Minimalist und Meister der unvollendeten Sätze: Rolf Miller eröffnet die neue Spielzeit in der Alten Seminarturnhalle in Nagold

Knapp zwei Stunden auf einem Stuhl mehr liegend als sitzend und ständig an der Wasserflasche nuckelnd, nahm Kabarettist Rolf Miller das Seminarturnhallen-Publikum mit auf seine Reise durch vergessene Pointen und unvollständige Sätze rund um seine Kumpels, Fußball und die 80er Jahre.

Nagold. "Das Publikum war schön, ich war auch da!" So der nordbadische Westfranke aus Walldürn, der fast schon ein Hesse ist und es in der Seminarturnhalle trotz Kerzen schön fand, auch wenn er zunächst der Auffassung war, dass ihn sein Auftritt nach Calw hätte führen sollen, was glücklicherweise nicht der Fall war.

Zum Ende seines Auftritts trat der seit mehr als 20 Jahren auf den Kabarettbühnen sitzende Satzverdreher und Pointenauslasser stehend vor sein Publikum mit Erklärungen zu seinem seit 2014 gespielten Programm "Alles andere ist primär".

So reduziert wie das Bühnenbild sind auch seine Monologe

Zurück zum Anfang: Miller brauchte außer einem Stuhl und seiner Wasserflasche keinerlei Requisiten für seine Bühnenfigur, die er während des kompletten Programms nicht aus dem Sitz rausbewegt. Und so reduziert wie das Bühnenbild sind auch seine Monologe.

Im dialektischen Sprachmischmasch eines im Dreiländereck von Baden, Franken und Hessen lebenden Odenwälders, der monologisch vor sich hin brabbelte, zeigte sich der unter anderem aus "Ottis Schlachthof" im TV bekannte Comedian unbeeindruckt vom Publikum. Er plauderte von Anfang an vor 240 Gästen einfach drauflos und drückte mit einfachen Worten auch Kompliziertes aus, wobei das "Dings" ersatzweise für vieles stehend, zweifellos das meistbenutzte Wort in seiner Show war. Dabei versteht er es wie kein anderer, Sätze nicht zu Ende zu führen und Sprichwörter so zu verdrehen, dass dem Publikum erst beim Lachen bewusst wird, was es gerade gehört hat.

Seine Kumpels Achim und Jürgen sind als weitere Figuren mit von der Partie und müssen für viele Gags herhalten. Miller ist der Überzeugung, dass Scheidungen so teuer sind, weil sie es wert sind und auch, dass er im nächsten Leben Beziehungen nur noch ambulant und nicht mehr stationär führen wird. Dazwischen lachte er immer wieder über seinen eigenen seltsamen Humor, der sich durch seinen auf einen recht eng begrenzten Horizont seines Alter Ego auszeichnet. Dazwischen zeigte er sich "panikartig entspannt" und "immer wieder durchschnaufend, denn Atmen geht immer", so seine Devise.

Man darf eben nicht alles glauben, was man denkt

Er plauderte über die Anfänge der 1980er Jahre, als 1989 noch weit entfernt war, ließ auf die sanfte Tour aktuelles politisches Weltgeschehen in seinen Auftritt einfließen und war überzeugt davon, dass der Ball flachgehalten werden muss, auch wenn "unter Erdodings Freilandhühner nach Käfighaltung schreien". Man darf eben nicht alles glauben, was man denkt.

Dass er in seiner Schulzeit von Geld, einem Karibikurlaub, Frauen und einem Ferrari geträumt hat, daraus machte er keinen Hehl. Heute resümiert er, das Geld das Wichtigste im Leben sei und das dies auch so stimme.

Millers Bühnenfigur zeichnete sich dadurch aus, dass er durch seine Präsenz, von der lediglich die Wasserflasche hätte ablenken können, mit Mimik und Gesten untermauerte, denen er kleine gedankliche Pausen ebenso erlaubte wie meckerndes Lachen zwischen Wortverdrehungen und vergessenen Pointen, bei dem das Gelächter des Publikums und Zwischenapplaus die Monologe nicht wirklich unterbrachen.

Schluss war erst, nachdem er einige seiner Programmpunkte erklärt hatte, die größtenteils der Fußballwelt entstammen, so auch die titelgebende Aussage eines Fußballers "Ein Sieg muss her, alles andere ist primär".

Das Publikum bedankte sich nach Zugaben – selbstverständlich im Sitzen – mit viel Applaus.