Der einstige Bundesliga-Schiedsrichter Knut Kircher gehört zu den Stars unter den Unparteiischen. Als Gast des SV Vollmaringen warb er um Schiri-Nachwuchs. Foto: Geisel Foto: Schwarzwälder-Bote

Vortrag: Schiedsrichter Knut Kircher wirbt für seine Zunft

Nagold-Vollmaringen. Ein gellender Pfiff ertönte, die Gespräche verstummten, alle Augen richteten sich auf Knut Kircher: Der Ex-Schiri gab einen Einblick in das Leben eines Schiedsrichters.

Entscheidungen waren das zentrale Thema seines Vortrags im Vollmaringer Sportheim. Wie trifft man sie und vor allem: Wie vermittelt man sie einem Spieler richtig? Knapp 30 Zuhörer waren gefesselt von Kirchers Geschichten aus der Praxis und seinen witzigen Kommentaren.

Beobachter und Coach in der ersten Bundesliga

Knut Kircher hat Spiele in der Bundesliga und für die Fifa gepfiffen. 2012 wurde er zum Schiedsrichter des Jahres gewählt. Im Mai 2016 beendete Kircher nach 15 Jahren in der Bundesliga mit Erreichen der Altersgrenze seine aktive Schiedsrichterlaufbahn. Noch heute ist er als Beobachter und Coach in der ersten Bundesliga aktiv. Da wundert es nicht, dass der Hailfinger einige Beispiele aus dem Fußball-Alltag parat hatte. An ihnen verdeutliche er, wie schwer es sein kann, eine Entscheidung zu treffen.

Schiedsrichter sein ist ein harter Job, wie schnell klar wurde, als Kircher die Anforderungen erklärte: "Die Schiedsrichter heutzutage müssen fit sein." Zwölf bis 14 Kilometer Laufstrecke lege ein Schiedsrichter pro Spiel zurück – mehr als viele Spieler. Hinzu komme die unglaubliche Lautstärke im Stadion. Untersuchungen hätten gezeigt, dass der Lärm dem Geräuschpegel eines startenden Düsenjets in 100 Metern Entfernung entspreche. Nicht zu vergessen sei auch die Sicht des Schiris: Die Zuschauer zu Hause sehen das Geschehen mit 26 Kameras, die Perspektive des Schiedsrichters werde in den seltensten Fällen im Fernsehen gezeigt.

Das Regelwerk hingegen sei sehr überschaubar, es umfasst nur 17 Regeln und davon kämen nur wenige im Spiel zum Einsatz, da sich einige mit dem Spielfeld oder dem Ball befassen. "Fußball ist einfach, deshalb quatscht ja jeder mit", kommentierte Kircher mit einem Lächeln.

Doch so einfach wie es klingt, ist es nicht: 250 bis 300 Entscheidungen treffe ein Schiedsrichter pro Spiel. 30 Prozent davon seien Schwarz-Weiß, 70 Prozent fielen in den Ermessensspielraum des Schiedsrichters. Ganz entscheidend sei deswegen, wie man die Entscheidung vermittle.

Bald zeigte sich auch in dieser kleinen Runde, wie schwierig manche Entscheidung sein kann. Knut Kircher zeigte mehrere Videos von Regelverstößen, manchmal aus vier verschiedenen Perspektiven gleichzeitig. Nicht einmal waren sich die Zuhörer einig, wo nun der Regelverstoß lag oder wie er hätte geahndet werden sollen. Hin und wieder startete sogar eine kleine Diskussion darüber. "Trotz Videobeweis wird es noch herrlich zu diskutieren geben im Fußball", meinte Kircher.

Sein Fazit zu seiner Zeit als Schiedsrichter fiel positiv aus: "Es hat sehr, sehr viel Spaß gemacht", betonte Kircher. "Jede Entscheidung macht dich reicher, sei mutig!" Er habe es nie bereut, den Schiedsrichterschein gemacht zu haben. Und mit seinem Vortrag konnte er vielleicht den ein oder anderen motivieren, selbst die Pfeife in die Hand zu nehmen.

So zumindest die Idee, aus der heraus der Vollmaringer Sportverein zu dieser Veranstaltung eingeladen hatte. Dem Verein mangelt es derzeit nämlich an Schiedsrichtern. Seit einem Jahr hat der SV deswegen mit Steffen Schmid einen Schiedsrichterbeauftragten im Ausschuss. Mit dem Vortrag von Knut Kircher hoffen die Sportler, neue Gesichter für die Tätigkeit gewinnen zu können, wie Vorsitzender Ulrich Schick und Fußballabteilungsleiter Daniel Alber erklärten.