Burghart Klaußner als Titelheld und Ronald Zehrfeld als junger Mitstreiter in „Der Staat gegen Fritz Bauer“ Foto: Alamode

Fritz Bauer zählt zu den großen Helden der deutschen Nachkriegsgeschichte, die kaum jemand kennt. In Lars Kraumes Spielfilm verschmilzt Burghart Klaußner mit dem streitbaren Humanisten, der die Auschwitz-Prozesse initiierte und die tapfer verdrängenden Bundesdeutschen zwang, sich den Nazi-Verbrechen zu stellen.

Frankfurt - Auf was man als Deutscher noch stolz sein könne, fragen Nachkriegsstudenten den hessischen Generalstaatsanwalt Fritz Bauer. Es reiche nicht mehr, sich auf Goethe und Schiller zurückzuziehen, antwortet dieser – stolz könne man als Deutscher nur noch sein auf „das Gute, dass man selbst getan hat“.

Burghart Klaußner, verschmilzt mit dem streitbaren Humanisten, der die Auschwitz-Prozesse initiierte und die tapfer verdrängenden Bundesdeutschen zwang, sich den Nazi-Verbrechen zu stellen. Klaußner hat Bauers Sprachduktus genau studiert, dessen Ringen um jedes präzise gesetzte Wort, seine vom Rauchen geteerte Stimme, seinen knitzen Blick hinter der Hornbrillenverschanzung.

Lars Kraume gibt seinem Hauptdarsteller viel Raum, Bauer zunächst als Zögernden zu etablieren, der die Seilschaften im Staatsapparat fürchtet wie die ihm fehlende Hausmacht in der eigenen Behörde. Also kontaktiert Bauer den israelischen Geheimdienst Mossad, der in Argentinien Adolf Eichmann ergreift, den Organisator des Holocaust.

An Bauers Lebensleistung kann nicht oft genug erinnert werden.

Bauer, Sohn jüdischer Eltern, war Sozialdemokrat und 1933 acht Monate im KZ. 1936 emigrierte er nach Dänemark, kehrte 1949 zurück und wurde 1956 vom damaligen hessischen Ministerpräsidenten Zinn – SPD – zum Generalstaatsanwalt berufen.

Diese kantige Biografie tippt Kraume nur an, er kapriziert sich auf ein Thema, das die Widersacher auffahren: Bauer hat eine Vorgeschichte mit Strichern. „Der Jude ist schwul“, sagt Jörg Schüttauf als BKA-Mann, und Sebastian Blomberg als Oberstaatsanwalt grinst schmierig. Nun treibt Kraume ab in eine verruchte Nachtwelt, in der nicht alle, die wie Frauen aussehen, welche sind. Bauers Mitstreiter Angermann setzt da leichtsinnig alles aufs Spiel und Ronald Zehrfeld agiert in der Rolle linkisch wie einer, der sich selbst nicht ganz vertraut.

Der Exkurs ins Milieu soll gesellschaftliche Enge vorführen, ist aber viel zu ausführlich geraten. Und wirkt klein neben dem eigentlichen Thema, das Giulio Ricciarelli frontal beleuchtet in „Im Labyrinth des Schweigens“ (2014): Er stellt die unheilvolle Macht kollektiven Verdrängens gegen die Zeugenaussagen Überlebender, die er übermalt mit ergreifender Chormusik – auch so kann sich jeder das Grauen ausmalen angesichts von Aufwallung und Schmerz in gezeichneten Gesichtern. Was Kraumes Film auszeichnet, ist sein starker Fokus auf den mutigen Charaktermenschen Fritz Bauer, an dessen Lebensleistung nicht oft genug erinnert werden kann.