Luiza (links) und Denisa sind ein gutes Team. Foto: Rennig Foto: Schwarzwälder-Bote

Bildung: Schreibwerkstatt mit Autorin Katrin Stehle in der Vorbereitungsklasse der Zellerschule

Die Schriftstellerin Katrin Stehle war mit ihrer "Schreibwerkstatt" auch in der Vorbereitungsklasse der Zellerschule zu Gast.

Nagold. Sie kommen aus elf verschiedenen Nationen, von Afghanistan, Kenia und dem Irak bis hin zu Rumänien, Syrien oder der Türkei, und haben eines gemeinsam: In der Vorbereitungsklasse (VKL) der Zellerschule werden die 15 Schüler von Annabelle Adrion unterrichtet und trainieren vor allem ihre Deutschkenntnisse, um später eine Regelklasse besuchen zu können – eine täglich herausfordernde Aufgabe für die engagierte Lehrerin.

Vor kurzem erlebten die VKL-Schüler, verstärkt durch einige Fünftklässler, eine besondere Abwechslung im Schulalltag: Die im Allgäu gebürtige Autorin Katrin Stehle bot eine Schreibwerkstatt an, die vom Förderverein der Schule finanziert wurde.

"Wie riecht es daheim?"

Nach einigen Vertrauensübungen im Freien machten sich die Schüler in Gruppen ans Schreibthema "Daheim" – nicht so einfach für einige, die zum Teil erst nach langen Wegen in Nagold angekommen sind und mit dem Thema vor allem noch Erinnerungen an ihre angestammte Heimat verbinden. "Wie riecht es daheim? Was höre ich, spüre ich? Welche Menschen oder Tiere sehe ich?" waren einige Impulse.

Während Toni aus Kroatien sich vor allem an den Garten mit den vielen Blumen erinnert und an den Duft von Pfannkuchen, die die Oma backte, meint Alexia aus Rumänien, die nach sieben Monaten in Nagold bereits als Dolmetscherin für ihre Eltern fungieren kann: "Zuhause ist, wo Mama ist!" Schwerer haben es Hadia, Maryam und Shagai aus Afghanistan: "Was bedeutet spüren? Und was fühlen?" will Shagai wissen. Hm – gar nicht so leicht, das in der noch fremden Sprache zu unterscheiden. Wie ihre beiden Mitschülerinnen bedient sich Shagai zwischendurch der Sprachen und Schrift ihrer ehemaligen Heimat: Dari beziehungsweise Farsi oder Paschtunisch sind neben Usbekisch oder Turkmenisch drei der fünf Hauptsprachen des seit fast 40 Jahren von Krieg und Unruhen geschüttelten Gebirgsstaates.

Der 14-jährige Sahand, seit eineinhalb Jahren in Deutschland, mag Nagold, die Wochenendeinkäufe mit seinem Vater, doch schwärmt er genauso noch von Shawarma, das in seinem Ursprungsland Irak ähnlich wie Döner zubereitet wird. Spaßvogel Hassan aus Syrien schafft es, dank pantomimisch "übersetzter" Impulse zur Schreibaufgabe, auch seine Vorliebe für Käse in kurzen Sätzen zu Papier zu bringen, und kämpft wie sein syrischer Mitschüler Marhran und einige andere tapfer mit den bestimmten Artikeln der deutschen Sprache.

Michelle, deren Mutter Polin ist, und Jennifer (Vater Ungar) arbeiten lieber am Boden, um auch mit Farben auf dem großen Papierbogen die Impulse der Schreibwerkstatt umzusetzen. Luiza und ihre Schwester Denisa aus Rumänien finden sich nach acht Monaten in ihrer Wahlheimat schon erstaunlich gut in der deutschen Sprache zurecht, so dass sie an manchen Stellen sogar anderen Teilnehmern der Schreibwerkstatt helfen können.

Wie im Fluge vergehen die zwei Stunden der Schreibwerkstatt – im Grunde eine zu kurze Phase, um schreibend wirklich etwas zu entwickeln, wenn man in der multikulturellen Gruppe, in der Lehrerin Annabelle Adrion immer wieder an den Teamgeist mahnt, schon im normalen täglichen Unterricht mit den "Tücken" der deutschen Sprache konfrontiert ist.

Doch unter dem Strich hat dieses besondere Projekt die Zellerschüler sicher motiviert, weiterzuarbeiten und weiter Fuß zu fassen in der so genannten Wahlheimat, die eben meist nicht freiwillig gewählt wurde.