Gut besucht war die Podiumsdiskussion im Zellerstift. Foto: Kirsch Foto: Schwarzwälder-Bote

Zum Zellerjahr in Nagold diskutieren Diakonie und Krankenpflegeförderverein auch kritische Fragen

Von Andreas Kirsch

Nagold. "Könnte ich mir in Zukunft einen Pflegedienst gut leisten? Würden sich meine Kinder dann um mich kümmern? Würde ich gerne mit einer Mitarbeiterin der Diakoniestation tauschen? Haben Pflegekräfte eine bessere Bezahlung verdient?" Diese und andere Fragestellungen zur "Häuslichen Krankenpflege" waren Thema bei der Podiumsdiskussion, die die Diakoniestation Nagold und der Krankenpflegeförderverein Nagold im Rahmen des Zellerjahres veranstalteten. Renommierte Vertreter aus Diakonie, Kirche, Politik und Gesundheitswesen waren dazu im Nagolder Zellerstift aufs Podium eingeladen.

Der Moderator der Diskussion, Reinhard Kafka von der Evangelischen Erwachsenenbildung Nordschwarzwald, schaffte durch seine pointierten Fragestellungen ein kontroverses jedoch gleichzeitig auch angenehmes Diskussionsklima. Langeweile kam somit bei dem Publikum nicht auf. Dafür sorgte bereits zu Beginn eine eindrucksvolle Bild-Präsentation aus 150 Jahren häuslicher Krankenpflege in Nagold.

Diakon Klaus Schmid, Geschäftsführer der Diakoniestation Nagold, lieferte mit einem Abriss der Meilensteine und jeweiligen Herausforderungen anschließend die Steilvorlage für die sich anschließende Diskussion. Darin kamen insbesondere die aktuellen und zukünftigen Problemlagen im ambulanten Pflegebereich zur Sprache.

So forderte etwa Johannes Kessler, Leiter Abteilung Gesundheit, Alter und Pflege beim Diakonischen Werk Württemberg, eine höhere gesellschaftliche Wertschätzung für die Pflege, um den künftigen demografischen Entwicklungen begegnen zu können. Hartmut Keller, Geschäftsführer AOK Nordschwarzwald, ermutigte im selben Atemzug, in der öffentlichen Diskussion den Pflegeberuf möglichst attraktiv für potentielle Nachwuchskräfte zu präsentieren.

Eigens aus Berlin eingeflogen war Saskia Esken, Mitglied des deutschen Bundestags (SPD). Sie hatte am Vormittag bereits in einer Pflegetour der Diakoniestation Nagold hospitiert und zeigte sich begeistert vom Engagement der Mitarbeitenden. Auch sie forderte vollen Respekt für die wichtige und herausfordernde Arbeit im ambulanten Pflegebereich.

Insbesondere die gegenwärtigen und zukünftigen Herausforderungen ambulanter diakonischer Pflege im ländlichen Raum zeigte Ralf Albrecht, Dekan in Nagold, auf und forderte eine verstärkte Berücksichtigung der dort spezifischen Problematiken, wie etwa den langen Wegezeiten oder dem drohenden Ärztemangel.

Martina Baumgartner, Krankenschwester und Qualitätsmanagementbeauftragte der Diakoniestation Nagold, ist seit 1986 in der Pflege tätig. Sie lieferte wertvolle Argumente aus der Perspektive der konkreten ambulanten Pflegepraxis und stellte wie ebenfalls Albrecht und Kessler fest, dass die Kostensätze der Kassen häufig dem realen und zu vergütenden Pflegeaufwand nicht gerecht werden und damit auch keine oder kaum Spielräume für diakonische Mehrarbeit am Krankenbett gegeben sind.

Konsens herrschte unter den Diskutierenden, dass eine Krankenpflege nach dem Motto "satt und sauber" niemand möchte: weder die Entscheidungsträger in Politik und auf Kostenträgerseite, noch die Patienten und ihre Angehörigen, noch die Mitarbeitenden und Träger der Diakonie- und Sozialstationen.

Obwohl Hartmut Keller sich optimistisch gab, trotz schwieriger Verhandlungen über die Finanzierung der Pflege, gemeinsam zu einer Lösung zu kommen, konnten an diesem Abend jedoch keine Lösungsansätze aufgezeigt werden: Denn allein dieses "satt und sauber" wird derzeit von den Kostenträgern finanziert. "Zu unserem Thema gibt es viele Fragen, aber keine schnellen und einfachen Antworten", befand Walter Großmann, der Vorsitzende des Nagolder Krankenpflegefördervereins, der durch den Abend führte.

"Schaffen an dem, was bleibt" – so lautet nach Gottlieb Heinrich Zeller, der die Häusliche Krankenpflege in Nagold initiiert hat, das Motto des diesjährigen Zellerjahres. Klar war am Ende der Podiumsdiskussion, dass im Bereich der ambulanten Pflege dieses Motto die zukünftige Parole bleiben wird und muss: für die Menschen, die konkret in der Pflege tätig sind, aber auch für diejenigen, die die Voraussetzungen dafür zu schaffen haben.