El-Mokhtar (links) und Ejeireb (Zweiter von rechts) lernen bei Uli Schaffert (rechts) das Augenoptiker-Handwerk. Während Gaby Frey übersetzt, zeigt Hans-Joachim Fuchtel, wo es lang geht. Foto: Mutschler Foto: Schwarzwälder-Bote

Helfende Hände: El-Mokhtar und Ejeireb aus Mauretanien lernen die Grundlagen des Augenoptiker-Handwerks in Nagold

Hilfe zur Selbsthilfe der besonderen Art bot der Verein Helfende Hände in Nagold. Bei Augenoptiker Ulrich Schaffert lernten Mohamed El-Mokhtar und Mohamed Ejeireb aus Mauretanien die Grundlagen des Augenoptiker-Handwerks.

Nagold. El-Mokhtar und Ejeireb – beide wollen mit ihren Familiennamen angesprochen werden – schauen etwas schüchtern. Kein Wunder, der Auflauf in der kleinen Optiker-Werkstatt ist recht groß. Neben den beiden und Uli Schaffert sind auch Gaby Frey von Helfende Hände und der Parlamentarische Staatssekretär Hans-Joachim Fuchtel da. Fuchtel ist einer der Starthelfer des Vereins und nutzt die Gelegenheit, sich über die Entwicklung der Helfenden Hände zu informieren.

Durch seine damalige Tätigkeit im Haushalts-Ausschuss kam er auch nach Mauretanien. Bei seiner zweiten Reise war ein ganzer Tross aus Musikkapelle, 40 Ärzten und 20 Handwerkern dabei. Angesichts der medizinischen Versorgung in einem der ärmsten Länder der Welt beschlossen Mitglieder der Reisegruppe, sich weiter zu engagieren. Noch auf der fünfstündigen Flugreise entwarf Fuchtel die Satzung des heute eingetragenen Vereins. Das war 2003 – seither hat sich viel getan.

Einer der medizinischen Schwerpunkte der Vereinsarbeit liegt auf der Augenheilkunde. Schaffert selbst war bereits zwei Mal für eine Woche in der Hauptstadt Nouakchott – pausenlos damit beschäftigt, Augen auszumessen und gespendete Brillen auszugeben.

So sehr dies den Menschen auch helfe, habe man dennoch erkannt, dass "mit Brillen reisen nicht nachhaltig ist", erklärt Gaby Frey. Deshalb habe man in einem Gesundheitszentrum eine optische Werkstatt eingerichtet – mit allen optischen Geräten und sogar einer Klimaanlage. Nun ging es darum, den Menschen dort beizubringen, wie sie damit arbeiten können.

Die Auswahl der beiden Mitarbeiter, die geschult werden sollten, traf der Verein gemeinsam mit dem Augenarzt des Gesundheitszentrums. "Das ist schon etwas mauretanisch abgelaufen", erzählt Frey. Erst am zweiten Abend habe der Arzt entschieden, wen er nach Deutschland schicken wollte. Die beiden wussten dabei selbst nicht, was auf sie zukam. Ihnen sei nur gesagt worden, dass sie sich hier melden sollen, so Frey weiter.

"Das sind sehr intelligente junge Männer"

Dennoch: Die Wahl scheint auf die Richtigen gefallen zu sein. "Das sind sehr intelligente junge Männer", sagt Gaby Frey. Also machten sie sich auf den Weg nach Deutschland. Das Ticket und etwas Taschengeld bezahlt die mauretanische Regierung, die Kosten für Unterkunft und Rahmenprogramm übernimmt der Verein.

In der ersten Woche waren sie zum Praxisunterricht an der Augenoptikerschule in Bruchsal. Dort erklärte ein Lehrer den beiden die wichtigsten Maschinen und sie erhielten Übungsmaterial. Danach ging es weiter nach Nagold. Hier stand zuerst Theorie auf dem Programm. Dann ging es ans Eingemachte – das Einschleifen von Mineral- und Kunststoffgläsern in verschiedene Fassungen. Damit lernten sie also genau das, was sie dann in Mauretanien auch machen werden: Sehachsen vermessen, Gläser nach Rezept des Arztes einschleifen und die Brille anpassen.

Die Ausbildung in Deutschland soll ihnen helfen, damit sie sich in ihrem Heimatland eine Existenz aufbauen können. Dabei ist die Optikerwerkstatt wie ein "Profit-Center" organisiert. Das bedeutet: Je mehr Brillen die beiden einschleifen, desto höher ist ihr Verdienst.

Für El-Mokhtar und Ejeireb war der Besuch in Deutschland die erste Reise nach Europa und schon so etwas wie ein kleiner Kulturschock. El-Mokhtar ist dabei vor allem der "große Wohlstand" aufgefallen. Außerdem sei alles sehr gut organisiert, erzählt er. Aber es sei auch viel Arbeit, 48 Stunden in der Woche stehen auf dem Programm. "Daran muss man sich erst gewöhnen", bestätigt Schaffert schmunzelnd, betrage die Arbeitszeit in Mauretanien doch maximal 30 Stunden pro Woche. "Wichtig ist außerdem, dass man pünktlich ist", hat El-Mokhtar als Lektion bereits gelernt.

Der 23-jährige Ejeireb findet die Materie schon sehr schwierig, ist aber dankbar für die "guten Lehrer wie Uli". Er freut sich darauf, in seinem Land helfen zu können: "Ich möchte, dass auch arme Menschen eine Brille bekommen können." El-Mokhtar ist stolz darauf, einen Beruf zu erlernen, den es in Mauretanien bis jetzt nicht gibt. "Die Optiker verkaufen nur fertige Brillen, können aber nicht selbst schleifen", erklärt er. Bislang sei das nur ein Markt, aber kein Handwerk.

Im Rahmen ihres kurzen Deutschlandaufenthalts hatten sie auch ein wenig die Möglichkeit, Land und Leute kennenzulernen, etwa den Baumwipfelpfad in Bad Wildbad, die Burgruine Hohennagold während des Burgkonzertes oder den Bodensee. Außerdem stand ein Besuch bei einem Imker auf dem Programm. Auch die Autobahn finden sie "cool". "Aber ab 130 halten sie sich fest", erzählt Uli Schaffert lachend.

"Wir freuen uns, dass ihr in Deutschland so viel gelernt habt. Ihr seid Pioniere und wir wünschen euch viel Erfolg", gab Hans-Joachim Fuchtel den beiden zum Abschluss mit auf den Weg. Und so nahmen die beiden nicht nur viele neue Eindrücke und vermitteltes Wissen mit nach Hause, sondern auch die beinahe unvermeidliche Fuchtelsche Wahlkampfbürste und ein Selfie mit dem Parlamentarischen Staatssekretär.