Pfarrer Alexander Schleicher (links) und Wolfgang Landgraeber moderieren die Diskussion zum gezeigten Film. Foto: Bantle Foto: Schwarzwälder-Bote

Vortrag: Wolfgang Landgraeber präsentiert neue Dokumentation / Rege Diskussion im Anschluss

Wie leben Menschen in einer Stadt, in der viele ihrer Bewohner seit Generationen Kriegswaffen herstellen? Dieser Frage gingen am Montagabend die Besucher im katholischen Gemeindezentrum in Niedereschach nach.

Niedereschach. Zuvor wurde ein Film von Wolfgang Landgraeber gezeigt, der sich mit dem "Oberndorf-Syndrom" befasst und den Titel "Der Tod, die Waffen, das Schweigen" trägt. Begrüßt wurden die Besucher im Katharinensaal von Niedereschachs Pfarrer, Alexander Schleicher, und Wolfgang Landgraeber. Schleicher wies darauf hin, dass es in dem Film sowie in der Diskussion nicht darum gehe, die Menschen in Oberndorf zu verurteilen. Es gehe darum, aufzustehen, für das Leben wachzurütteln, die Stimme zu erheben und sich dem Grundauftrag des Evangeliums zu widmen. Dieser bestehe darin, sich für den Frieden einzusetzen. So sieht es auch der inzwischen pensionierte Filmemacher Wolfgang Landgraeber, der zuletzt beim WDR angestellt war und in seinem Berufsleben Sendungen wie Monitor, Report oder Panorama moderiert hat und sich vor diesem Hintergrund selbst als "lebenslanger Anstaltsmensch" bezeichnete.

Vor rund 30 Jahren hat Landgreaber in Oberndorf bereits einen Film gedreht, jetzt folgte ein zweiter Film, in dem teils Menschen, die schon im ersten Film zu sehen waren, erneut zu Wort kommen. Der Filmemacher wies auch darauf hin, dass Oberndorf rund 13 000 Einwohner habe und hiervon rund 1000 bei dem Waffenhersteller Heckler & Koch beschäftigt seien. Bei seinen Dreharbeiten sei im aufgefallen, dass die Menschen sich der Diskussion um das Waffenbauen nicht gerne stellen.

Zudem habe er bemerkt, dass – aus seiner Sicht – ein Niedergang Oberndorfs zu verzeichnen sei und die Stadt zunehmend "verfalle". Ganz so, als ob tatsächlich ein Fluch auf Oberndorf liege, so wie dies einige frühere Bürger dieser Stadt glaubten, mit Blick darauf, dass die Waffenproduktion in Oberndorf einst ausgerechnet in einem ehemaligen Kloster aufgenommen wurde.

Zu Wort kam auch ein kenianischer Arzt, der dort jährlich über 1000 durch Schusswaffen entstellte und verletzte Menschen operiert. Der in der Friedensbewegung aktive Niedereschacher Pfarrer Alexander Schleicher wurde ebenfalls mehrfach gezeigt, einmal bei einer Diskussion mit dem früheren Stadtpfarrer von Oberndorf und einem weiteren Pfarrer und einmal als "Sensenmann" bei einer Protestaktion in Stuttgart.

Bei der anschließenden Diskussion wurde auch die Politik kritisiert, die zu viele Waffenexporte genehmige und den Lobbyisten hörig sei.

Hinterfragt wurde, warum Deutschland Waffen in die ganze Welt liefert. Es wurde die Meinung vertreten, dass der Waffenhandel ein "schmutziges Geschäft" sei, dass der Friede im eigenen Herzen beginne. Immer wieder fiel auch der Name des die gesamte Rüstungsindustrie anprangernden Jürgen Grässlin.

Der Wahl-Münchner produzierte Anfang der 1980er-Jahre in Oberndorf seinen Dokumentarfilm Fern vom Krieg. In gleich vier Versionen wurde der Film damals im Fernsehen und auf der Kinoleinwand gezeigt. Dieser zeigt die Verflochtenheit kleinstädtischer Idylle und weltweiter Konflikte vor dem Hintergrund der Waffenindustrie. Nun, rund drei Jahrzehnte später, entstand der in Niedereschach gezeigte Dokumentarfilm.