Der 16-jährige Jakob hat bereits gewählt. Foto: Rousek Foto: Schwarzwälder-Bote

Politik: Youz macht erstmals bei Initiative "U 18-Bundestagswahl" mit / Gemischte Reaktion

Politik ist nur was für Erwachsene? Nicht im Youz. Ebenso wie in 1621 weiteren "Wahllokalen" in Deutschland bestand im Jugendhaus die Möglichkeit für Unter-18-Jährige, ihr Kreuzchen für die Bundestagswahl zu setzen. Wenn auch ohne direkten politischen Einfluss.

Nagold. Die Initiative "U18" des Deutschen Bundesjugendrings gibt es schon seit 1996. Damals angefangen mit einem einzigen Wahllokal in Berlin, wurde das Interesse an der fiktiven Abstimmung über die Jahre immer größer. Bei der Bundestagswahl 2013 gaben mehr als 200 000 Kinder und Jugendliche ihre Stimme ab.

Aber nicht nur bei Bundestagswahlen, sondern auch bei Landtagswahlen, Europawahlen und sogar kommunalen Wahlen können alle möglichen Vereine oder Einrichtungen, in denen Jugendliche verkehren, zum Wahllokal werden. Alle Unter-18-Jährigen – unabhängig von ihrer Nationalität – können in den Wahllokalen ihre Stimme abgeben. Und sich dadurch mit der Politik auseinandersetzen, auch wenn ihre Stimme bei dieser Wahl noch keinen Einfluss auf den Bundestag hat. Genau das ist auch das Ziel der Initiative des Deutschen Bundesjugendrings: Kinder und Jugendliche sollen sich mit den Themen beschäftigen, miteinander ins Gespräch kommen und Interesse an Politik entwickeln.

Das Youz machte dieses Jahr zum ersten Mal bei der Initiative mit. "Wir haben ja nichts zu verlieren, wenn wir mitmachen", meinte Jugendhaus-Leiter Michael Ohngemach. Normalerweise haben die Wahllokale nur am Freitag, neun Tage vor der Wahl, geöffnet. Im Nagolder Jugendhaus konnten die Minderjährigen die ganze Woche über abstimmen. "Das ist ganz niedrigschwellige, politische Bildung. Bei der nächsten Wahl sind die meisten 18 Jahre alt und können wählen", erklärte er. "Ich bin gespannt, wie ernst sie das nehmen."

Damit sich die Jugendlichen vor ihrer Wahl informieren konnten, hat Ohngemach an der Wand im Aufenthaltsraum des Jugendhauses Zusammenfassungen der Standpunkte der größeren Parteien aufgehängt. Direkt neben der Wahlkabine lag ein Tablet, auf dem die Jugendlichen den Wahl-O-Mat nutzen konnten. Die Kurzprogramme sowie Wahlzettel und Wahlkabine stellt der Bundesjugendring zur Verfügung. Lediglich von der AfD fand sich kein Standpunkt auf den Plakaten. Die Partei habe weder auf die Anfrage, noch auf spätere Nachfrage reagiert, ist auf der Homepage der "U18"-Initiative zu lesen.

Nur ein Schulterzucken als Antwort

Die "U18"-Bundestagswahl kam bei den Besuchern des Youz gemischt an. "Ich habe niedrige Erwartungen", gab Ohngemach zu. Viele, die ins Jugendhaus kommen, wollen einfach entspannen und sich nicht mit Politik befassen, meinte er. Allerdings habe die Zellerschule angekündigt, dass einige Klassen per Briefwahl mitmachen werden. "Eine Handvoll Leute haben schon ihre Stimme abgegeben", sagte der Jugendhaus-Leiter wenige Stunden, nachdem das Youz als Wahllokal geöffnet hatte. "Aber manche können damit auch gar nichts anfangen."

So wie der 16-jährige Thomas, der gar nicht daran denkt, sich mit Politik zu beschäftigen. Geschweige denn, irgendwo ein Kreuz zu setzen. "Interessiert mich nicht", meinte er knapp. Auch wenn er volljährig ist, hat er nicht vor, zu irgendeiner Wahl zu gehen. Warum? Darauf hatte er nur ein Schulterzucken zur Antwort. Ganz anders der gleichaltrige Jakob, der schon gewählt hatte. "Ich finde es gut. Dann kann ich mal sehen, welche Ansichten andere in meinem Alter haben", meinte er. Der 16-Jährige interessiert sich auch in seinem Alltag für Politik, informiert sich regelmäßig im Internet oder über das Fernsehen. Für die Vorstellung eines Wahlrechts ab 16 Jahren konnte er sich auf Nachfrage dennoch nicht so richtig begeistern. "Man bekommt im Internet schnell ein falsches Bild und lässt sich davon mehr beeinflussen, als wenn man älter ist. Deshalb finde ich ab 18 besser", argumentierte er.

Ähnlich sah das auch Ohngemach. Einerseits sei es nicht in Ordnung, dass der Großteil der Wähler über 50 Jahre alt sei und damit über die Zukunft der jungen Generation bestimme. Andererseits: "Wenn es ein Wahlrecht ab 16 Jahren geben würde, müsste viel mehr Bildungsarbeit geleistet werden, vor allem an Schulen." Man lasse sich mit 16 eben noch leichter beeinflussen als mit 18 Jahren.

Um die jugendlichen Besucher "spielerisch" an politische Themen heranzuführen, sind im Youz regelmäßig Veranstaltungen, wie Diskussionsabende, beispielsweise zu "Fake News" oder über Rassismus. Aber auch darauf sind die Reaktionen gemischt – die meisten Jugendlichen wollen einfach ihre Ruhe haben.

Diese Woche waren Lorena Müllner von der Linken, Saskia Esken von der SPD, Lutz Hermann von der FDP, Bernd Gorenflo von den Grünen und Jonathan Frank von der Jungen Union im Youz, um über die Bundestagswahl zu sprechen. Diese Veranstaltung lief sehr gut, erzählte Ohngemach. Etwa 20 Jugendliche seien da gewesen. Das Gute: "Es herrscht hier eine weit gestreute politische Meinung und trotzdem sind alle cool miteinander", freute sich Ohngemach. Am Freitagabend ging es ans Auszählen der Stimmen. Die Ergebnisse für jeden Wahlkreis werden dann auf der Homepage u18.org veröffentlicht.