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Weltbekannter Pferdeflüsterer gastiert im Schwarzwald-Sportzentrum. Besucher begeistert. Mit Video

Neubulach - Oft dauert es nur Minuten, bis Monty Roberts Pferde in den Griff bekommt. Das demonstrierte der weltberühmte Pferdeflüsterer in Neubulach.

Pokemon Gun, eine zweieinhalbjährige Quarterhorse-Stute, die noch nie Sattel und Reiter auf dem Rücken hatte, wird in den Round Pen, eine mit Gittern abgesteckte Arena in der Reithalle des Sportzentrums Nordschwarzwald in Neubulach geführt. Rund 700 erwartungsfrohe Pferdebegeisterte schauen gebannt zu, wie Roberts sich daran macht, zunächst das Vertrauen des Pferdes zu gewinnen. Der 82-jährige US-Amerikaner propagiert und lehrt seit Jahrzehnten weltweit die von ihm entwickelte Methode "Join Up". Dabei kommuniziert der Mensch nach dem Vorbild der Wildpferde mit den Tieren über die Körpersprache.

Pokemon Gun sucht zunächst vor ihm das Weite – Pferde sind Fluchttiere. Nach und nach sendet sie Zeichen wachsenden Vertrauens: Die Kreise im Zirkel werden enger und das innere Ohr ist auf den Trainer gerichtet. Sie senkt den Kopf, was bedeutet: "Das ist neu für mich, gib mir Führung", wie Roberts erklärt und sie leckt und kaut und zeigt damit, dass ihr Adrenalin-Spiegel sinkt.

Die nächsten Schritte sind das Gewöhnen an Sattel, Gurte und einen Dummy-Reiter. "Dieses Jahr arbeiten wir erstmals mit einem Dummy, das hat den Vorteil, dass der wirkliche Reiter nicht das eventuelle Buckeln abbekommt." Roberts arbeitet mit zwei Leinen, "so als ob ich sie reite, ohne auf ihr zu sitzen."

Joanna signalisiert: Ich bin kein Raubtier

Joanna ist zertifizierte Join Up-Instruktorin und unterstützt Roberts bei seiner Deutschland-Tour. Sie legt sich mehrmals für wenige Sekunden auf den Rücken des Quarterhorse und signalisiert dem Tier ein Geschenk: "Ich entspanne mich und gehe weg – ich bin kein Raubtier." Schließlich steigt sie auf, Pokemon Gun lässt es gelassen geschehen und gemeinsam drehen sie eine Runde.

"Schauen Sie, wir haben kein Adrenalin, zuerst hatte sie einen Puls von 120, nun haben wir 50, sie hat ein happy Ohrenspiel und leckt und kaut", erklärt Roberts dem Publikum. Gemeinsam mit dem glücklichen Besitzer wird die Stute abgesattelt und aus der Halle geführt. Das alles hat nur rund eine halbe Stunde gedauert.

"Jetzt sind wir fertig mit ›normal‹, jetzt kommen die Problempferde." Roberts kommentiert sein Tun immer wieder humorvoll und streut Anekdoten aus seiner jahrzehntelangen Arbeit mit den Tieren und zunehmend auch mit traumatisierten Menschen ein. Chiara, eine achtjährige Stute ist seit einem Jahr bei ihrer Besitzerin. "Wir müssen sie zu viert satteln, beim Aufsteigen rennt sie rückwärts und steigt, ich kann sie nicht belasten und muss die Beine weg strecken", erklärt die Besitzerin ihre Probleme.

Roberts erklärt an ihrem Beispiel seine Arbeitsweise. "Alles was ich tue, wenn sie etwas falsch macht: Ich schicke sie zurück zur Arbeit. Und ich schule sie immer, wenn sie buckeln will, nicht hart, aber schnell." Chiara bekommt einen Blinker aufgesetzt, eine Maske, die ihr Sichtfeld nach oben und hinten begrenzt. Damit wird sie lernen, den Teil zu sehen, den sie sehen soll und dass Menschen sie berühren an Stellen, die sie nicht sehen kann. "Arbeiten sie weiter mit dem Blinker und erweitern sie alle paar Tage das Sichtfeld, dann wird Chiara sehr schnell wieder sehr gut werden."

Roberts erzählt, dass sein Vater ihn geschlagen hat. "Er hat mir bis zu meinem zwölften Geburtstag 72 Knochen gebrochen. Daraus habe ich eins gelernt: Gewalt kann nie die Lösung sein."

Beim Verladen gibt es oft Probleme

Es gibt viele Pferde, die beim Verladen in den Trailer Probleme machen. So auch die stolze Schimmelstute Carry me, die ihre Besitzerin damit stundenlang beschäftigt. "Wir haben jetzt noch 15 Minuten, um zwei Tiere zu verladen", kündigt Roberts an, der schon mehr als 11 000 Pferde öffentlich vor Publikum trainiert hat. Und es dauert in der Tat nur Minuten, bis sich Carry me selbst verlädt. Roberts: "Ich will, dass das Pferd entscheidet, dass es in Ordnung ist, verladen zu werden."

Zum Abschluss erleben die Zuschauer in Neubulach noch eine Premiere. Ein Schwarz-Brauner, der ebenfalls das Verladen boykottiert, soll nach dem Schulen durch Luuk, einen weiteren zertifizierten Instruktor, von der Besitzerin selbst in den bereit stehenden Trailer verladen werden. Und hier sieht das Publikum sehr schön eine weitere Aussage des auch für die Pferde der englischen Königin Elizabeth II. tätigen Pferdelehrers bestätigt: "Wenn Sie ein Problem mit Ihrem Pferd haben, schauen Sie in den Spiegel." Die Körpersprache des Besitzers ist das wichtigste Kommunikationselement zwischen Mensch und Tier. Wenn die stimmt, gelingt alles scheinbar mühelos.

Roberts muss im Verlade-Beispiel nicht den Schwarz-Braunen korrigieren, sondern die Körpersprache der Besitzerin, dann folgt ihr das Pferd willig in den Trailer und auch wieder rückwärts hinaus.

Den Besitzern der vorgeführten Pferde ist allerdings klar, dass zu Hause noch weitere Arbeit auf sie wartet. "Bleiben Sie mit uns in Kontakt. Wir möchten wissen, wie es mit Ihren Lieblingen weitergeht", gab ihnen Roberts mit auf den Weg.

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