Eckhart Kern (rechts) erläuterte die Geschichte des Hohenneuffen und seiner uneinnehmbaren Burgfeste. Foto: Albiez Foto: Schwarzwälder-Bote

Verein für Heimatgeschichte auf Exkursion zu archäologischen Stätten auf der Schwäbischen Alb

Von Oskar Albiez

Nagold. Auf dem von der Natur außergewöhnlich geformten Hochplateau der Schwäbischen Alb nördlich von Bad Urach stoßen Freunde archäologischer Forschung auf Superlative, wo es um Zeugnisse menschlicher Siedlungsspuren geht. Nagolder Geschichtsfreude tauchten dort ein in eine Zeit, die 2000 Jahre zurückliegt.

Auf seiner jüngsten Exkursion unter der Leitung von Judith Bruckner und Eckhart Kern machte sich der Heimatgeschichtsverein Nagold im Rahmen seines auf die Geschichte der Kelten schwerpunktmäßig gerichteten Teils des Jahresprogramms auf in diese Region.

Judith Bruckner verwies auf die Absicht des Vereins, die Beschäftigung mit den Bewohnern der Region in vorchristlicher Zeit mit wissenschaftlich untermauerter Informationsgewinnung zu betreiben. Das von ihr mit initiierte Nagolder Keltenfest solle daneben das Interesse in der Bevölkerung für das Leben der Kelten fördern.

Zurück zur Schwäbischen Alb: Auf der rund 17 Quadratkilometer messenden, fast ebenen Hochfläche zwischen den Ortschaften Grabenstetten und Erkenbrechtsweiler sowie der Burgfestung Hohenneuffen befand sich vor mehr als 2000 Jahren die größte stadtähnliche, von den Römern als "Oppidum" bezeichnete Keltensiedlung auf dem europäischen Festland.

Das Markante dieser "Heidengraben" benannten Keltenstätte sind vor allem die heute noch sichtbaren, mächtigen Befestigungsanlagen, mit denen die Bewohner ihr Siedlungsgebiet geschützt haben. Mindestens rund sieben Kilometer solcher einst aus Erdreich, Steinmauer und Holzstützen bestehenden Wallanlagen erforderten für ihre Errichtung einen gewaltigen Aufwand an Arbeitskraft von vielen tausend Menschen über Jahre hinweg. Dieser Umstand und die von den Archäologen geborgenen Funde lassen den Rückschluss zu, dass bis zu 10 000 Menschen in diesem Oppidum gelebt haben könnten.

Die geologischen Gegebenheiten rund um das Plateau machen Besuchern deutlich, weshalb Menschen in den Jahrhunderten vor der Zeitenwende hier gesiedelt haben. Steil abfallende Hänge mit schroffen Felsformationen riegeln das Gelände gegen Eindringlinge wirksam ab. Wo der natürliche Zugang leichter war, schützte man sich durch die genannten Befestigungsanlagen. Die Bodenbeschaffenheit auf dem Plateau mit häufig nur geringer Humusschicht über dem Fels ermöglichte offenbar die Erzeugung von ausreichenden Mengen an Lebensmitteln für so viele Menschen. Im kleinen Museum in Grabenstetten gewann die Nagolder Besuchergruppe Einblicke in die Forschungsergebnisse der Archäologen.

Dann führte Eckhart Kern die Nagolder Exkursionsteilnehmer zum nächsten Superlativ der Region – auf den Bergrücken des Hohenneuffen, auf dem um das Jahr 1100 herum eine mittelalterliche Burganlage erbaut wurde. Es gibt wohl nur wenige Burgen, die auf solchem schroffen, steil aufragenden Bergflanken stehen, über die jede Annäherung mit den Mitteln damaliger Zeit unmöglich war. Nur eine schmale Landbrücke aus dem Gebiet des Heidengraben heraus bietet eine Zugangsmöglichkeit, trotz der aber mit Hilfe entsprechender Befestigungsanlagen die Burg uneinnehmbar blieb. Kern erläuterte die wechselvolle Geschichte der Burg, die letztendlich in den Besitz des Hauses Württemberg kam, und er schmückte seine Ausführungen mit Zitaten aus Gedichten namhafter schwäbischer Dichter, nicht zuletzt Ludwig Uhland. Spuren der Kelten lassen sich am Hohenneuffen nur spärlich nachweisen, was nach Überbauung mit der Burg nicht verwunderlich ist. Allerdings sei wohl anzunehmen, dass die Kelten die sichere Lage des Berges auch genutzt haben.

Zum Abschluss der Exkursion ging es noch zur Achalm bei Reutlingen, wo sich Siedlungsspuren bis zurück ins 10. Jahrhundert v.Chr. finden ließen. In späterer Zeit gab es eindeutig auch keltische Besiedlung auf dem Bergrücken, der als Bergweide diente.