The Sirens rockten die Alte Seminarturnhalle nicht nur mit weihnachtlichen Tönen. Foto: Bernklau Foto: Schwarzwälder-Bote

Frauentrio mit Liv Kristine, Kari Rueslatten und Anneke van Giersbergen in der Alten Seminarturnhalle

Von Martin Bernklau

Nagold. Sie kamen aus Jena und zogen nach Paris weiter. Zwischendurch waren The Sirens in der gut besetzten Nagolder Semihalle zu Gast, ein Frauentrio mit Band zwischen Metal, Gothic und Stiller Nacht.

Schwarze Gestalten, Leder, Lack und langes Männerhaar – das gehört zu dieser Szene vielleicht dazu. Dabei ist allenfalls eingeweihten Kennern einigermaßen klar, unter welchen stilistischen Flaggen diese drei stimmstarken Frauen als The Sirens da segeln: Metal, Gothic, Symphonic oder Hard and Heavy Rock, wer weiß. Die gastgebenden Programm-Macher von der Alten Seminarturnhalle haben sie gleich zu Wegbereitern eines eigenen Genres ausgerufen, über dessen Namen sich die Experten unter den Fans dann streiten dürften: irgendwas mit Nordic, Viking, Woman, Saga, Mythic ließe sich vorschlagen.

Etwas ganz Eigenes und Weibliches ist es jedenfalls, das dieses norwegisch-niederländische Trio seinem staunenden, begeisterten und dankbaren Nagolder Publikum mit seiner Special Xmas Show an diesem Abend bietet. Die Frontfrauen neben der leuchtend blonden norwegischen Theatre of Tragedy-Kultfigur Liv Kristine sind ihre aschblonde Landsmännin Kari Rueslatten und die samtrot gelockte Holländerin Anneke van Giersbergen. Über ein paar Tattoos tragen sie übrigens ganz damenhaft harmlose Klamotten, nichts Wildes.

Eine vierte Frau am Keybord und die vier Schwarzen Männer mit ihren metallklaren Gitarren und Drums – einer streicht auch hin und wieder als sehr melodiösen Gegensatz ein E-Cello – liefern den zunächst ganz harten und lauten Klangteppich in ganz geraden Vierer-Beats. Manchmal wird es etwas ruhiger und balladenhaft harmonisch. Trio, Duo, Solo wechseln einander ab. Die Zuhörer bejubeln manche Songs, mit denen die Drei offenbar in ihren früheren Formationen bekannt geworden sind.

Bevor der vielleicht auf Dauer etwas einförmige Gothic Metal-Sound ermüdet, spaltet sich auch das Klangbild auf, übrigens bei aller gewaltigen Lautstärke – sehr solider Light-Show übrigens auch – in der vergleichsweise niedlichen Halle erstaunlich gut ausgesteuert. Da kommen archaische Einton-Harmonien zu nordisch mitternächtlich anmutender Melodie ebenso herein wie Anflüge von keltischen, zuweilen sogar orientalischen Motiven. Das steuert dann auf drei völlig unbegleitete Lieder zu, denen das Publikum in fast andächtiger Stille folgt. Die "Stille Nacht" selber ist kommerziell vielleicht zu gnadenlos ausgeschlachtet, aber beim mittelalterlich-mönchischen "Es ist ein Ros entsprungen" lauschen die Zuhörer gebannt, geradezu hypnotisiert der Stimme von Anneke van Giersbergen.

Selbstverständlich haut dieses Trio dann auch noch mal richtig rein. "Speed Machine" heißt einer der programmatischen Titel, wo es richtig zur Sache geht. Mit den Texten, auch den Ansagen ist das immer so eine Sache. Aber von Töchtern und Söhnen, von einer "Venus" und von Abschied war zwischendurch was zu vernehmen von den drei Frauen, allein, zu zweit, zusammen, die keine kreischenden Gören und keine Rockröhren mehr sind, aber noch ebensoviel Kraft haben wie Erfahrung – auch musikalisch, versteht sich.