Nach 26 Jahren kommunalpolitischem Dienst lässt es Ulrich Mansfeld nun etwas ruhiger angehen. Foto: Hofmann

Nagolder Urgestein verlässt Politik. Gabriele Gerharz rückt nach. FDP-Politiker freut sich über weibliche Nachfolge.

Nagold - Sie werden ihn vermissen. Das steht fest. Obwohl es sicher nicht immer bequem war, was Ulrich Mansfeld im Nagolder Gemeinderat ansprach. Aber es war durchdacht. Immer ehrlich – authentisch, wie es so schön heißt. Am Dienstag hat der FDP-Rat seine letzte Sitzung.

Es war das Jahr 1989: Deutschland steuert auf die Wende zu. Ein historisches Jahr, indem sich die Ereignisse überschlugen. Und es war das Jahr, in dem der Nagolder Kinderarzt Ulrich Mansfeld damit begann, sich im Gemeinderat der Stadt zu engagieren. Für die FDP war er zur Wahl angetreten. Mitglied der Liberalen war er damals aber noch nicht. Mit ihm zog nach Hans Karl Joß 1989 ein zweiter FDP-Rat ins Gremium ein. Danach erlebte auch Nagold eine politische Revolution. Im Kleinen freilich, aber dennoch ziemlich einmalig: Im neu gewählten Gemeinderat gingen die zwei FDP-Räte mit der Grünen Renate Schlögel eine Fraktionsgemeinschaft ein. Was in der Politik auch heute noch kaum praktikabel scheint, funktionierte in Nagold gut. Bis zum Jahr 2014, als erstmals auch die Grünen mit drei Räten eine eigene Fraktion bilden konnten.

Die Fraktionsgemeinschaft mit den Grünen hat Mansfeld als Bereicherung empfunden, nicht nur für sich, auch für den ganzen Gemeinderat. Im konservativ geprägten Nagolder Gemeinderat sei die Fraktion eine "wichtige Stellschraube" gewesen. "Wir haben immer wieder kritische Stimmen eingebracht, um den im Gemeinderat vorherrschenden deutlich konservativen Mainstream etwas aufzuweichen", sagt Mansfeld.

"Eine weitere Frau, das tut dem Gremium gut"

Dienstag also, so gegen 18.30 Uhr, tritt er von der kommunalpolitischen Bühne ab. Ulrich Mansfeld, der große Mahner des Nagolder Gemeinderats. Vor allem bei sozialen Themen gab er immer wieder wichtige Impulse. Er war mitunter fast so etwas wie das soziale Gewissen des Gremiums.

26 Jahre lang war er als Gemeinderat für diese Stadt aktiv. Nun will er es kommunalpolitisch ruhiger angehen. Die Familie sei ein wichtiger Aspekt. Mansfeld kam vor 40 Jahren als Kinderarzt in die Stadt, war auch beruflich rund um die Uhr gefordert. Nun will er der Familie mehr Zeit widmen – vor allem auch den fünf Enkelkindern. Und ehrenamtlich engagiert bleibt er natürlich auch. Vor acht Jahren hob Mansfeld mit vielen Mitstreitern sein gesellschaftspolitisches Kind aus der Taufe, das noch viele Generationen lang das soziale Leben in dieser Stadt mitprägen kann: die Urschelstiftung, Nagolds Bürgerstiftung. Ulrich Mansfeld steckt als Sprecher der Stiftung viel Zeit und Engagement in das Projekt. Und das will er auch weiter so halten. Nebenbei dann auch noch die Aufgaben eines Gemeinderats wahrzunehmen, fiel ihm zuletzt immer schwerer – "das will und kann ich nicht mehr."

Gabriele Gerharz wird nun für Ulrich Mansfeld in das Gremium nachrücken. "Eine weitere Frau, das tut dem Gremium gut", freut sich der FDP-Rat. Und natürlich wird der Gemeinderat dadurch auch verjüngt. Ulrich Mansfeld war mit seinen 74 Jahren nämlich auch der Älteste im Lokalpolitiker-Rund.

Drei Oberbürgermeister, die Landesgartenschau, die Nagolder Stadtentwicklung – keine Frage, als Mitglied des Gemeinderats hat er viel erlebt und auch mit bewegt. Dennoch war es weniger die Hardware, die ihn an der Lokalpolitik interessiert hat. Es war mehr die Software, die sozialen Aspekte des Zusammenlebens in dieser Stadt, die Bildungsthemen und auch das Engagement für die Kultur.

"Die Dominanz des Handels ist deutlich", analysiert der Mediziner den Nagolder Gemeinderat. Das heiße nicht, dass das schlecht sei. Wegen dieser Dominanz des Handels herrsche im Gremium oft eine pragmatische Denkweise vor. Und auch die Nähe des Gemeinderats zur Verwaltung, dieses "Wir-Gefühl", sieht er kritisch. Mansfeld: "Da ist dann schon die Gefahr, dass vor lauter Hardware die Software auf der Strecke bleibt." Doch die Streitkultur im Gremium ist gut. "Strittige Themen können in einem sehr anständigen Klima besprochen werden", lobt der Senior des Gemeinderats.

Als Arzt will Mansfeld immer zum Heilungsprozess beitragen – etwas verändern und verbessern. Das war auch stets sein Antrieb als Gemeinderat. Und es wird auch sein Antrieb bleiben für sein weiteres Bürgerengagement. Vor allem in der Urschelstiftung, aber sicher nicht nur.