"Präsenz" bietet Beratung und vermittelt Wünsche / Modellprojekt soll dauerhaft installiert werden
Von Steffi Stocker
Neuweiler. Die Kinder sind wegen ihres Berufs weit weg, zunehmend fällt Maria Häberle die Bewegung schwerer. Alleine zu essen wird trostlos, öfter rutscht ihr das Besteck aus der Hand. Gerne würde die Seniorin in lustiger Runde die Zeit vergessen, sie weiß aber nicht wie, denn in ein Heim will sie nicht.
Älter werden zieht naturgemäß die Veränderung der individuellen Lebenssituation nach sich. Dabei ist der Wunsch, so lange wie möglich im gewohnten Wohnumfeld zu bleiben, oftmals vorherrschend. Das stellt das fiktive Beispiel mit Frau Häberle auch in den Mittelpunkt. Mit "Präsenz" (Prävention für Senioren zuhause) erhält die Gemeinde Neuweiler nun Brückenbauer für Senioren.
Im Rathaus wurde eigens dafür ein Büroraum eingerichtet, der einen separaten sowie auch barrierefreien Zugang von außen hat. Esther Rentschler und Annegret Schöttle beraten und informieren dort über Angebote der Gemeinde sowie über konkrete Hilfsmitteln für den Alltag. Gleichzeitig vermitteln sie Wünsche der älteren Frauen und Männer für Möglichkeiten der Lebensgestaltung an die Kommune, oder sie vernetzen Suchende und Anbietende.
"Gerne kommen wir auch zu einem Gespräch nach Hause", so die beiden Ansprechpartnerinnen für die Belange älterer Menschen und ihrer Familien. Sie geben der Verknüpfung von Verwaltung und Gemeinderat mit dem Bedarf der Bevölkerung quasi ein Gesicht, das mittelfristig dauerhaft installiert werden soll. "Ziel ist es, dafür einen Verein zu gründen, der das Angebot nach dem Ende der Förderung aufrechterhält", sagte Bürgermeister Martin Buchwald bei der Vorstellung dieser neuen Anlaufstelle.
Zunächst jedoch wirkt die Gemeinde Neuweiler neben den Städten Ulm und Rheinfelden am Modellprojekt "Präsenz" mit. "Nach dem Ergebnis aus der Leader-Umfrage im vergangenen Jahr zum Vorhaben der barrierefreien Wohnformen ist das ein weiterer Baustein für die Entwicklung unserer Gemeinde", so Buchwald zu diesem Projekt, dessen Personalkosten zu 80 Prozent von den Pflegekassen getragen werden.
Seit April haben sich Esther Rentschler und Annegret Schöttle unter anderem mit Schulungen beim Deutschen Institut für angewandte Pflegeforschung (dip) in Köln vorbereitet. Das Institut ist Träger des Projekts und begleitet die Erkenntnisse wissenschaftlich. "Mit einem Fragebogen möchten wir erfahren, wo es ganz individuell fehlt, um Kontakte zu knüpfen, Begleitung zu organisieren oder auch, um Maßnahmen der Pflege zu unterstützen", stellte Schöttle ihre nächsten Schritte vor. Die Gemeinde wird die Senioren in der Bevölkerung dazu anschreiben.
"Eine Teilnahme ist kostenlos und freiwillig, ebenso die Nutzung der Beratung", erklärt Buchwald. Mit Rentschler und Schöttle erhält "Präsenz" in Neuweiler zwei Expertinnen, die aus dem Bereich der Pflege kommen und dem sozialen Netzwerk ein kontinuierliches Gesicht geben. "Ab 1. September bieten wir dienstags am Nachmittag eine Tagesbetreuung für Senioren im evangelischen Gemeindehaus an", kündigen die beiden Senioren-Ansprechpartnerinnen erste konkrete Möglichkeiten zum geselligen Miteinander sowie zu einer Entlastung pflegender Angehöriger an.
Das Präsenz-Büro im Neuweiler Rathaus ist dienstags von 9 bis 12 Uhr sowie donnerstags von 15 bis 18 Uhr besetzt. Dazu sind Esther Rentschler und Annegret Schöttle dort unter Telefon 07055/92 98 19 zu erreichen.