Immer an der Wand lang: Der letzte Dampfzug fuhr am 31. März 1967 durch Ebhausen. Foto: Lepple

Legendäre Schmalspurbahn wurde in nur achtmonatiger Bauzeit errichtet. 1967 war dann endgültig Schluss.

Nagold/Altensteig -  Das Altensteigerle, die erste königlich-württembergische Schmalspurbahn, dampfte heute vor 125 Jahren zum ersten Mal durchs Nagoldtal.

Die ersten Bemühungen zum Bau einer Bahn im oberen Nagoldtal sind bereits aus den 60er-Jahren des vorletzten Jahrhunderts bekannt geworden, so auch durch eine Denkschrift betreffend "die Erbauung einer Eisenbahn von Nagold über Altensteig nach Freudenstadt vom August 1869". 1883 hatte sich auch der Gewerbeverein Altensteig um den Bau bemüht, vom Gemeinderat wurden 3000 Mark dazu bewilligt. Im Landtag setzten sich die Abgeordneten Luz und von Gültlingen ebenfalls für das Projekt ein, das aus Platz- und Finanzierungsgründen dann in Meterspurweite ausgeführt werden sollte.

Still mit dem Zug der Zeit gegangen

Die veranschlagten Baukosten von 465 000 Mark erhöhten sich zusammen mit den Fahrzeugbeschaffungskosten auf 871 000, wozu Gemeinden, Geschäfts- und Privatleute 125 000 Mark aufzubringen hatten. In der königlichen Thronrede von Januar 1889 wurde die Bahn verheißen und im Juli 1889 das Projekt im Landtag verabschiedet. Der Baubeginn war am 13. April 1891 und die Einweihung erfolgte unter Flaggenschmuck und Böllerschüssen sowie einem Festzug acht Monate später, am 28. Dezember 1891, der sich die Betriebsaufnahme am 29. Dezember 1891 anschloss und dabei die gesamte "Region des Kienspans" mobilisierte. Der Personenverkehr endete am 29. September 1962 und der Güterverkehr am 28. Mai 1967. Der Abbau der Strecke wurde im Sommer des gleichen Jahres vorgenommen. Was mit segensreichen Wünschen erwartet und begleitet wurde, ist still mit dem Zug der Zeit gegangen.

Der Verkehr wurde 1891/92 mit den Loks Altensteig und Berneck sowie einer Baulokomotive gestartet. Die Strecke war 15,11 Kilometer lang und ging vom 1872 erbauten Nagolder Bahnhof aus, vorbei am Haltepunkt Nagold-Stadt hinunter ins Nagoldtal und über die Schafbrücke am Schlossberg dann rechts der Straße nach Rohrdorf und Ebhausen und weiter über die außerhalb liegende Station Berneck nach Altensteig. Es waren sechs Bahnhöfe an der Strecke, wobei in der Frühzeit in Berneck und Nagold-Stadt nur Schutzhütten standen und in Ebhausen ein Güterwagen den Bahnbetrieb aufnehmen musste.

80 Prozent der Strecke oder zwölf Kilometer verliefen die Gleise in Form einer Straßenbahn neben der Straße. Es waren ursprünglich fünf Verbindungen zwischen morgens 6.08 Uhr und 24 Uhr im Fahrplanverzeichnis. Die Fahrt dauerte eine Stunde. Der Fahrpreis betrug 1891 sechs Pfennig in der II. Klasse und vier Pfennig in der III. Klasse pro Kilometer. Zu Beginn des Betriebs waren vier zweiachsige Personenwagen mit Ölbeleuchtung und ein Postgepäckwagen mit Abortabteil sowie mehrere gedeckte und offene Güterwagen mit Langholzwagen und Rollschemeln eingesetzt. Die Personenwagen hatten Druckluftbremsen, während die Güterwagen nur mechanische Bremsen besaßen, die auf dem Wagendach mit offenen Bremsersitzen bei Wind und Wetter bedient werden mussten.

Damit in Nagold das Umladen von Frachtgütern erspart werden konnte, wurden Regelspurgüterwagen auf kleinen Rollschemeln im Huckepack nach Altensteig geschleppt. Dazu waren im Bahnhof Nagold und in Altensteig jeweils Umspurgruben installiert. Mitte der 50er-Jahre des letzten Jahrhunderts wurde die Strecke dann mit einer Lok von den Pfalzbahnen verdieselt. Die ersten Loks kosteten 41 800 Mark pro Stück und bei Personen- und Güterwagen lagen die Preise zwischen 2 200 und 6 250 Mark. Weiterhin waren verschiedene Versuchsloks im Nagoldtal unterwegs, die danach in Afrika und Südamerika zum Einsatz kamen. Die Höchstgeschwindigkeit der auf der Altensteiger Strecke verkehrenden Züge lag bei 30 bis 40 km/Stunde.

Der Verkehr dieser Flächenbahn entwickelte sich durch das aufstrebende Gewerbe der Gemeinden und das große Handelsaufkommen des sogenannten "hinteren Waldes" kontinuierlich weiter. Transportierte Güter waren hauptsächlich Stamm- und Schnittholz, Kohle, Rohwolle, Leder, Landmaschinen, Landesprodukte und Heizöl. 1950 wurden in Altensteig noch 36 340 Fahrkarten verkauft und 934 Wagenladungen gezählt.

Wie zu Anfang des 20. Jahrhunderts die Flößerei wegen des Bahnverkehrs eingestellt werden musste, hat nach dem zweiten Weltkrieg der Individualverkehr und der Güterkraftverkehr auch die Verlagerung von der Schiene zur Straße im Nagoldtal veranlasst. Die Einrichtung von parallelem Busverkehr machte mit dem abwandernden Güterverkehr die Bahn dann trotz der täglich drei Tonnen Stückgut und der 700 Wagenladungen im Jahr offensichtlich defizitär.

Alle Denkschriften und Appelle halfen nicht

Der Straße, deren Verlauf sie folgte, war sie nun wegen der Diskussion ihrer Verbreitung plötzlich im Wege. Und so waren die Gemeinden 1963 und danach wegen der Übernahme der Strecke als Regionalbahn von der DB angesprochen worden. Es folgten nun wieder neue Denkschriften und Appelle und am Schluss standen 1,4 Millionen Instandhaltungskosten im Raum. Unter rein rentierlichen Gesichtspunkten konnte deshalb die Stilllegung damals nicht mehr aufgehalten werden. Bahnbus und LKW übernahmen den Verkehr vollständig und so endete nach annähernd 75 Jahren ein regional prägender Verkehrsträger.

Da die Altensteiger Fahrzeuge über die Jahrzehnte hinweg gepflegt wurden und manche davon die ganzen 75 Jahre hier im Einsatz waren, haben einzelne von ihnen bei anderen Bahnstrecken später noch weitere Verwendung gefunden und sind zum Teil bis heute erhalten geblieben, so bei der oberschwäbischen Öchslebahn, beim Deutschen Eisenbahnverein Bruchhausen und der Museumsbahn Blonay-Chamby. Selbst die legendäre Lok 99 193 könnte mit einem Aufwand von 200 000 Schweizer Franken wieder unter Dampf gesetzt werden.

Über die Altensteiger Bahn zu berichten, ohne die zahlreichen Mitarbeiter zu erwähnen, die diesen Betrieb täglich oft unter schwierigen Bedingungen ermöglicht haben, hieße das Feuer in den Loks kalt werden zu lassen. Diesen Eisenbahnern verdankt die Nachwelt nicht nur schöne Erinnerungen, sondern auch zahlreiche Requisiten und Dokumente.

Darüber hinaus fand die Bahn bei Modellbahnherstellern ein lebhaftes Echo, aber auch bei der Interessengruppe Altensteigerle e.V., den Heimat- und Geschichtsvereinen von Altensteig, Ebhausen und Nagold und ihren Gemeinden, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, das Andenken an die Bahn auf vielschichtige Art zu pflegen und neues Interesse über Publikationen, Streckennachbauten und Denkmalanlagen zu wecken.

Nagold und Altensteig verband mit dem Altensteiger Zügle eine gemeinsame Bahn und damit die Menschen der Region miteinander – auch heute noch – über abgebaute Gleise hinaus.