Sind 65 Jahre verheiratet: Arnold und Olga Schmidt. Foto: Rennig Foto: Schwarzwälder-Bote

Olga und Arnold Schmidt begehen eiserne Hochzeit / Harte Kindheit

Von Barbara Rennig

Nagold. Die Frage, ob sie je ihre alte Heimat wieder hätten besuchen mögen, verneinen Olga und Arnold Schmidt einstimmig. "Wir hatten so viele harte Jahre, so viel Plage", erzählen sie. "Erst in den vergangenen 22 Jahren konnten wir aufleben." Das Paar begeht heute in seiner Wahlheimat Nagold nach 65 Jahren Ehe das seltene Fest der eisernen Hochzeit.

Arnold Schmidt wurde 1929 in dem deutschen Dorf Neuheim in der Ukraine als ältester Sohn von insgesamt neun Kindern eines Landwirts geboren und musste schon im Grundschulalter im Stall mithelfen. Da war kein Raum – weder für eine weiterführende Schulbildung noch für berufliche Träume. Zwar blieb sein Dorf während des Krieges von der Umsiedlung verschont. Doch viele Männer – darunter Arnold Schmidts Vater – wurden verschleppt, die Einwohner vertrieben und auf eine unsichere Reise in den Westen geschickt. Bis Kriegsende fand Mutter Schmidt mit acht Kindern schließlich eine Bleibe im Warthegau. Doch dann wurden die "Russlanddeutschen" trotz mancher Versprechen auf ein gutes Leben wieder zurückgeschickt. In Viehwaggons ging es bis nach Sibirien, wo Arnold Schmidt bei 35 Grad minus im Wald Zwangsarbeit verrichtete.

Auch Olga Steinhauer aus Zürichtal (Ukraine) erlebte alles andere als eine glückliche Jugend. Der ältere Bruder verstarb an Erfrierungen während des Arbeitsdiensts. 1937 verschleppte die Miliz in einer Nachtaktion alle Männer des deutschen Dorfes, um sie später zu erschießen, darunter auch Vater Steinhauer. Wenige Jahre später wurden die restlichen Familien gezwungen, binnen 24 Stunden ihre Heimat zu verlassen. Familie Steinhauer schaffte es bis zur polnischen Grenze, erhandelte sich – selbst hungrig und entkräftet – gegen Speckseiten eine Zugfahrt und landete in Dresden in einem Lager. Von dort wurden sie weitergeschickt, bis sie auf Umwegen in Teltow eintrafen und in einer Fabrik zur Arbeit eingeteilt wurden. Olga Steinhauer erinnert sich an die Luftangriffe auf Berlin und an den Sammeltransport, der die Menschen aus dem inzwischen abgebrannten Lager nach Sibirien brachte, wo die junge Olga – bis zu den Hüften im Schnee steckend – bei bitterer Kälte im Wald arbeiten musste, oft nahe am Verhungern.

In diesen harten Zeiten lernte sie ihren späteren Mann Arnold kennen, dem sie 1949 das Jawort gab. Sie bekamen sechs Kinder, darunter zweimal Zwillinge. 1956 bauten sie in Kasachstan eine Landwirtschaft auf und errichteten ein Häuschen für die Familie. 1988 reisten sie nach Deutschland aus und kamen über viele Stationen schließlich in den Großraum Stuttgart. Olga und Arnold Schmidt zogen 1992 zusammen mit einem der Söhne nach Nagold – und fühlen sich seither endlich angekommen. Viele Jahre lang ging Arnold Schmidt dem Hausmeister des Komplexes zur Hand, in dem das Jubelpaar wohnt. Olga Schmidt versorgt mithilfe der Kinder den Haushalt noch selbst. Den besonderen Hochzeitstag möchte das Jubelpaar, das 15 Enkel und 17 Urenkel hat, in aller Stille verbringen.