Martina Baumgartner (Mitte) unterstützt als gesetzliche Betreuerin drei Hilfsbedürftige. Martina Dotzauer (links) und Geschäftsführer Bernd Schlanderer von der Kreisdiakonie unterstützen sie in ihrer Arbeit. Foto: Bernklau Foto: Schwarzwälder-Bote

Als ehrenamtliche und richterlich bestellte Betreuerin erledigt Martina Baumgartner geschäftliche Angelegenheiten für Hilfsbedürftige

Von Sebastian Bernklau

Nagold. Sie übernimmt große Verantwortung. Organisiert neben dem eigenen das Leben von Menschen, die das – aus welchem Grund auch immer – nicht mehr selbst können. Von Menschen, die ihr bis dahin völlig fremd waren. Martina Baumgartner ist eine von gut 80 ehrenamtlichen gesetzlichen Betreuern im Kreis Calw.

Es gibt weit mehr als 1000 von ihnen im Kreis Calw. Menschen, die nicht mehr eigenständig geschäftstätig werden können und auch niemanden dafür bestimmt haben. Keinen haben, der Bankgeschäfte in ihrem Namen erledigt, keinen, der für sie zum Rathaus oder zum Sozialamt gehen kann – und die selbst dazu nicht mehr in der Lage sind. "Das können ganz unterschiedliche Menschen sein", erzählt Martina Dotzauer von der Kreisdiakonie. "Das können behinderte Menschen genauso sein wie psychisch oder körperlich Kranke und natürlich von Demenz Betroffene."

Wenn diese Menschen keine entsprechenden Vorkehrungen getroffen haben, keinen Menschen ihres Vertrauens dazu bestimmt haben, für sie Geschäfte zu tätigen und wenn es keine Familie gibt, die es übernehmen kann oder will, dann kommen die gesetzlichen Betreuer ins Spiel. Von denen gibt es welche, die das als Hauptberuf ausüben. Doch alle Betroffenen mit solchen hauptamtlichen Betreuern auszustatten, "ist schon aus finanziellen Gründen gar nicht möglich", weiß Bernd Schlanderer, Geschäftsführer der Kreisdiakonie. Deshalb setzen die Diakonie und der eigens gegründete Betreuungsverein der Diakonie auf Ehrenamtliche. Ehrenamtliche wie Martina Baumgartner.

"Eine Bekannte kam eines Tages auf mich zu und fragte mich, ob ich mir vorstellen könnte, eine gesetzliche Betreuung zu übernehmen", erzählt sie im Gespräch mit unserer Zeitung. "Meine spontane Antwort war: Nein." Die Verantwortung sei ihr doch erst einmal zu groß gewesen. Doch der Gedanke lässt sie nicht los. Sie informiert sich, überlegt und entschließt sich schließlich doch, ein Bewerbungsgespräch bei der Diakonie zu führen. Nicht nur dabei bekommt sie viele Informationen über die Aufgaben einer gesetzlichen Betreuerin, auch der Austausch mit anderen Ehrenamtlichen bringt ihr enorm viel. "Danach habe ich mir gesagt: Das schaffe ich auch."

Das ist inzwischen mehr als vier Jahre her. Inzwischen betreut Martina Baumgartner drei Menschen. Wie bei allen anderen Fällen auch, werden gesetzliche Betreuer nicht einfach so bestimmt. Zunächst einmal muss überhaupt bekannt sein, wer möglicherweise eine solche Betreuung braucht. "Da kommen die Anregungen etwa vom Sozialdienst im Krankenhaus, von aufmerksamen Nachbarn, Pflegediensten oder auch von den Familien der Betroffenen selbst", erzählt Martina Dotzauer.

Die Entscheidung, ob der Betroffene eine Betreuung braucht und wenn ja, in welchem Umfang, trifft der so genannte Betreuungsrichter – nach fachlicher Begutachtung und einem Gespräch mit dem Betroffenen. Selbst die Entscheidung, ob jemand die Betreuung übernimmt, wird nicht einfach so getroffen. Beide – Betreuer und Betroffener – müssen der Wahl nach einem Gespräch zustimmen.

Das war auch bei Martina Baumgartner so, die bei ihren "Kunden" die volle Bandbreite an Aufgaben erfüllt – vom Kontakt zum Sozialamt bis zum Kontakt zu Ärzten, die gegenüber den Betreuern von der Schweigepflicht entbunden sind. "Es ist schon so, dass man für diese Leute ihr Leben organisiert", sagt sie. "In diesen Beziehungen steckt dann schon ein hohes Maß an Verbindlichkeit. Der Kontakt wird automatisch sehr eng."

Der Respekt vor der Aufgabe war bei Martina Baumgartner anfangs schon groß, doch bald konnte sie feststellen: "Egal wo ich angerufen habe, ob beim Notariat, im Heim, bei Richtern, Krankenkassen oder dem Sozialamt, überall haben sich die Leute für meine Anliegen richtig viel Zeit genommen."

"Ich habe jederzeit die Möglichkeit, mir Hilfe zu holen"

Und wenn sie trotzdem noch Fragen hatte, unsicher war, hatte sie immer eine kompetente Anlaufstelle im Hintergrund: den Betreuungsverein, dessen Aufgabe es neben der Betreuung und der Information vor allem ist, die Betreuer zu schulen, sie zu begleiten und zu beraten – und auch neue zu gewinnen. "Da habe ich jederzeit die Möglichkeit, Hilfe zu holen", erzählt Martina Baumgartner. Etwa Aufklärung darüber, dass die Betreuerin trotz der umfangreichen Aufgaben auch mal nicht erreichbar sein und in den Urlaub gehen kann, versichert ist oder eine – wenn auch bescheidene – Aufwendungspauschale bekommt.

Auch wenn zwischen ihr und ihren betreuten Menschen immer eine gewisse Distanz bleibt, so merkt Martina Baumgartner inzwischen auch, dass sie und ihre Arbeit geschätzt werden, dass ihre Besuche sogar Freude auslösen. "Ja, man bekommt von den Menschen wirklich etwas zurück."

Weitere Informationen: über die gesetzliche Betreuung gibt es bei Martina Dotzauer von der Kreisdiakonie, Telefon 07452/869 072 12