder-Bote

Kunsttherapie: Werke von Patienten der Katharinenhöhe werden im Stuttgarter Flughafen ausgestellt

Im Stuttgarter Flughafen sind ab Ende November Bilder von Patienten der Katharinenhöhe zu sehen. Um die Ausstellung kümmert sich der Niedereschacher Martin Aichele, der in der "Katha" 20 Jahre als Arzt tätig war. Für sein Projekt erhält er prominente Unterstützung.

Niedereschach/Furtwangen. Nora K. ist 22 Jahre alt. Sie hat den Kampf gegen Lymphdrüsenkrebs, einen Rückfall sowie eine Stammzelltransplantation hinter sich. In der Katharinenhöhe in Furtwangen soll sie sich von ihrer Krankheit erholen. Versuchen, wieder zurück ins Leben zu finden. Helfen soll dabei unter anderem Kunsttherapie. Dabei werden die Gedanken des Patienten und sein derzeitiger Zustand in Bilder umgewandelt. Ängste und Wünsche werden zu Papier gebracht, erhalten Form und Farbe. Die Patienten malen oft Gesichter, die etwa die Veränderungen durch die Krankheit zeigen. Auch der Weg oder Bäume sind ein beliebtes Thema.

Nora K. hat sich für eine Mischung entschieden – ein Baum, dessen Blätter gleichzeitig die Haare eines Gesichts sind. Baum und Mensch sind eins. "Ich sehe mich als Baum im tiefen, dunklen Wald, der allerdings inzwischen wieder fester verwurzelt mit einem dicken stabilen Stamm dasteht", beschreibt die 22-Jährige ihr Bild und damit gleichzeitig ihren Zustand.

Für den Arzt Martin Aichele sind es Geschichten wie diese, die die Wichtigkeit der Furtwanger Institution aufzeigen. Denn wenn die Krankheit erst einmal besiegt wurde, geht es vor allem um eines: eine gute Rehabilitation.

Vor allem Kinder und junge Erwachsene würden in den Akutkliniken oft keine gleichaltrigen Patienten kennenlernen. In der Katharinenhöhe allerdings, die Patienten aus dem gesamten Bundesgebiet betreut, treffen junge Menschen aufeinander, die ähnliche Schicksale durchlebt haben. Angebote wie die Kunsttherapie in der Jugendarena der Katharinenhöhe helfen, Erlebtes zu verarbeiten.

Eine Auswahl der in diesem Rahmen entstandenen Bilder will Martin Aichele nun der Öffentlichkeit präsentieren. "Lebensbilder – Junge Patienten der Katharinenhöhe geben ihrer Krankheit ein Gesicht" heißt die Ausstellung. Gezeigt werden die Bilder in ungewöhnlicher Umgebung: im Stuttgarter Flughafen.

Aichele kam durch Zufall in Kontakt mit Pfarrer Dieter Kleinmann von der Flughafenseelsorge. "In einem ökumenischen Zentrum gibt es für Gäste die Möglichkeit, sich hinzusetzen und nachzudenken", erzählt Aichele. Hier werde man die Bilder aufhängen. Prominente Unterstützung erhält Aichele von der "First Lady" Baden-Württembergs, Gerlinde Kretschmann, die gemeinsam mit dem Flughafendirektor Walter Schoefer die Schirmherrschaft übernommen hat.

Auch für die Arbeit der Katharinenhöhe ist die Ausstellung alles andere als unbedeutsam: Denn durch die Bilder wird die Furtwanger Institution auch im Großraum Stuttgart ins Gedächtnis der Bevölkerung gerufen. "Worte können schnell vergessen werden, doch Bilder bleiben im Kopf", sagt Aichele.

Wie Stephan Maier, Geschäftsführer und Psychosozialer Leiter der Katharinenhöhe, erklärt, erfahre man auch durch die Patienten eine große Unterstützung im Hinblick auf die Ausstellung. "Sie geben mit der Freigabe ihrer Bilder etwas sehr Intimes preis", meint Maier. Weil die Werke in einer geschützten Atmosphäre entstanden seien und oft das Innerste der Person in der Zeit der Entstehung zeigen, gebe es bestimmt auch eine gewisse Hemmschwelle. "Dennoch haben sofort alle zugestimmt, damit die Einrichtung zu unterstützen", fährt Maier fort. Einige Patienten lassen ihre Bilder in der Reha-Klinik zurück. Sie schließen mit der Zeit ab, lassen Negatives hinter sich. Andere wiederum nehmen ihre Werke mit nach Hause als Erinnerung daran, was sie überwunden und wie sie sich zurück ins Leben gekämpft haben. Auch Nora hat sich dazu entschieden, ihr Werk "Selbstporträt" zurückzulassen. Den Besuchern in Stuttgart soll es nun einen kleinen Einblick geben, wie sich das Leben mit dem Krebs anfühlt. Helfen, zu verstehen, wie hoffnungslos alles manchmal scheint, wie man sich zurückzieht. Und wie nach all der schweren Zeit eben doch wieder Hoffnung aufkeimen kann. Denn Nora schließt die Beschreibung des Porträts mit den hoffnungsvollen Worten: "Langsam werde ich wieder selbstbewusster."

Die Ausstellung wird am Mittwoch, 29. November, um 13 Uhr eröffnet. Die Bilder sind im Stuttgarter Flughafen, Terminal 3, Ebene 2, zu sehen. Nach Ende der Ausstellung werden die Werke zurück zur Katharinenhöhe gebracht, wo sie laut Stephan Maier "in Ehren gehalten werden".