Der Surfpark im Baskenland Foto: Wavegarden

Schwaben sind Tüftler. Sie haben das Auto erfunden, den Alleskleber, das Streichholz, den Büstenhalter und die Brezel. Nun kommt ein weiterer Geniestreich hinzu. Karin Frisch und ihr Mann haben des Surfers Traum erfüllt: Die perfekte Welle.

Stuttgart/San Sebastian - Wenn man sie reitet, die Welle, dann schmeckt man die Gischt, dann spürt man die Sonne, dann hört man das Meer rauschen. Da macht es auch nichts, dass das Meer weit weg ist, Farne statt Palmen wachsen, es oft bitterkalt ist und regnet im Nationalpark Snowdonia in Wales. In dem neuen Wavepark verkaufen sie nicht nur Wellen, sondern auch Sehnsüchte und das Gefühl von Freiheit. Knapp zehn Millionen Euro investieren Steve Davies und sein Team in den ersten Surfpark der Welt. Er wird an Ostern 2015 eröffnet.

Und wer hat’s erfunden? Die gebürtige Leonbergerin Karin Frisch und ihr Mann Josema Odriozola. Seit zwölf Jahren tragen die begeisterten Wellenreiter diese Idee mit sich herum, seit neun Jahren tüfteln sie herum und nun schlägt das Projekt endlich Wellen. „Es besteht eine große Nachfrage“, sagt Karin Frisch, „18 Investoren haben Anzahlungen getätigt.“ In Bristol in England ist man am weitesten, auch in Hamburg und Madrid besteht Interesse. Aber auch in den Surfhochburgen Australien und Hawaii. Das verwundert zunächst, hat man dort doch eigentlich genug Wellen. Doch auf Hawaii sind sie zu hoch, sodass sich nur Profis ins Meer wagen können. Und vor Australien gibt’s Haie und giftige Quallen. Da ist der Wavegarden, der Wellengarten, von Frisch und Odriozola eine willkommene Alternative.

Nach den Skateparks kamen die Surfparks

Doch wie kommt man auf eine solche Idee? Nun, es hilft, wenn man nicht weit weg wohnt vom Meer. Vor 17 Jahren ging Karin Frisch nach San Sebastian ins Baskenland zum Studieren. Und sie verliebte sich nicht nur in die Stadt und das Meer, sondern auch in Josema Odriozola. Gemeinsam gründeten die Sportökonomin und der Ingenieur eine Firma für Sportevents. Später bauten sie Skateparks für Skateboarder, „die gingen wie geschnitten Brot während des Baubooms“, erzählt sie. Überall wurde gebaut in Spanien Anfang dieses Jahrtausends stampfte man ganze Stadtviertel aus dem Boden. Auf Pump. Als die Blase platzte, zog die darbende Baubranche die gesamte spanische Wirtschaft in die Krise.

Da hatten Frisch und Odriozola allerdings schon längst ihre Firma Wavegarden gegründet. Nach den Skateparks an Land wollten sie nun Surfparks im Wasser bauen. Ein Traum, den auch andere hegten und hegen. In Japan und den USA betrieb man bereits Anlagen, doch die Kosten waren zu hoch. Der elffache australische Weltmeister Kelly Slater plant einen Surfpark, ebenso wie Gregg Webber, ebenfalls ein Australier. Doch bisher haben sie auf Sand gebaut, es gibt nur bunte Bilder. Die Firma American Wave Machine ist weiter: Sie hat bereits in den USA und Peru Surfparks eröffnet. Allerdings in einer Art Schwimmbecken, mit einer stehenden Welle. Dort wird die Welle, vereinfacht gesagt, aus Kunststoff geformt. Darüber fließt das Wasser.

„Wir haben ein anderes Prinzip“, sagt Frisch, „wir pumpen das Wasser nicht, sondern schieben es.“ Eine Art Schaufel schiebt das Wasser vor sich her. Frisch: „Man kann sich das wie einen Schneepflug vorstellen.“ Dadurch steht die Welle nicht. Sie baut sich auf und bricht. Ganz so wie im Meer. Eigentlich sogar besser. Denn sie ist stets konstant. Man kann die Dauer und die Höhe einstellen. „Und es gibt keine Strömungen, keinen Fels, keinen gefährlichen Untergrund.“

Der erste Surfpark hätte in Leonberg stehen können

Seit 2005 tüftelt das baskisch-schwäbische Duo an der perfekten Welle. Nun glauben sie sich der Lösung nahe. Zu zweit haben sie begonnen, mittlerweile haben sie 17 Angestellte. In den Bergen bei San Sebastian haben sie eine Anlage zu Demonstrationszwecken aufgebaut. Und wer sie getestet hat, ist voll des Lobes. Ob der Nachwuchs, der im Baskenland das Surfen lernt so wie bei uns das Radeln, oder ob Profis wie die Juniorinnenweltmeisterin Pauline Ado, die sagt: „Das ist einfach revolutionär.“ Der Weltranglistenerste Gabriel Medina ergänzt: „Das ist Spaß für jedermann. Wer nicht surft, kann es hier lernen.“

Das ist wohl das stärkste Verkaufsargument. 200 auf 160 Meter muss das Becken mindestens sein, 320 Meter Länge und 115 Meter Breite wären optimal, sagt Frisch, durch diese Größe können Anfänger und Fortgeschrittene surfen. Die einen dort, wo die Wellen brechen, die anderen dort, wo sie auslaufen. Zwischen 1,20 Meter und 1,90 Meter hoch können die Wellen sein, 20 Sekunden lang kann sie ihre Kraft behalten. Zwei Wellen pro Minute kann man erzeugen, Mit Salz- und Süßwasser lässt sich die Anlage betreiben, in Wales pumpen sie das Wasser aus dem Fluss. Im Unterschied zu der Konkurrenz habe man das Problem der Energiekosten in den Griff bekommen. 22 Cent pro Welle betrügen die Kosten, sagt Odriozola. Damit könne man eine Anlage rentabel betreiben.

Ob dies stimmt, wird man in Wales sehen. Genau hinschauen wird auch Heiko Grelle. Der Surfer und Unternehmer aus Leonberg wollte 2011 schon einen Wavegarden im Glemstal bauen. Damals erklärten ihn manche für verrückt, und die Lokalpolitiker zeigten kein Interesse. „Das wäre der erste weltweit gewesen und eine Wahnsinnsattraktion für die Region.“ Aufgegeben hat er seine Pläne allerdings nicht. „Grelle: „Jetzt warte ich mal ab, wie sich die Anlage in Wales im Dauerbetrieb macht“, sagt er, „und dann würde ich schon gerne so was hier aufbauen.“ Stuttgart Surf City – was für eine Vorstellung. Da schmeckt man schon die Gischt, spürt die Sonne und hört die Welle rauschen.