Per Georadar untersuchte Martin Waldhör von der Firma Terrana Geophysik im Sommer den Turniergarten der Burgruine Hohennagold. Jetzt wurden die Ergebnisse vorgestellt. Foto: Hofmann

Archäologen präsentieren in Nagold Ergebnisse ihrer Forschung. Spuren verweisen auf ein keltisches Machtzentrum auf dem Schlossberg.

Nagold - Es ist ein weiteres Puzzleteil. Und es passt perfekt. Das Bild von Nagold in der Keltenzeit zeichnet sich immer deutlicher ab. Archäologe Günther Wieland: "Wir müssen uns den Schlossberg als keltischen Fürstensitz vorstellen."

Nagold ein keltischer Fürstensitz? So ganz neu ist das nicht. Der Krautbühl wird in Nagold ja schon lange als Fürstengrab gesehen. Doch Archäologen und Historiker waren in ihrer Wortwahl mitunter vorsichtig. Vom "lokalen Machthaber" war da die Rede. Ein keltischer Fürst? Kann sein, doch Gewissheit sieht anders aus.

Das hängt freilich auch mit dem Forschungsstand zusammen. Die Kelten in Nagold, ja eigentlich im gesamten Nordschwarzwald, das war über viele Jahre ein offensichtlich nur schlecht erforschtes Feld. Die Keltenforschung hatte andere Zentren im Visier, der Ipf, die Heuneburg, Hochdorf bei Ludwigsburg. Der Schlossberg in Neuenbürg, der Rudersberg in Calw und eben auch der Schlossberg in Nagold gerieten erst in den jüngsten Jahren wieder in den Blickpunkt des Interesses – der Keltenkenner Günther Wieland von der Denkmalpflege Baden-Württemberg ist da sicher nicht ganz unschuldig dran.

In Nagold begann alles mit der umfangreichen geophysikalischen Untersuchung des Krautbühls, dem Fürstengrabhügel im Tal an der Nagold. Mit einer Untersuchung, wie sie die moderne Archäologie liebt – also ohne Ausgrabungen und damit immer einhergehenden Zerstörungen des Denkmals – wiesen die Wissenschaftler damals nach, dass die Grabkammer im Krautbühl unberührt ist. Ein nicht geplündertes Keltengrab – in heutiger Zeit ist das eine Sensation.

In Nagold befasste man sich fortan weiter intensiv mit der Vorgeschichte dieser Stadt. Es gab Grabungen – zum Beispiel im Rötenbad, aber auch im Jahr 2005 etwa auf halber Höhe des Schlossbergs–, Ausstellungen, Vorträge und weitere Untersuchungen.

Das Thema Kelten begann in Nagold zu boomen – das Keltenfest ist das schönste Beispiel dafür.

Und jüngst gab es eine weitere geophysikalische Untersuchung: Im Sommer ging es daran per Georadar einen großen Teil des Turniergartens auf dem Schlossberg zu untersuchen. Man suchte nicht blindlings irgendwo: In den 30er-Jahren gab es an jener Stelle bereits eine kleinere Grabung, bei der Reste einer – wahrscheinlich, muss man noch immer sagen – keltischen Wehrmauer gefunden wurden. Und eben jene Mauer und deren Verlauf, hoffte man nun mit modernen geophysikalischen Methoden lokalisieren zu können.

Einige Wochen später stellten nun Günther Wieland und der Geologe Martin Waldhör von Terrana Geophysik das Ergebnis vor – im Sparkassensaal in Nagold. Denn auch das ist eine Nagolder Besonderheit beim Keltenthema: Dank des unermüdlichen Einsatzes des ehemaligen Nagolder Sparkassenchefs Hans-Dieter Maiwald werden Untersuchungen auch immer wieder gesponsert. Forschungen, die mit den bekanntlich doch eher schmalen Mitteln der Landesdenkmalpflege sonst nicht getätigt werden könnten. Und das Ergebnis ist eindeutig: Die Mauerreste sind wie bereits bei der Grabung 1938 nun auch auf dem Georadar wieder sichtbar, dann verliert sich die Mauer in der Tiefe. Doch deutlich ist zu entdecken, dass entlang des Mauerverlaufs große Aufschüttungen getätigt wurden – wahrscheinlich im späten Mittelalter wurde der Turniergarten eingeebnet und die steinerne Wehrmauer wie man sie heute kennt errichtet. Das verfüllte Material zwischen der keltischen Mauer und der mittelalterlichen Wehrmauer ist per Georadar äußerst gut sichtbar.

Zurück zum Puzzle: Der wahrscheinliche Verlauf der keltischen Mauer, die vielen gefundenen keltischen Scherben der vergangenen Jahrzehnte, die vorgeschichtlichen Siedlungsspuren – nicht nur auf dem Schlossberg sondern auch im Tal, und nicht zuletzt das Wissen und der Vergleich mit anderen Fürstensitzen: All das zusammen ergibt das Bild eines mächtigen Keltenherrschers, der da einst auf dem Schlossberg regiert haben muss. Die größte Siedlung hat sich ebenfalls auf dem Schlossberg befunden. Von mehreren hundert Häusern auf den Schlossbergterrassen geht Günther Wieland aus. Ein Fürstensitz, keine Frage.

Es bedarf nochweiterer Untersuchungen

Dabei hat Wieland nicht nur den Nagolder Schlossberg im Visier. Auch die keltischen Festungen und Siedlungen in Neuenbürg und auf dem Calwer Rudersberg kennt und erforscht er. Hinzu kommen Forschungen auf dem Battert. Vor allem die sehr hochwertigen Keramikfunde in Nagold sind für Wieland ein deutliches Zeichen, dass der Nagolder Schlossberg ein wichtiges Zentrum gewesen sein muss, größer und mächtiger als zum Beispiel der Rudersberg.

Dennoch: Es schwingt noch viel Vorsicht mit in den Aussagen Wielands. Es bedarf einfach weiterer Untersuchungen. Schließlich hat man auf dem Schlossberg auch noch ältere Spuren entdeckt. Bereits zur Bronzezeit, ab etwa 1200 vor Christus, könnte dort oben eine erste frühe Wehranlage gestanden haben. Grabungen könnten weiteres Licht ins Dunkel bringen – im Übrigen für alle Epochen, in denen der Schlossberg besiedelt war.

Günther Wieland hat denn auch ein Ziel vor Augen: Die Untersuchung des Nagolder Schlossbergs soll Teil eines internationalen Forschungsprojekts werden. Zusammen mit Kollegen aus Straßburg will man keltische Höhensiedlungen im Schwarzwald und in den Vogesen erforschen und vergleichen. Neuenbürg, der Rudersberg in Calw, der Battert bei Baden-Baden und der Nagolder Schlossberg sollen dann als vorgeschichtliche Höhensiedlungen am Rande des Schwarzwalds erforscht werden. Bis April will man den Antrag gestellt haben, Ende des nächsten Jahres steht dann fest, ob das Forschungsprojekt die benötigten Gelder bewilligt bekommt. Mit Grabungen könnten dann auch weitere archäologische Beweis erbracht werden. Denn Nagolds Kelten-Puzzle hat noch viel zu viele Löcher.