Neuweiler hat eine echte Qual der Wahl: Alle drei ernsthaften Bewerber wissen mit fachlicher Kompetenz zu punkten. Nur in der jeweiligen Persönlichkeit und dem Naturell, Themen anzugehen und selbst zu setzen, unterscheiden sich (von links) Amtsinhaber Martin Buchwald, Birgit Förster, derzeit Hauptamtsleiterin in Neubulach, und Marco Ludwig, aktuell der persönliche Referent des Oberbürgermeisters in Fellbach. Foto: Kunert

Bürgermeisterwahl in Neuweiler geht mit öffentlicher Vorstellung der Kandidaten in entscheidende Phase. Bürger stimmen am Sonntag ab.

Neuweiler - Mit der öffentlichen Bewerbervorstellung am Freitagabend geht der Bürgermeisterwahlkampf in Neuweiler in seine finale Phase. Doch wer am Wahltag, Sonntag, 22. März, die Nase vorn haben wird, ist auch nach dem Schaulauf vor weit mehr als 400 Interessierten in der Waldschulhalle nicht wirklich auszumachen.

Exakt 20 Minuten Redezeit standen Amtsinhaber Martin Buchwald und seinen beiden ernsthaften Herausforderern Marco Ludwig und Birgit Förster jeweils für ihre Präsentationen zur Verfügung. Weitere 15 Minuten waren jeweils anschließend eingeplant für die Fragen der Bürger an die drei Kandidaten, wobei kein Bewerber den Vortrag der anderen mitverfolgen durfte. Und deshalb immer zwei Kandidaten im Musiksaal der Waldschule den Fortgang in der Halle abwarten mussten.

Als erster ans Rednerpult durfte Martin Buchwald – da er auch als erstes seine Bewerbung für die Bürgermeisterwahl abgegeben hatte. Der Amtsinhaber versuchte mit dem Leistungskatalog der Ergebnisse seiner achtjährigen Amtszeit zu punkten. Er zählte akribisch auch wirklich jede Maßnahme auf, die Rathaus und Gemeinderat unter seiner Führung umgesetzt hatte. Da blieben selbst Hinweisschilder und Spielplatzschaukel nicht unerwähnt. Die sicherlich größte Leistung: Der Abbau der Schulden der Gemeinde und die glänzende Haushaltslage mit 1,25 Millionen Euro Schulden bei mehr als 1,6 Millionen Euro freier Rücklagen. "Ich bin halt ein Schwab", so Buchwald Selbsteinschätzung dazu – wissend, dass seine Mitbewerber dies eben nicht sind. Auch sei die Zahl der Beschäftigten in Neuweiler von 634 im Jahr 2006 auf 835 im vergangenem Jahr gestiegen, was zeige, wie sehr Neuweiler prosperiere.

Für die Zukunft warf Buchwald vor allem Kontinuität ohne Zeitverlust durch einen Wechsel an der Rathausspitze in die Waagschale, blieb bei der Nennung von konkreten Maßnahmen – mit Ausnahme einer nächsten geplanten Gewerbeschau in 2017 – eher wage. Die Gemeindeentwicklungskonzeption würde in Angriff genommen werden – mit viel Bürgerbeteiligung. Die Breitbandanbindung soll gemeinsam mit dem Kreis vorangebracht werden. An dem Thema Arztversorgung und Ansiedlung Lebensmittelmarkt bleibe er dran. Der solide, sparsame Verwalter eben.

Entsprechend hatte die anwesende Bürgerschafts kaum echte Sach-Fragen an Buchwald. Allerdings nutzte eine Bürgerin die Gelegenheit, vor versammelter Bürgerschaft öffentlichkeitswirksam, aber in diesem Rahmen auf unlautere Weise, ihren Fehlkauf einer Immobilie aus Gemeindebesitz zu reklamieren. Aber auch da bewies Buchwald souverän und kompetent, dass ihn nichts von seinem Pfad der Ruhe und Freundlichkeit abbringen kann.

Vielleicht aber vermissen die Bürger bei Buchwald gerade dieses Quäntchen mitreißender Leidenschaft und Charisma. Wenn es zumindest danach geht, konnte Marco Buchwald als Vollblut-Lokalpolitiker punkten. Artig hakte auch er die "To Dos" für Neuweiler ab – Schule, Arzt, Lebensmittelgeschäft, Leaderprojekt barrierefreies Wohnen, Neubaumöglichkeiten für junge Familien. Aber auch er blieb eher unkonkret, wenn es um das "Wie" ging. Konkret jedoch seine Statements, zum Beispiel beim Thema Schule: "Es geht allein um deren Erhalt!" Aber eben, wie das gehen soll, das konnte auch Ludwig den Zuhörern nicht erläutern.

Dafür weiß der Kandidat zu begeistern und ein Publikum mitzureißen. Und seinen Wählern Komplimente zu machen. "Niemand wohnt im Kreis Calw zentraler als Sie hier in Neuweiler." So etwas kommt an. "Neuweiler bietet Potenzial." Mit solchen Aussagen fördert man den Stolz auf seinen Heimatort. Womit Ludwig dann auch den Finger in die wohl entscheidende Wunde beim Amtsinhaber legt: Von einem Verwaltungs-Chef werde Eigeninitiative gefordert. Er müsse die entscheidenden Impulse für seinen Ort setzen, und ein positives Bild nach außen vermitteln. Etwa beim Thema Gewerbeansiedlung: "Nur einen Wald abholzen und ein Schild dran stellen, reicht da nicht." Auch beim Thema Bürgernähe wusste Ludwig zu punkten: "Weiß jemand, wie es beim VfB steht?", fragt er ins auflachende Auditorium, nachdem auch die Fragerunde bei ihm früher verebbte, als es die Zeit zugelassen hätte. Da stand es für den VfB noch 0:0. Später sollte die Mannschaft 0:4 untergehen.

Strategisch größtes Geschick bewies Bewerberin Birgit Förster. Später auf Nachfrage würde sie bestätigen, dass es ihr natürlich bewusst gewesen sei, dass sie, wenn sie als letzte ihre Bewerbung zur Bürgermeisterwahl abgeben würde, sich in der öffentlichen Bewerbervorstellung auch als letzte Rednerin an das Publikum würde wenden dürfen. Entsprechend souverän, wenn auch diesmal nicht wie bei ihr sonst gewohnt in freier, extrem schneller Rede, sondern geführt von einem Konzeptpapier und mit gedrosseltem Redetempo arbeitete sie die Pflichtthemen ab, wenn auch auf ihre Weise: "Auch ich kann keinen Arzt und keinen Laden aus dem Hut zaubern." Was Förster aber für sich als Pluspunkt verbuchen kann: Als amtierende Hauptamtsleiterin in Neubulach, wo man in der Verwaltung ihre Kandidatur auf breiter Front unterstütze, würde sie eine exzellente Vernetzung mit der Nachgemeinde mitbringen, was sich etwa beim Thema Schule auszahlen könnte.

Und dort, wo ihre Mitbewerber nur vage bleiben konnten, war es Förster gegeben, genau aus diesem Grund sehr konkret zu werden: Sie lehne sich wohl nicht zu weit aus dem Fenster, beantwortet sie eine entsprechende Frage aus der Bürgerschaft, wenn sie erkläre, dass man in Neubulach bereits eine neue Schule für Neubulach und Neuweiler plane. Ihre Vision sei, für die sie sich als Bürgermeisterin einsetzen würde, eine solche interkommunale Gemeinschaftsschule mit zwei Klassenzügen in Neubulach und einer in Neuweiler zu realisieren. Auf diese Weise würde der Schulstandort in Neuweiler erhalten, wenn auch nicht selbstständig. Aber auch diese Lösung sei mit zu diskutierenden erheblichen Folgekosten für Neuweiler verbunden, denn eine solche Gemeinschaftsschule bräuchte je zwei Räume je Klasse, dazu weitere Investitionen wie zum Beispiel in eine echte Mensa.

Bei solch konkreten Aussagen war die Fragelust der Bürger bei Förster am regsten ausgeprägt, so dass die Bewerberin ihre Frage-Viertelstunde als einzige etwas überziehen musste – und mit Erlaubnis wohl Wahlleiterin Doris Hamann auch durfte. Allerdings – gemessen am jeweiligen Schlussapplaus war auch bei Förster nicht festzumachen, ob sie damit die Vorteile ihrer Mitbewerber hatte wettmachen können.

Fazit: Die rund 2500 Wahlberechtigten in Neuweiler haben bei der Entscheidung um die neue Rathausspitze dieses Mal wirklich die Qual der Wahl. Und können aus einem Trio von Bewerbern auswählen, die alle drei neben hoher fachlicher Kompetenz jeder für sich ihre ganz eigenen Vorteile für Neuweiler bieten würden.