In Altensteig gibt es bereits eine Evakuierungsrutsche für Kinder und Jugendliche. Foto: Fritsch

Kein Scherz: Gemeinderat beschließt Bau einer Evakuierungsrutsche für Kindergarten. Mit Kommentar

Neubulach-Martinsmoos - Was tun, wenn’s brennt? Am besten schnell das Gebäude verlassen. Im Kindergarten in Martinsmoos wird das künftig beinahe spielerisch möglich sein. Denn dort soll eine Evakuierungsrutsche errichtet werden.

Zunächst klingt es wie ein Scherz: Der Kindergarten Martinsmoos soll eine neue Rutsche erhalten. Doch nicht in erster Linie für den Spielbetrieb. Sondern um im Brandfall möglichst schnell nach draußen zu gelangen.

Wer mit dem Stichwort "Evakuierungsrutsche" allerdings eine Internetsuche wagt, stellt schnell fest: So ungewöhnlich scheint das nicht zu sein – denn gleich mehrere Hersteller bieten dieses spezielle Spielgerät an, das nun auch in Martinsmoos installiert werden soll. Der Neubulacher Gemeinderat stimmte dem Vorschlag in seiner jüngsten Sitzung einstimmig zu.

Kleinere Bedenken werden schnell zerstreut

Hintergrund des Ganzen: Die Anforderungen des Brandschutzes verlangen einen weiteren Rettungsweg aus dem Dachgeschoss. In Abstimmung mit Kreisbrandmeister Hans-Georg Heide und der unteren Baurechtsbehörde kam dabei die Idee für eine Evakuierungsrutsche auf, die in einer Höhe von 4,80 Metern aus einem bestehenden Fenster heraus auf den Boden führen soll.

Welche Vorteile das Spielgerät gegenüber beispielsweise einer Feuertreppe biete, führte Bürgermeisterin Petra Schupp aus. So seien in Martinsmoos zwei Erzieherinnen für die dortigen Kinder verantwortlich. Im Brandfall müsste eine der beiden im oberen Stock bei den Jungen und Mädchen bleiben, während die andere die Kleinen hinausbegleitet. Bei einer Treppe sei es dabei erforderlich, die Kinder an die Hand zu nehmen – was logischerweise nicht mit allen zugleich möglich ist. Das Ergebnis: Die zuerst hinausbegleiteten Jungen und Mädchen müssten alleine draußen warten, während die Erzieherin erneut ins Gebäude muss.

Der klare Vorteil einer Rutsche bestehe nun darin, dass die Erwachsenen sich aufteilen könnten, erklärte Schupp. Eine der Erzieherinnen würde oben bleiben, die andere die Kinder unten an der Rutsche in Empfang nehmen. Dies sei eine Brandschutzmaßnahme, die laut der Bürgermeisterin mittlerweile etabliert sei – und im Kreis Calw übrigens keineswegs einmalig ist. So verfügt beispielsweise auch das Haus Anker des Jugend-, Missions- und Sozialwerks Altensteig über eine solche Anlage.

Kleinere Bedenken zu den Vorhaben äußerte Gemeinderat Hans-Georg Ruß, der fragte, ob durch diese Rutsche nicht auch Tiere oder Menschen nach oben gelangen könnten. Diese Sorge konnte Schupp aber zerstreuen. So sei die Rutsche aus Aluminium, entsprechend glatt und zudem für kleine Menschen gemacht – und dadurch eher "nicht so arg krabbelfreundlich".

Kommentar: Lobenswert

Von Ralf Klormann

Der Kindergarten Martinsmoos bekommt eine Evakuierungsrutsche, um Jungen und Mädchen im Brandfall schnell nach draußen befördern zu können. Klingt interessant – doch ob das eine gute Idee ist? Möglicherweise gefällt das Rutschen den Kindern so gut, dass Flammen nicht Schrecken, sondern Spaß bedeuten. Ein Alarm würde Jubel statt Panik auslösen. Und vielleicht führt diese Maßnahme gar dazu, eine Generation kleiner Brandstifter heranzuziehen, die bei jeder Gelegenheit Feuer legen, um das Spielgerät nutzen zu dürfen! Doch Scherz beiseite: In Wirklichkeit ist diese Evakuierungsmethode eine tolle Idee, um gerade Kinder schnell in Sicherheit zu bringen. Dass die Gemeinde sich für eine solche Lösung entschieden hat, ist daher absolut lobenswert. Auch wenn – oder vielleicht gerade weil – diese Maßnahme auf den ersten Blick mehr lustig als sinnvoll erscheinen mag.