Rainer Kaufmann (Vierter von links), Hans-Joachim Fuchtel (Siebter von links) und Wilhelm Schuurmann (Zweiter von rechts) trafen sich mit Nachfahren von Auswanderern, darunter Bernhard Frick (Dritter von rechts). Foto: Klein-Wiele Foto: Schwarzwälder-Bote

Nachfahren von Kaukasus-Deutschen treffen sich mit Staatssekretär Fuchtel / Erinnerungsfest für 2017 geplant

Neubulach-Oberhaugstett (kw). Im Kaukasus waren sie die Deutschen, in der DDR die Russen. "Ich habe mich noch nie so wohl gefühlt wie in Baden-Württemberg", erzählte eine Erzieherin, die mit Landsleuten und dem Parlamentarischen Staatssekretär Hans-Joachim Fuchtel in Oberhaugstett zusammensaß.

Alle verbindet die gleiche Geschichte: Ihre Vorfahren haben vor fast 200 Jahren aus der Armut heraus die schwäbische Heimat verlassen, waren dem Ruf der Zarin gen Osten gefolgt.

Das Familientreffen im Landgasthaus Löwen geht auf eine Begegnung des Journalisten Rainer Kaufmann und des CDU-Bundestagsabgeordneten zurück. Kaufmann ist als Herausgeber der Kaukasischen Post in der georgischen Hauptstadt Tiflis auf der Suche nach Spuren von Familien, die 1817 den Schritt in die Ferne gewagt hatten. Dieses Datum möchte er im Schwabenland und in seiner Heimat besonders gewürdigt wissen. Die Kaukasus-Deutschen wollen hier im August 2017 an die Auswanderung erinnern. Eine größere Fotosammlung existiert bereits, berichtet Mitorganisator Wilhelm Schuurmann. Weitere Erinnerungsstücke wollen Nachkommen beisteuern.

Die Kaukasische Post plant für 2018 kulturelle Veranstaltungen und Begegnungen in Georgien und Aserbaitschan. Dort sind die Auswanderer aus Schwaben ein Jahr später auch tatsächlich angekommen. Auch möchte er ein Netzwerk der Kaukasus-Deutschen aufbauen. Den Staatssekretär bat er um Hilfestellung für seine Aktivitäten. So könne eine Studienreise zur Verständigung zwischen den Nationen beitragen. Seine Vision, so Kaufmann, sei die Vermarktung typischer Lebensmittel, um den Menschen in Georgien Arbeit zu geben.

Einige Meldungen

Nach dem Aufruf des Abgeordneten Fuchtel in den Medien seines Wahlkreises meldeten sich prompt einige Nachkommen, die sich jetzt in Oberhaugstett trafen. Dabei standen persönliche Erfahrungen im Vordergrund, wie die der 67-Jährigen, die wegen ihrer Ausreiseanträge in den 1970er-Jahren den Druck der Obrigkeit zu spüren bekam und vom KGB verhört wurde. Erst unter Michail Gorbatschow seien die Vorschriften gelockert worden, so dass sie schließlich in die Heimat ihrer Vorfahren zurückdurfte. Heute lebt sie in Nagold.

Der 80-jährige Bernhard Frick brachte zu dem Treffen ein Unikat mit, das Andachtsbüchlein von Johann Georg Frick aus dem Jahre 1817. Der Mathematiklehrer, der heute in Sommenhardt lebt, ist der Ururenkel des einstigen Anführers der Auswanderer. In Aserbeidschan geboren, wirkte er in den 1980er-Jahren im DDR-Schuldienst, ehe er den Dienst quittierte. Er wollte kein roter Schulleiter sein.

Es gibt auch Nachkommen, deren Vorfahren unfreiwillig im Kaukasus lebten. Etwa seine Ururgroßmutter, erzählte ein anderer Heimkehrer mit schwäbischen Wurzeln, die 1826 verschleppt worden war.

Von großer Armut und schlechter Infrastruktur berichtete Hans-Joachim Fuchtel, der als Parlamentarischer Staatssekretär Georgien besucht hat. Er unterstütze gerne die Aktivitäten von Rainer Kaufmann, denn das Land habe noch einen weiten Weg vor sich. "Wer keine Herkunft hat, hat keine Zukunft", sagte der Abgeordnete. Ein kultureller Beitrag könne durchaus der Besuch einer Blaskapelle aus seinem Wahlkreis sein. Mit Schulpartnerschaften und Handwerkerkooperationen ließe sich über die Jugend eine Brücke zwischen den Nationen bauen. Charme hätte, so Fuchtels Idee, wenn eine Studienreise über die Originalroute der damaligen Auswanderer führen würde.