Jürgen Sieber, Thomas Brenner und Jochen Hausch (von links) schwelgen in WM-Erinnerungen. Die Fotos links zeigen den Final-Becher und Jochen Hausch am Strand in Brasilien. Foto: Hausch/ Brenner/ Sieber/ Ließmann

Jürgen Sieber, Jochen Hausch und Thomas Brenner aus Nagold waren während der gesamten WM in Südamerika.

Nagold - "Vai, vai, vai!" – dieser portugiesische Schlachtruf, der so viel bedeutet, wie "Los! Mach schon! Lauf!", klingt ihnen immer noch in den Ohren. Doch jener Ruf, der übrigens beim Endspiel ebenso der deutschen Nationalmannschaft im Spiel gegen Argentinien zuteil wurde, ist es nicht allein, der in den Herzen der drei gestandenen Männer zurückbleiben wird. Die Nagolder Fußballfans Jürgen Sieber, Jochen Hausch und Thomas Brenner blicken mit wehem Herzen auf eine ereignisreiche, euphorisierende Zeit zurück, die sie in Brasilien während der WM erleben durften. Fünf Wochen bereisten sie das Land des Sambas und unterstützten, je nach Ticketserie, die sie erstanden hatten, teilweise auch andere Länder-Teams. Am Ende waren sie es aber, die voller Inbrunst rufen durften: "Somos campeões do mundo!" – will heißen: "Wir sind Weltmeister!"

Wieder zurück im heimeligen Schwarzwald, versammeln sie sich in Jochen Hauschs Wohnung, um noch einmal alles Revue passieren zu lassen. Es kommt ihnen alles irgendwie unwirklich vor, als ob sie einen wunderbaren Traum erlebt hätten. Glücklicherweise gibt es in der schwäbischen Heimat etliche Familienmitglieder, Freunde, Kollegen und Journalisten, die sehr interessiert sind an dem, was die drei Fußballfreunde in Brasilien erlebt haben. Auf letztere Sorte sind sie bereits im größten Land Südamerikas zuhauf gestoßen. So wurde Jürgen Siebers und Thomas Brenners Reisegruppe beispielsweise von zwei Moderatoren des Senders SPORT 1 begleitet. Jürgen Sieber stand ferner einem kolumbianischen Fernsehsender Rede und Antwort, berichtet er schmunzelnd. Jochen Hausch wurde unter anderem vom brasilianischen Fernsehen befragt und überdies suchte ihn das ZDF als Gesprächspartner.

Sprachbarrieren gab es keine

Grundsätzlich, da sind sich die drei Fußballbegeisterten einig, nahm man sie in Brasilien mit offenen Armen auf. Jochen Hausch, der mit zwei Freunden in seiner eigenen kleinen Reisegruppe unterwegs war, nutzte die Reise, um Freunde in São Paulo und Belo Horizonte zu besuchen. Bei ihnen durften sie nicht nur übernachten, man organisierte sogar eigens ein Fest für sie. Sprachbarrieren gab es keine. "Entweder haben wir Englisch, ein wenig Portugiesisch, etwas Deutsch oder mit Händen und Füßen gesprochen. Das hat super funktioniert", lacht er. Zu den besten Fans vor Ort, außer den Deutschen versteht sich, kürt das Nagolder Rund ohne Nachzudenken die Kolumbianer. "Das ist ein tolles, fröhliches Volk! Die sind einfach auf einen zugegangen".

Da Jochen Hausch sich mit seinen Freunden zu verschiedenen Kartenphasen der FIFA beworben hatte, kam die Dreiergruppe obendrein in den Genuss, Spiele anderer Länder anzuschauen. 18 Flüge hat er insgesamt absolviert, davon 12 Inlandsflüge; das sind etwa 35 000 Kilometer. Jürgen Sieber, der seiner deutschen Mannschaft folgte, brachte es auf immerhin neun Inlandsflüge und schätzungsweise ähnlich viele Kilometer. Thomas Brenner, der vor allem Einzelkarten besaß und Siebers Reisegruppe angehörte, musste manchmal gar im Gastgeberland für eine Karte anstehen. Einmal wurde der Fußballfan – der mit immerhin fünf Inlandsflügen und zwei 800 Kilometer-Inlandsreisen mit dem Bus so einiges auf sich nahm, um das deutsche Team anzufeuern – vom Glück geküsst. Denn Jochen Hausch hatte zufälligerweise eine Karte für das Halbfinalspiel zwischen Deutschland und Brasilien übrig. Das war letzten Endes auch das Spiel, dass Brenner am meisten beeindruckte. "Da hat einfach alles gestimmt. Die Busfahrt mit einem genialen Busfahrer, die Fahrt dorthin durch wunderschöne Landschaften und dann das Spiel mit diesem traumhaften Ergebnis!" Apropos – ein Brasilianer stellte nach dem Spiel verblüfft fest, dass Thomas Brenner einen Hut trug, auf dem genau sieben Fußbälle festgemacht sind. Als ob er das Ergebnis geahnt hätte. Sollte Nagold womöglich im Besitz eines echten WM-Orakels sein?

Neben den vielen Fans verschiedenster Nationen begegnete man so mancher Berühmtheit. Jürgen Sieber etwa traf bei seiner Fußball-Rundreise im Hotel Deville in Salvador auf das holländische Nationalteam. "Das hat die überhaupt nicht gestört, mit anderen Gästen untergekommen zu sein", berichtet er mit leuchtenden Augen. Ganz nahe kam er zudem Jogis Jungs samt ihrem Jogi. Keine drei Meter trennten ihn auf dem Flughafen in Salvador, nach dem Portugal-Match, vom späteren Fußball-Weltmeister. Darüber hinaus ließen sich der ehemalige Stuttgarter Spieler Cacau und Christoph Daum mit ihm fotografieren.

Von den Unruhen wiederum spürten alle nichts. "Vermutlich wurden die mehr oder weniger radikal im Keim erstickt", ahnt Hausch. Dafür ging es im Stadion von Rio beim Finalspiel etwas ruppiger zur Sache. Nicht, dass die Brasilianer einen Kieker auf die deutschen Fans gehabt hätten; vielmehr waren es die argentinischen Fußballbegeisterten, die die Gastgeber mit dem Anzeigen der Zahlen 7 und 1 unentwegt reizten. Ansonsten, so betonen die drei Nagolder schwärmend, sei alles wunderbar gelaufen. Die Anbindungen waren problemlos, das Essen wunderbar, reichhaltig und kostengünstig und selbst an das Klima habe man sich mit der Zeit gewöhnt. Wobei die ersten drei Spiele unter besonders schwülheißen Bedingungen stattfanden. Doch das nimmt man als waschechter Fan gerne auf sich.

Jürgen Sieber gibt zur Opferbereitschaft sogleich das Zitat eines Mitreisenden zum Besten: "Davon erzähl ich in 40 Jahren noch meinem Pfleger." Übereinstimmendes Lachen. Keiner der Drei, die sich immer wieder in den Austragungsorten vor den Spielen getroffen haben, möchte diese Zeit missen. "Wir haben das brasilianische Leben genossen, viele tolle Leute kennengelernt, neue Freunde gefunden und sind darüber hinaus Weltmeister geworden. Das ist irgendwas zwischen unbeschreiblich und intergalaktisch. Mehr geht nicht", bringt es Hausch auf den Punkt.