Das Volk hat entschieden: Jürgen Großmann kann in die zweite Amtszeit starten. Die Zahl der Gratulanten war groß. Foto: Fritsch

97,2 Prozent der Wähler stimmen für bisheriges Stadtoberhaupt. Nur jeder Fünfte geht zur Wahl. Mit Kommentar

Nagold - Seine zweite Amtszeit ist beschlossene Sache: 97,2 Prozent der Stimmen zur Oberbürgermeisterwahl entfielen gestern auf Amtsinhaber Jürgen Großmann. Dass er der einzige Bewerber war, drückte aber die Wahlbeteiligung deutlich nach unten.

Nichts ist ihm anzumerken. Dankbarkeit pur strahlt gestern Abend Oberbürgermeister Jürgen Großmann im Foyer des Nagolder Rathauses aus. Und auch Tatendrang. Keine Frage: Das Ergebnis wertet er als Erfolg. Ein großer Vertrauensbeweis für ihn persönlich sei das.

Als er das sagt, sind die Zahlen bereits bekannt. Und während wohl die meisten Gäste, die sich im Rathaus-Foyer versammelt haben dieser Großmannschen Analyse bei der Zahl von 97,2 Prozent Zustimmung beipflichten, so ging kurz davor bei der Bekanntgabe der Wahlbeteiligung ein leises Raunen durch den Raum. 20,6 Prozent Wahlbeteiligung! Das dürfte eine neue Nagolder Rekordmarke sein – ein Negativrekord, wohlgemerkt.

Dennoch, die Wahl ist gewonnen. Und Großmann wäre nicht Großmann, wenn er sich diesen vermeintlichen Makel anmerken lassen würde. Ganz Politprofi, der er ist, steht der OB am Mikrofon. Vor allem Dankesworte richtet er an die Bürger. Offensiv geht er das Thema Wahlbeteiligung gleich zu Beginn an. Eines seiner Ziele sei es gewesen, bei der Wahlbeteiligung noch eine "Zwei" vorne stehen zu haben. Mit 20,6 Prozent ist ihm das gelungen. Auch, wenn’s knapp war. Und eine "Neun" wollte er bei der Zustimmung als vordere Zahl sehen. Dieses Ziel hat er mit 97,2 Prozent sehr deutlich erreicht.

"Wir haben viel erreicht. Das war eine tolle Gemeinschaftsleistung"

Eine gute Grundlage sei das Ergebnis, um weiter mit allen Menschen zusammenzuarbeiten, die guten Willens seien, "unsere Stadt weiter in eine gute Zukunft zu führen." Den Erfolgskurs wolle er beibehalten. Großmann lobt, dass sich jeder angesprochen fühlen kann: "Wir haben viel erreicht. Das war eine tolle Gemeinschaftsleistung." Dann geht sein Blick nach vorne: Nun müsse man sich noch mehr anstrengen.

Kurz skizziert der OB die Themen der Zukunft. "Die liegen auf der Hand." Der Handel sei im Umbruch. Doch auch die Stadtteile will er bedienen. "Wir bauchen beides. Eine starke Kernstadt und lebendige Stadtteile." Und dann schwenkt der frisch wiedergewählte OB noch auf das Thema Ehrenamt um: "Eine unserer Hauptaufgaben wird es sein, den Nagolder Bürgersinn in die nächste Generation zu tragen."

Wunderbare Jahre hätten er und seine Frau in Nagold erlebt. Großmann versichert den Anwesenden: "Das war nur möglich, weil Sie einem das Gefühl gaben, dass Sie hinter uns stehen." Hinter ihm gestanden, das ist in seinen OB-Jahren auch seine Frau. Und so gilt des Oberbürgermeisters besonders inniger Dank der Gattin: "Simone, Du bist in allen Lebenslagen an meiner Seite gestanden." Es sei auch ihr Wahlerfolg.

Groß ist die Zahl der Gratulanten, fast größer als die Zahl der Zuhörer, die vor einer Woche zur Bewerbervorstellung in die Stadthalle gekommen waren. Bürgermeister, der Landrat, Unternehmer, Gemeinderäte, Rathaus-Mitarbeiter, und, und, und – alle schütteln sie dem Ehepaar Großmann die Hände. Dazu spielt die Stadtkapelle schmissige Melodien – so ist es Tradition bei einer Wahl zum Stadtoberhaupt. Dass nur jeder Fünfte zur Wahl ging, ändert daran auch nichts. Die Show geht weiter. Jürgen Großmanns zweite Amtszeit kann beginnen.

Kommentar: Genug zu tun

Von Heiko Hofmann

Liegt es an den vielen Veränderungen, welche die Landesgartenschau mit sich gebracht hat? Oder an der allgemeinen Zufriedenheit mit der Entwicklung der Stadt? Fakt ist: Nagold ist einfach nicht in Wechselstimmung. Was sich bereits bei den Kommunalwahlen 2014 zeigte – nur drei von 26 Stadträten zogen neu ins Gremium ein –, das setzte sich bei der OB-Wahl fort.

Zur Wahl stand nur Amtsinhaber Jürgen Großmann. Der hat in den vergangenen acht Jahren keinen schlechten Job gemacht. Also alles Friede, Freude, Eierkuchen? Mitnichten! Drängende Probleme wie der fehlende soziale Wohnungsbau, die Sanierungen der Schulen und die viel zu hohe Schuldenbelastung als Folge der Gartenschau stehen weiter auf der Agenda. Es gibt also genug zu tun. Die Wiederwahl von Jürgen Großmann hat da zumindest einen Vorteil: Er braucht keine Einarbeitungszeit.