In der Alten Seminarturnhalle war mit HG. Butzko der aktuelle Träger des Bayerischen Kabarettpreises zu Gast Foto: M. Bernklau Foto: Schwarzwälder-Bote

Kabarett: Mit seinem Soloprogramm "Wie blöd kann man sein?" gastierte HG. Butzko in der Seminarturnhalle

Nagold. Das Wort "Gehirnwäsche" hat ja keinen so besonders freundlichen Klang. Aber genau besehen beabsichtigt HG. Butzko nichts anderes: bei seinem Publikum ein bisschen putzen, ein wenig durchfegen, waschen und saubermachen in den mehr oder minder zugemüllten Oberstübchen. Damit findet er Zuspruch, seit 1997 nun schon als Solokabarettist, aber auch als Autor. Den Deutschen Kleinkunstpreis hat der gebürtige Gelsenkirchener 2014 abgeräumt und ist amtierender Hauptträger des Bayerischen Kabarettpreises.

HG. (Hans-Günter) Butzko wohnt im Berliner Problembezirk Neukölln. Für seine Bühnenfigur hat er seinen angestammten Ruhrpott-Slang vielleicht ergänzt durch eine Berliner Schnauze, die zwischendurch ganz schön schnöselig, manchmal sogar ein bisschen arrogant von oben herab rüber, nein: runterkommen kann.

Butzko setzt (fast) vollkommen aufs gesprochene Wort. Keine Musik, keine Reime, keine Requisiten außer dem Steh- und Anlehn-Tischchen mit dem Wasserglas. Das prollig schlichte Outfit: zerschlissene Jeans, T-Shirt und eine Schiebermütze über der Glatze.

Ein bisschen Trump muss sein, am Anfang. Aber hauptsächlich in zwei Stoßrichtungen zielt sein absichtsvoll schmuckloses Reden dann, zwei klassische Themen des aufklärerischen Kabaretts. Unverhohlen linke, gerade gegen die neoliberale Schröder-Agenda gerichtete Sozialkritik, wie sie sich die Satiriker auf den Bühnen ganz lange allenfalls leise und versteckt leisteten, ist das eine Sujet – mit fast nüchternen Zahlen, Fakten, Vergleichen.

Das andere ist eine oft ziemlich rüde rausgerotzte Religionskritik, die sich zwar aktuell am islamistisch-dschihadistischen Terrorspuk entzündet, aber gleichermaßen scharf auch auf die anderen büchergläubigen Religionen zielt: einerlei ob Evangelikale, Protestanten, Katholiken, indirekt – durch Vergleich "mit dem Grundgesetz nicht vereinbarer" Passagen des Alten Testaments mit dem Koran, aber auch das Judentum.

Da allerdings empört sich Butzko andererseits auch über "Juden ins Gas!"-Rufe muslimischer Demonstranten, bei denen deutsche Polizisten weggesehen und weggehört hätten – "gerade mal 70 Jahre danach".

Verschonen vor dem Glaubenswahn

Aber das, macht er klar, hat nichts mit dem Glauben der Juden zu tun, sondern mit dem rassischen wie religiösen Vernichtungswillen, der Nazis und Islamisten verbindet. Der Buddhismus allenfalls bleibt verschont von Butzkos gottlosem Zorn, weil er sich von der asiatischen Nirvana-Weltflucht nicht behelligt fühlt in seiner Freiheit zu seinem atheistischen Glauben. Und zu seiner Glatze, für die er mal, als "mein Bekenntnis", die Glaubensfreiheit der Minderheit gegen die Mehrheits-Religion all der Frisurenträger reklamiert.

HG. Butzko ist ein Kabarettist, der in seinem leisen aufklärerischen Zorn auf vieles weitgehend verzichtet, was fürs Kabarett sonst eigentlich wichtig ist. Pointen oder gar Gags, fein gedrechselten Wortwitz, hintergründige Spitzen, geistreiche Bilder gibt es kaum, nur manchmal sarkastische Übertreibung. Er setzt auf pure polemische Vernunft, die manchmal eine Spur belehrend und dann vielleicht auch etwas ermüdend wirkt.

Auch wenn da wenig Szenenapplaus kommt, lauthals juchzendes Lachen eher seltene Ausnahme ist, so spart das Publikum am Ende der beiden Teile – von denen der zweite etwas mehr Kraft und Tempo hatte – doch nicht mit langem Beifall, ja einigen Bravorufen.

Mit seiner Zugabe führt Butzko überraschenderweise eine echte Kunstfigur ein. Er setzt sich eine zottelige Perücke auf und lässt eine Art prolligen "Hey-Alter"-Punk noch einmal die verschiedenen religiösen Überzeugungen und Glaubenssätze auseinandernehmen – mit totaler Diesseitigkeit. Er will an Kopf und Körper verschont bleiben von dem ganzen Glaubenswahn.