So sah "Klein-Venedig" aus. Foto: Schwarzwälder-Bote

Nagold damals und heute: Gerhard Reule erinnert sich ans idyllische Klein-Venedig und an stolze Brauereien

Nagold. Das Gesicht dieser Stadt ändert sich in rasantem Tempo. Wer vor 50 Jahren zuletzt hier war, würde Nagold kaum wiedererkennen. In einer losen Folge wollen wir Zeitzeugen zu Wort kommen lassen, die erzählen, wie’s früher war. Gerhard Reule erinnert sich heute, wie’s einst an der Ankerbruck’ zuging. Als vor über 200 Jahren die Nagolder Stadtmauer sich öffnete und die Stadt sich jenseits davon erweiterte, die Waldachfurt durch eine Brücke am Anker ersetzt wurde und die Haiterbacher Straße noch zum Killberg führte, da gab es noch kein Ankerbeach. Es gab auch keine Stadtkantendiskussion, aber ein Ensemble, bei dem heute als Freudenstädter Straße benannten Quartier, das den Blick zur Begrüßung des alten Ortskerns öffnete und von externen Besuchern liebevoll auch als "Klein-Venedig" apostrophiert wurde.

Alles vorbei – Stadtgeschichte

Eingerahmt wurde das Ganze vom Gasthaus zum Anker ("Bleibe treu dem Ankerbräu") der Familie Walz, der Bäckerei Stottele, dem Flaschner Kehle, der Seilerei Schlotterbeck, dem "Gamber" mit seinem Slogan "Gambrinius – das weitbekannte Bier", der Bildhauerei Binz und der Linden-Gartenwirtschaft mit ihrem alten Baumbestand, die später zu einer Tankstelle mutierte.

Halb versteckt war der Stadtbrunnen vor der Weinhandlung Schuon zu sehen und zum Meisterweg hin zeigte ein Gasolin-Tankschild auf das Autohaus Wacker mit seiner DKW-Vertretung. Alles vorbei – Stadtgeschichte. Aus der Waldachstraße, die von Kraftfahrzeugen nur auswärts befahren werden durfte, erkennt man bis heute noch Bökle’s Friseursalon und das Erker-Türmchenhaus von Metzger Häußler, auch Harr’s ehemaliges Reformhaus mit der Heilpraktikerpraxis Narr.

Alles überragt nach wie vor der alte Glockenturm und die Johannes-Stadtkirche, während die Freudenstadter Straße von der Vorstadt bis zur Linde ohne Rapp’sche Mühle, Metzger Gänssle, Schmied Krauss, Pflomm’sches Spielzeug, Konsumwarenladen, Grüner Baum, Nähmaschinen-Moser und Altes Forsthaus total umgestaltet wurden.

Ob nach kubisierten Stadtmodellen vielleicht mit "Klein-Manhattan"-Schatten am Waldachufer wohl zukünftig noch ein Blick auf das Herz der Stadt riskiert werden kann? Man darf neugierig und gespannt sein, wie sich die Stadt auf späteren Fotos dann zeigen wird.

Haben auch Sie noch Erinnerungen an Alt-Nagold mit Häusern, die längst nicht mehr stehen, und unvergessenen Originalen, die dort einst lebten? Wir veröffentlichen diese Erinnerungen gerne!