Die Landesgartenschau 2012 bestimmte Jürgen Großmanns erste Amtszeit als OB. Hier ist Großmann (Mitte) bei der Eröffnung der LGS mit Ministerpräsident Winfried Kretschmann (rechts) und LGS-Geschäftsführer Richard Kuon (links) zu sehen. Foto: Fotoclub Nagold Foto: Schwarzwälder-Bote

Wahl: OB Großmann zieht eine positive Bilanz seiner bisherigen Amtszeit – und hat noch einige Pläne

"Wir kommen voran." Unmittelbar vor Ablauf der Bewerberfrist für die OB-Wahl hat Amtsinhaber Jürgen Großmann ein positives Fazit seiner ersten Amtszeit als Nagolder Stadtoberhaupt gezogen. Trotz aller Zufriedenheit, gibt es da aber einen Stachel, der tief sitzt – und der schmerzt ihn.

Nagold. Acht Jahre Oberbürgermeister Jürgen Großmann. Eine Zeit, die ganz im Zeichen der Landesgartenschau 2012 stand. Und das nicht nur weil das Ereignis genau in die Mitte seiner Amtszeit fiel. Praktisch von seinem ersten Tag im Chefsessel an war die Gartenschau für Jürgen Großmann bestimmendes Thema in der Stadt. Auch er selbst teilt die acht Jahre in drei klare Abschnitte ein: die Zeit der Vorbereitung und Planung der Landesgartenschau, die Zeit der Veranstaltung und die "Zeit der Ernte", wie er sie nennt – die Umsetzung der Projekte, die im Konzept der Schau schon angelegt waren.

Und schaut Jürgen Großmann auf diese Zeit zurück, wird er euphorisch. "Das war ein Jahrhundertprojekt für die Stadt, und es wurde zu einem Jahrhunderterfolg", sagt das Stadtoberhaupt. "Eigentlich war die Gartenschau ein Gottesgeschenk für Nagold."

Und das alles bezieht er nicht nur auf den Erfolg der Schau an sich, auf die schönen Veranstaltungen oder auf den enormen Zuschauerzuspruch. Er denkt auch an das, was die LGS aus der Stadt gemacht hat, was sie in der Bürgerschaft bewirkt hat. "Das ehrenamtliche Engagement, das sich da gezeigt hat, war einfach sensationell", so Großmann. "Damit haben wir uns gezeigt, wie viel wir gemeinsam – durch alle Generationen hindurch – erreichen können. Ich habe noch immer höchsten Respekt vor allen Akteuren der Gartenschau." Diese Monate im Sommer 2012 hätten auch alle Gäste beeindruckt, ist er überzeugt, und der Stadt ein neues Image gegeben. Und ein neues Gesicht.

Denn die Schau habe viele Projekte und Einrichtungen angestoßen, seien es als Beispiele nun neue Wohngebiete oder etwa die Jugendkunstschule. Aber auch in anderer Hinsicht habe die Stadt von dem neuen Image profitiert. Auch als Wirtschaftsstandort habe die Stadt deutlich an Attraktivität gewonnen und noch den Tourismus als Wachstumsmarkt für sich selbst entdeckt. Alles in allem sei die Gartenschau ein "überragender Erfolg" gewesen, durch den der Stadt ein "weiter Sprung nach vorne" gelungen sei.

Gerade wirtschaftlich sei man da auf einem guten Weg, so Jürgen Großmann. Die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten sei in seiner Amtszeit von 9161 auf jetzt 10644 gestiegen. Die Zahl der Berufseinpendler (7092) übersteige aktuell die der Auspendler sehr deutlich (5364).

Doch Großmann nennt nicht nur Zahlen zum prosperierenden Wirtschaftsstandort, sondern auch das praktisch volle Industriegebiet Wolfsberg und Ansiedlungen auf dem Eisberg wie das im Bau befindliche DPD-Verteilerzentrum. Auch in der Innenstadt gebe es Bewegung, sagt Großmann und verrät, dass sich im Fall eines Filetstücks der City Entscheidendes getan hat. "Was das Anker-Areal angeht, ist aus Sicht der Stadt die Tinte trocken", so der OB, der aber noch keine Details preisgeben will.

In der Vergangenheit war die Einwohnerentwicklung in der Stadt ein Sorgenkind, "doch da haben wir die Kurve gekriegt", meint Großmann. "Wir haben wieder steigende Tendenz und verzeichnen einen regelrechten Bauboom." Lange Zeit habe man zwar eine große Nachfrage nach Bauplätzen gehabt, aber ein zu kleines Angebot. Als Stadt müsse man sich um die Angebotsseite kümmern, was auch geschehe. Es gebe schon Pläne für Wohnbaugebiete in allen Stadtteilen. Auch beim sozialen Wohnungsbau müsse und werde sich im Fall von Nagold wohl auch etwas tun. Allerdings sei es zwingend nötig, dass der Bund wieder in die Förderung einsteige.

Beim Thema Bildung und Betreuung sei man intensiv tätig gewesen und dürfe sich jetzt mit Fug und Recht als kinder- und familienfreundliche Stadt bezeichnen. 2008 habe die Stadt für die Kinderbetreuung außerhalb der Schulen noch 2,5 Millionen ausgegeben, 2015 seien es 5,8 Millionen Euro gewesen. Die Zahl der Betreuungsplätze für Kinder unter drei Jahren sei in dieser Zeit von 27 auf 135 gewachsen. Gerade in diesem Bereich wolle die Stadt auch in Zukunft das Angebot ausbauen, kündigt der Rathauschef an.

Auch im Bildungssektor sei einiges passiert, meint Großmann und nennt als Beispiel die neue Jugendkunstschule und die neue Volkshochschule. Themen der Zukunft seien die Sanierung der Lembergschule, die Gemeinschaftsschule in der Stadt – und auch in Sachen Otto-Hahn-Gymnasium werde es bald zu wichtigen Gesprächen kommen. Was das Aufbaugymnasium angehe, sei es zwar ein Herzenswunsch, es ins Eigentum der Stadt zu überführen, "doch das ist finanziell nicht darstellbar". Derzeit befinde sich das Gebäude im Besitz einer Investorengruppe.

Im sozialen Bereich habe sich auch einiges getan. Die ASM habe ein neues Domizil, die Lebenshilfe stehe vor der Fertigstellung ihres Neubaus und auch das Bürgerzentrum im Burgcenter sei beschlossene Sache. Und obwohl sich in der Gartenschauzeit der Fokus stark auf die Kernstadt gerichtet habe, sei man auch in den Teilorten vorangekommen, sagt das Stadtoberhaupt, sei es nun bei der neuen Ortsmitte Vollmaringen, dem Dorfplatz in Schietingen und Gündringen oder der Sanierung der Halle in Iselshausen.

Der einzige Bereich, der Oberbürgermeister Jürgen Großmann Kummer bereitet, ist das Thema Verkehr. Man habe zwar die Umwidmung der Marktstraße erreicht, allerdings habe das mit der besseren Schienenanbindung an den Großraum Stuttgart bisher nicht geklappt. "Das bedeutet für mich Frust hoch fünf", ärgert sich Großmann. Alles hänge derzeit an der Entwicklung der Gäubahn. Und da gibt es derzeit wenig positive Nachrichten.

Dessen ungeachtet hat sich Großmann für eine mögliche zweite Amtszeit einiges vorgenommen. Das fängt mit der Weiterentwicklung des Wirtschafts- und Wohnstandortes Nagold an, reicht über das neue Tourismuskonzept, die Energiewende mit dem Integrierten Klimaschutzkonzept und die Umwandlung in eine "Fair-Trade-Stadt", den Breitbandausbau und freies W-LAN bis hin zur Entscheidung, ob die Wasser-, Strom- und Gasversorgung kommunalisiert wird oder nicht. Auch immer wieder debattierte Bau- oder Sanierungsprojekte wie das Parkhaus Nord, Seniorenwohnanlagen, Schulen oder die Stadthalle nennt das Stadtoberhaupt als Pläne für die Zukunft.

Doch das alles müsse man unter dem Aspekt der Finanzen sehen. Der Schuldenabbau genieße weiter höchste Priorität. Man müsse sich einfach wieder finanzielle Handlungsfreiheit schaffen, sagt Großmann. Das sei erreicht, wenn man den Schuldenstand auf zehn Millionen gedrückt habe. Derzeit liege man bei 16,5 Millionen Euro. Dieser Konsolidierungskurs, da ist er sich sicher, werde die Entwicklung der Stadt nicht einschränken.

Insgesamt könne die Stadt stolz auf das gemeinsam Erreichte sein, fasst Großmann seine acht Jahre als OB zusammen. "Nagold hat sich prächtig entwickelt", stellt er fest. "Und seine Perspektiven werden glänzend sein."