Solistin Maria Solozobova wusste in der Nagolder Stadthalle nicht zu überzeugen. Foto: Kosowska-Németh Foto: Schwarzwälder-Bote

Klassik: Sinfoniekonzert in voll besetzter Stadthalle

Von Maria Kosowska-Németh

Nagold. Das traditionelle Sinfoniekonzert in der Nagolder Stadthalle gestaltete sich diesmal mehr als abwechslungsreich, obwohl auf dem Programm der Württembergischen Philharmonie unter der Leitung von Olivier Tardy "nur" zwei große Werke, Violinkonzert D-Dur von Ludwig van Beethoven mit der schweizerischen Solistin Maria Solozobova und die 4. Sinfonie d-Moll von Robert Schumann standen.

Trotz peitschenden Regens füllte sich die Stadthalle vollständig. Um die Konzertakustik zu optimieren, ließ der Stadtmusikdirektor Florian Hummel die schweren Vorhänge sowohl auf der Bühne als auch hinter den Rängen rechtzeitig entfernen. Verglichen mit dem bisherigen "Wattekokon" brachte diese Maßnahme eine erstaunlich klare Klangtransparenz, was sich bereits in der orchestralen Einleitung des Violinkonzerts bemerkbar machte.

Nach dessen Uraufführung (1806) tadelte der Wiener Kritiker Moser gerade an dieser Stelle "einen fortwährenden Tumult einiger Instrumente". Nichts dergleichen konnte man der Reutlinger Auffassung entnehmen, sie spielten höchst sensibel, klangpräzise und mit verblüffender dynamischer Vielfalt.

Blass, emotionsarm und planlos wirkend

Auf diesem wohlwollenden Hintergrund erschien die Solodarbietung von Solozobova jedoch wenig überzeugend und nicht unbedingt vorteilhaft. Trotz sicherem Auftreten und effektvoller Gestik bot die Geigerin an diesem Abend keine Meisterleistung und keine Höhepunkte, stattdessen präsentierte sie eine blasse, emotionsarme, sentimental unterfütterte und planlos wirkende Interpretation. Wäre der Funke übersprungen, hätte ihr das Publikum etliche Ungereimtheiten oder Patzer, auch in der halbherzig erklatschten Bachschen Zugabe, sicherlich nicht übel genommen.

Letztendlich verwandelte sich die ursprüngliche Vorfreude auf ein musikalisches Erlebnis in beklemmende Enttäuschung, die ein echter Musikkenner mit einem Wort "peinlich" zum Ausdruck brachte.

Umso mehr erfreuten sich dann die Zuhörer an der Schumannschen Sinfonie, dem Geburtstagsgeschenk für seine Frau Clara. Bereits im ersten Satz fielen breite, fein abgestufte Phrasierung, geschmackvolle Agogik und die faszinierende Motivwanderung zwischen einzelnen Gruppen auf.

Der französische Dirigent Tardy, als Soloflötist im Bayerischen Staatsorchester tätig, bewies neben der profunden Partiturkenntnis eine ausgeprägte, mit leichtfüßigem Temperament gepaarte künstlerische Reife, alles jenseits diktatorischer Ambitionen. Gerne folgten die Musiker seinen klaren Visionen und Anweisungen und bauten auf gemeinsamer organischer Wellenlänge dynamische Kontraste (bemerkenswert das hauchdünne, doch klangvolle Piano) und malerische Klangbilder mit erlesenen Soli (2. Satz), das Scherzo hingegen füllten sie mit den von agogischer Finesse durchtränkten elegant-emotionellen Spannungen.

Die exzellente Klangqualität der Württembergischen Philharmonie entfaltete sich in voller Blüte in dem Finale mit furioser Coda. Mehrmals wurde Tardy auf die Bühne zurückapplaudiert, auch Musiker erwiesen ihm ihre Annerkennung, indem sie trotz Aufforderung sitzen blieben. Ungeachtet der Publikumsreaktion ging der ungleiche musikalische Jahresauftakt mit der Ouvertüre zu "Figaros Hochzeit" zu Ende.