Das neue Zauberwort heißt "Metropol-Express" und nährt Nagolds Hoffnungen auf eine verlässliche Verbindung gen Stuttgart. Foto: Fritsch

Ausschuss gibt erneut Nutzen-Kosten-Untersuchung zur Schienenanbindung nach Stuttgart in Auftrag. Mit Kommentar

Nagold - "Eine lange Geschichte" geht in die nächste Runde. Der Verwaltungsausschuss des Nagolder Gemeinderates beschloss einstimmig, ein neues Gutachten zur Zugverbindung von Nagold nach Stuttgart in Auftrag zu geben. Wieder einmal.

Nachdem bereits mehrere Anläufe zur Schaffung einer umstiegsfreien und schnellen Zugverbindung in die Landeshauptstadt genommen wurden, geht es jetzt wieder einmal von vorne los. "Wir fangen wieder bei Stunde Null an", stellte Stadtrat Wolfgang Schäfer einigermaßen ernüchtert fest.

S-Bahn-Anbindung, "Interim" und sogar "Interim plus" sind passé. Das neue Zauberwort heißt "Metropol-Express" und nährt Nagolds Hoffnungen auf eine verlässliche Verbindung gen Stuttgart.

Aber nicht vor dem Jahr 2025. Denn nachdem die Räte dem Antrag auf ein neues "Gutachten zur Nutzen-Kosten-Untersuchung für eine direkte Schienenanbindung Nagolds über das Metropol-Express-Konzept" zustimmten, beschwor der Umweltbeauftragte der Stadt Nagold, Peter Widmann-Rau, die Stadträte: "Bitte kommunizieren sie nicht, dass der Zug demnächst fährt. Der Zielhorizont ist 2025."

"Das ist eine zentrale Frage für die gesamte Raumschaft"

Der Abstimmung ging eine rege Diskussion voraus. "Grundsätzlich", so Stadtrat Klaus Drissner, sei das Gutachten "ganz in unserem Interesse". Aber in den letzten Monaten und Jahren habe sich so viel in den Planungen von Verkehrsministerium und Bahn geändert. Er befürchtet, dass man jetzt ein neues Gutachten machen lasse, "und dann heißt es ›Ätschegäbele‹".

Dem widersprach Widmann-Rau. Der Metropol-Express, der stündlich von Schäbisch Hall über Stuttgart nach Freudenstadt fahren soll, sei die einzig sinnvolle Alternative, um die Region Stuttgart zu entlasten. Deshalb soll untersucht werden, ob sich eine "Flügelung", also Teilung, dieses Zuges in Eutingen oder Hochdorf in die Richtungen Nagold und Freudenstadt rechne.

Für Wolfgang Schäfer steht "außer Frage, dass wir das machen müssen". Dazu sei das Anliegen zu wichtig für die gesamte Raumschaft. Dennoch bestehe kein Anlass zur Euphorie. "Wir haben noch nicht mal ein Spätzle in der Hand", sieht er es als noch lange nicht ausgemacht an, dass dieses Konzept, selbst bei einem positiven Gutachten, auch wirklich umgesetzt werde. Wichtig sei es, auch die umliegenden Gemeinden miteinzubinden: "Wir können jeden Rückenwind brauchen." Man müsse aber aufpassen, dass nicht Forderungen aufkämen, die das ursprüngliche Ziel gefährdeten.

Dem stimmte auch Stadtrat Daniel Steinrode zu. Wichtig sei es, mit Nachdruck daran zu arbeiten. "Das ist eine zentrale Frage für die gesamte Raumschaft und wir dürfen andere Kommunen nicht vor den Kopf stoßen", sagte er. Wichtig sei es, dass die gesamte Raumschaft mit einer Stimme spreche.

Er regte auch an, die Gäubahn-Anliegergemeinden mit ins Boot zu nehmen, ein Ansinnen, dem der Umweltbeauftragte skeptisch gegenüber stand. "Das Interimskonzept ist tot. Es gibt keine gemeinsame Linie mehr zwischen der Gäubahn und uns." Die Thematik mit dem Metropol-Express tangiere diese Gemeinden eigentlich nicht. Es gehe vor allem um Nagold und das Nagoldtal.

Nicht ganz so skeptisch sah Finanzbürgermeister Hagen Breitling die Sache. "Das ist ein neuer Anlauf auf einer Basis, die wir uns erarbeitet haben", sagte er im Hinblick auf die vorangegangenen Untersuchungen für S-Bahn und Interimskonzept. Dennoch weiß auch er: "Das ist ein sehr dickes Brett, das wir bohren müssen."

Kommentar: Selber machen!

Von Bernd Mutschler

Hurra, ein neuer Anlauf. Nächster Halt Metropol-Express. Aber wer wirklich ernsthaft daran glaubt, dass Nagold jemals eine vernünftige Schienenanbindung in Richtung Stuttgart bekommt, der glaubt vermutlich auch, dass ein Zitronenfalter Zitronen faltet.

Da hilft nur eins: Nagold muss selbst aktiv werden. Und wie immer, wenn es an ein wichtiges Pilotprojekt geht, dann holt man die Akteure vor Ort an Bord. So können die Nagolder Schulen eingebunden werden. Die Schreiner- und Metallbau-Lehrlinge schustern ein paar Draisinen zusammen, die künftig dann von zwei Passagieren mit eigener Muskelkraft gen Stuttgart gefahren werden können. Car-Sharing gibt es ja bereits in der Stadt, ein umweltfreundliches Draisinen-Sharing wäre doch mit Sicherheit auch erfolgreich.

Dazu sprechen weitere Gründe für ein erfolgreiches Konzept: Man treibt Sport und bläst statt Feinstaub höchstens Schweißgeruch in die Luft. Das dürfte auch die feinstaubgeplagten Hauptstädter freuen. Dennoch muss man natürlich aufpassen: Wer, schon fast am Ende seiner Kräfte, endlich ein Licht am Ende des Tunnels erblickt, kann nur darauf hoffen, dass es nicht der Scheinwerfer eines entgegenkommenden Zuges ist.

Info: Metropol-Express soll "geflügelt" werden

Beim Kampf um eine direkte Schienenanbindung Nagolds heißt der nächste Trumpf "Metropol-Express". Das Land plant diesen Zug, der stündlich innerhalb des S-Bahn-Netzes rund um Stuttgart nur wichtige Zentren bedienen und so schnellere Fahrzeiten ermöglichen soll. Außerhalb des S-Bahn-Netzes sollen alle Bahnhaltestellen bedient und so an die Region Stuttgart angebunden werden. Die Stadt Nagold möchte nun erreichen, dass ein Ast dieses Metropol-Expresses nach Nagold weitergeführt und so eine direkte Schienenverbindung erreicht wird.

Kreis beteiligt sich

Voraussetzung dafür ist jedoch zunächst ein positives Ergebnis einer Nutzen-Kosten-Untersuchung. Untersucht werden soll unter anderem, wo der Zug geflügelt werden könnte und was die erforderliche Schaffung der Infrastruktur auf der Nagoldtalbahn wie Elektrifizierung und Anpassung der Bahnsteighöhen kosten würden. Der Verwaltungsausschuss gab jetzt Mittel in Höhe von maximal 60 000 Euro für das Gutachten frei. Einen Teil des Gutachtens soll der Landkreis Calw bezahlen.