Zwei Glocken hängen im Türmchen des 1927 eingeweihten ehemaligen Agenbacher Schul- und Rathauses. Eine trägt die Jahreszahl 1914 und stammt aus dem Vorgängergebäude, die andere ist Mitte des jüngsten Jahrhunderts dazugekommen. Fotos: Schabert Foto: Schwarzwälder-Bote

Hausmeister Bernd Schaible fällt Herstellungszeit auf

Neuweiler-Agenbach (hms). Ein oder zwei Mal im Jahr steigt der für die Gebäude in Neuweiler zuständige Hausmeister Bernd Schaible auch in Agenbach im alten Schul- und Rathaus hinauf ins Glockentürmchen. Er hat die Ölkanne dabei, sein geschulter Blick gleitet über die Läutanlage. Dabei fiel ihm jüngst auf, dass als Herstellungsjahr auf einer der beiden dort hängenden Glocken 1914 steht, diese jetzt also 100 Jahre alt ist.

Er sprach den der Heimatgeschichte verbundenen früheren Bürgermeister Hans Schabert darauf an, und dieser wälzte im Archiv der Gemeinde in Oberkollwangen das Agenbacher Ratsprotokoll. Eigenartig mutete beiden zunächst an, dass ein Haus aus dem Jahr 1927 eine Glocke von 1914 beherbergt.

Ergebnis der Recherche ist, dass diese schon einen Platz im Vorgängergebäude, dem heutigen Wohnhaus Ecke Blumenstraße/In den Eichen hatte. Das Agenbacher Protokollbuch für die Jahre 1907 bis 1919 hält dazu wörtlich fest: "Die der Gemeinde gehörige, einzige auf dem Schulhaus angebrachte Glocke ist nach dem Gutachten des Glockengießers Kurtz zersprungen und hat nur noch Wert zum umgießen."

Der Stuttgarter Fachmann bot an, das Material zu übernehmen und eine neue, funktionstüchtig montierte Glocke zum Preis von 165 Mark und 20 Pfennigen herzustellen. Unter der Leitung von Schultheiß Wolf wurde einstimmig unter Mitwirkung der Gemeinderäte Keppler, Kugele, Keller, Rexer und Lörcher am 12. November 1914 beschlossen, dieses Angebot anzunehmen.

In der gleichen Sitzung wurde festgelegt, dass von der Winterschule für die von hiesiger Gemeinde im Feld stehenden Truppen Socken gestrickt und diesen geschickt werden sollen, außerdem zu gegebener Zeit auch ein Weihnachtsgeschenk. Eine weitere Entscheidung auf Familienunterstützung war vom gleichzeitig anwesenden Bürgerausschuss zu bestätigen, einer Art zweite Kammer gewählter Bürgervertreter, die bei bestimmten Entscheidungen eine Kontrollfunktion über die Beschlüsse des Gemeinderats ausübte. Eingeführt hatte dies König Wilhelm I. mit der Reform der württembergischen Gemeindeverfassung. Das Gremium gab es rund 100 Jahre lang, bis es im Jahr 1919 abgeschafft wurde.