Das Cristin Claas Trio in der Alten Seminarturnhalle: Beim "Puffjacken"-Blues legt Pianist Christoph Reuter (links) eine Reißverschluss-Percussion hin. Foto: Martin Bernklau Foto: Schwarzwälder-Bote

Cristin Claas verzaubert in der Alten Seminarturnhalle mit ihrem Gesang und einem Jazz ganz eigener Art

Von Martin Bernklau

Nagold. Da hat der Zufall eine ganz außergewöhnliche Stimme nach Nagold geweht. Die Programm-Macher hatten Cristin Claas auf der Freiburger Kleinkunstbörse entdeckt. Weil die in Berlin wohnende Songpoetin Verwandtschaft in Ebhausen hat, ließ sie sich nach Nagold locken. Das Cristin Claas Trio trat vor den ganz gut besetzten Bistrotischen in der Alten Seminarturnhalle auf.

Jazz ist ja nur ein Wort. Sie sind alle drei darin ausgebildet. Der studierte Jazz-Pianist, Keyboarder, Percussionist und Komponist Christoph Reuter tourt auch mit Eckart von Hirschhausen. Er ist der Comedian im Trio, Cristin Claas natürlich die Seele und die Stimme, die Elfe und die Fee, auch mit ihren Texten in Deutsch, Englisch und ihrer ganz speziellen Fantasiesprache. Stephan Bormann, der zurückhaltende Virtuose auf seinen vier Gitarren, hat in Dresden eine Professur.

Was Cristin Claas seit inzwischen 13 Jahren (und mindestens sechs CDs) mit ihren beiden Begleitern in den Clubs und auf den Bühnen quer durch Europa macht, bindet über Jazz-Mustern auch Elemente von Pop und Singer-Songwriter, von Ethno, Blues, von Ballade, Chanson und Kunstlied mit ein. Nicht nur mit den rezitativisch, wie Liturgie im katholischen Hochamt gesungenen Ansagen hat der Auftritt des Cristin Claas Trios eine ganz eigene Aura. Die Texte – zart, dezent, poetisch verträumt, manchmal meditativ, fast spirituell in den Bildern, der Stimmung, den Gedanken – kreisen meist um innere Welten. Und dann ist da diese Stimme.

Sie kann sich eher tief und dunkel färben, etwas kehlig Souliges bekommen oder hoch droben schweben, sogar näseln und kieksen, fast laut werden und hauchend fast im Nichts verschwinden. Es ist aber immer diese eine unverwechselbare Stimme der Cristin Claas, die damals und bis heute ihre Mitspieler so faszinierte. Ein bisschen Solo dürfen sie fast in jedem Stück vorführen, gegen Ende auch eine frisch ausgearbeitete Duo-Improvisation. Aber diese virtuosen Einlagen sind zurückhaltend, nicht von der Sorte, die das staunende Publikum mit Szenenapplaus bejubelt – wie das ganze Konzert.

Das ekstatische Element des Jazz hat das Cristin Claas Trio fast ganz gezähmt, zugunsten der Poesie. Und ein bisschen Spaß muss sein dabei, für den vor allem Christoph Reuter zuständig ist, manchmal in Form von ernsten Scherzen: etwa, wenn er auf einer Blumenvase oder mit dem Reißverschluss seiner "Puffjacke" Percussion macht oder eine schräge Variante des Volkslieds von den zwei Hasen ("Zwischen Berg und tiefem, tiefem Tal...") als Kurzoper in drei Akten vorstellt.

Die Stimme von Cristin Claas singt von melancholischen Traumwelten der Liebe ("Hier bist du nicht"), von fernen Welten über kubanischen Salsa-Rhythmen oder vom Heimweh nach Namibia, wo andere Angehörige von ihr leben. Das wird dann zu einer zarten Hymne an einen "peaceful place" und "joyful people" und endet wie ein Wiegenlied.

Die Zuhörer brauchten eine Weile, bis sie mit dieser ganz eigenen Melange von Jazz, Weltmusik und Chanson richtig warm geworden waren, die nichts Mitreißendes haben will. Doch dann wollten sie Cristin Claas kaum mehr gehen lassen nach dem programmatischen Lied "Pay for my words". Die beiden Zugaben markierten zwei weitere Varianten dieses besonderen Jazz. Da war das "Heideröslein", und da war eines dieser zauberhaft zerbrechlichen und tiefgründigen Chansons mit dem Titel "Believe".