Historische Aufnahme aus den Anfangszeiten der Dürrschen Mosterei in Martinsmoos. Archivfoto: Dürr Foto: Schwarzwälder-Bote

Historische Handpresse erfordert Muskelkraft / Cidre-Sonderaktion ehrt Hermann Dürr

Von Steffi Stocker

Neubulach-Martinsmoos. Da blieb mancher Kunde der Fruchtsaftkellerei Dürr staunend stehen. Immerhin vier Mann machten sich unter sichtbarer Anstrengung an einer historischen Handpresse zu schaffen, um auch den letzten Tropfen aus der Maische Saft zu treiben. Sie erfuhren dabei, dass gerade eine Sonderpressung für Cidre vonstattenging.

Schließlich ist das technische Knowhow, mit dem die Fruchtsaftkellerei ausgestattet ist, bekannt. Anlässlich der 30-jährigen Geschäftsführertätigkeit von Hermann Dürr war die Familie auf diese besondere Idee gekommen. Er hatte, nachdem sein Vater Johannes zuvor das Unternehmen 30 Jahre lang geleitet hatte, 1983 die Verantwortung übernommen. Gleichwohl denkt er noch lange nicht ans Aufhören.

Während der schon angegorene Saft in die danebenstehende Wanne lief, schwelgte Dürr in Erinnerungen. Als Kind lernte er das so genannte Packpressen, das bereits der Handpresse folgte, kennen. "Es ist enorm, was sich in diesem Bereich getan hat", verweist er auf die aktuelle Anlage, mit der binnen einer Stunde etwa zwölf Tonnen Obst gepresst werden können.

Seine Söhne Nathanael und Sebastian Dürr erlebten neue Zeitspannen mit der Spindel-Handpresse. Nachdem die Maische eingefüllt war, stapelten sie mehrere Holzbalken darauf, ehe sie mittels einer Spindel, ähnlich einer Schraubzwinge, den Saft aus der Maische drückten. Sie ist eine Weiterentwicklung in der Obstpressung, die einst mit den Füßen begann, ehe mittels Baum-Vorrichtung der Saft gewonnen wurde. Die Spindel-Pressung kam erst in den 20er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts auf, erzählte Dürr. Er ist durch Zufall an diese alte Vorrichtung gelangt und rettete sie vor etwa 15 Jahren aus einem Abbruchhaus in Esslingen.

Der Saft reiftnach der Pressung inEichenfässern

Doch die Art der Pressung ist es nicht alleine, die dem Cidre besonderen Gehalt verleihen soll. Allerdings zeugte der goldene Ertrag schon am Samstag von vollmundigerem Geschmack, wie Dürr nach einer Probe feststellte. So war im Vorfeld das Schneewittchen-Streuobst eine Woche lang dem Maische-Prozess in heute üblichen Stahlfässern unterzogen worden. Nach der Pressung wurde die Flüssigkeit in Eichenfässer gefüllt, in denen schon mehrere Bordeaux-Weine lagerten.

"Nach meinen Erfahrungen mit dem Whisky kann ich mir auch beim Cidre ein gutes Ergebnis vorstellen", ist Ideengeber Sebastian Dürr schon gespannt darauf, was am Ende herauskommen wird. Denn noch ist offen, ob trocken gegärt wird, also bis sämtlicher Zucker verschwunden ist, oder ob ein Rest von ihm erhalten bleibt.

"Das ist eine Frage der Harmonie, die ausbalanciert werden muss", so der Vater. Er macht deutlich, dass bei der Verwendung von Holzfässern im Gärprozess ein Austausch stattfindet, der den Geschmack intensiver und ausgeprägter werden lässt. Gleichzeitig fasziniert Junior Dürr, dass bei dem Gesamtprojekt eine Fusion verschiedener Kulturen erkennbar wird. Stammt die Idee der Holzfässer von den Kelten, so hat der Streuobstanbau seinen Ursprung in Asien.

Das Projektführt Kulturen zusammen

In Anbetracht der Bedeutung dieser Aktion presste die Familie die Maische für den Cidre an einer historischen Stelle auf dem Firmengelände. Nämlich dort, wo einst die Obstverarbeitung im Hause Dürr begonnen hatte.