port in der Gemeinschaft bedeutet für Demenzkranke ein Plus an Lebensqualität. Foto: dpa

Demenz ist Begleiterscheinung einer älter werdenden Gesellschaft. Dagegen kann man nichts tun. Sehr wohl aber gegen den Verlust der Lebensqualität jener Menschen und ihrer Angehörigen. Dafür macht sich jetzt das Projekt „Sport, Bewegung und Demenz“ stark.

Stuttgart - Demenz und Sport. Geht das? Die Frage lässt sich nicht kategorisch mit Ja oder Nein beantworten. Auch weil die Stadien der Krankheit fließend sind. Aber die Meinung, dass die Diagnose Demenz (lat. Demens: ohne Geist) Menschen zur Bewegungslosigkeit verdammt, ist irrig. „Sport bietet eine grandiose Möglichkeit, Lebensfreude zu empfinden. Das gilt auch für diese Gruppe“, sagt Peter Wißmann vom Träger des Modellprojekts „Sport, Bewegung und Demenz“. Unter dem Dach der gemeinnützigen GmbH Demenz Support Stuttgart strebt Wißmann ehrgeizige Ziele an: „Es soll selbstverständlich werden, dass Menschen mit Demenz und ihre Angehörige weiter Sport treiben können. Es geht um Lebensfreude und Lebensqualität.“ Es ist eine neue Spielart von Inklusion. Also des Gedankens, der in auch in der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen formuliert wird. Ziel ist die gleichberechtigte Teilhabe aller Menschen am gesellschaftlichen Leben. „Mit anderen Menschen gemeinsam wandern, Fahrrad fahren, tanzen, schwimmen oder walken – also aktiv sein mit Demenz: Das geht“, sagt Wissmann.

Am besten im Verein. Die Sportvereine sollen der starke Partner des Projekts sein, das am Freitag im Gewerkschaftshaus an den Start ging. Freilich nicht mit fertigen Konzepten. Es gibt zwar Erfahrungen aus der Region Minden-Lübbecke, aber in der Modellregion Stuttgart wollen Wißmann und seine Mitstreiter „nun ausloten, was für Demenzkranke und für Vereine alles möglich ist“.

Einen Schritt voraus sind da der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club Baden-Württemberg (ADFC) und der TV Nellingen. „Wir bieten seit 30 Jahren geführte Radtouren an“, sagt Peter Beckmann vom ADFC, „in unserem aktuellen Programm bieten wir Radtouren speziell für Demenzkranke an.“

„Von 40.000 Einwohnern in Ostfildern sind 1000 Menschen dement“

Auch der TV Nellingen hat schon vor Jahren erkannt, wie notwendig es ist, das Angebot für ältere Menschen auszubauen. „Nun zielgerichtet Anschlussangebote für Demenzkranke anzubieten ist für uns wichtig“, sagt Nellingens Geschäftsführer Tobias Schramek. Werner Blessing, Nellingens Club-Präsident, bestätigt: „Wir Vereine müssen uns dem Thema stellen, denn der Anteil der Demenzkranken und ihrer Angehörigen in unserer Gesellschaft ist beträchtlich.“ Auf das Einzugsgebiet des TV Nellingen bezogen, heißt das: „Von 40.000 Einwohnern in Ostfildern sind 1000 Menschen dement.“

Damit bekommt das Thema ungeachtet der demografischen Entwicklung einen politischen und sportpolitischen Stellenwert. „Kommunen müssen sich zwangsläufig mit der Frage beschäftigen: Welche Bedürfnisse hat eine immer älter werdende Gesellschaft“, sagte Sportbürgermeister Susanne Eisenmann bei der Auftaktveranstaltung und spielte den Ball an die wichtigsten Sportfunktionäre des Landes weiter. Klaus Tappeser , Präsident des Württembergischen Landessportbunds (WLSB), nahm die Vorlage ebenso gerne auf wie Wolfgang Drexler (Präsident des Schwäbischen Turnerbunds).

„Der WLSB bietet die Ausbildung zu einer Übungsleiter-C-Lizenz für ältere Menschen an“, sagte Tappeser. Drexler ergänzte: „So eine Ausrichtung kann zur Überlebensfrage der Vereine werden.“ Daher biete der STB sogar Übungsleiter-Fortbildungen mit dem Titel „Menschen mit Demenz in Bewegung“ an.

So weit ist der Fußball noch nicht. Aber der Präsident des Württembergischen Fußball-Verbands, Herbert Rösch, setzt auf die „Kreativität der Vereine“: „Ich glaube, dass die Clubs Bewegungsprogramme mit dem Ball für Demenzkranke erfinden.“

Rösch, Tappeser und Drexler sind sich sicher: Sport und Demenz – das geht!