Vater und Tochter: Corinna und Peter Becker bringen einen Comic zur Nagolder Stadtgeschichte heraus. Foto: Martin Bernklau

Vater Helmut und Tochter Corinna Becker haben Nagold-Comic geschaffen. Buch erscheint jetzt.

Nagold - Wenn der Vater mit der Tochter die Neigung zur Kunst und die Liebe zur Heimatstadt teilt, dann darf auch mal ein Comic entstehen. Helmut und Corinna Becker haben eine augenzwinkernde Nagolder Geschichte gezeichnet und gedichtet, "wie sie nicht im Buche steht". Als Buch kommt sie jetzt heraus.

Dabei sind sie beide keine ganz echten Nagolder. Der Vater stammt aus dem Siegerland. Die Tochter lebt und arbeitet seit vielen Jahren in Paris, als Software-Spezialistin. Nur die Ehefrau und Mutter Lydia, geborene Benz, ist als Tochter eines einstigen Stadtbaumeisters echtes Nagolder Urgestein.

Die Nagolder Geschichte hat Glanz und Schatten, ist spannend und führt weit, weit zurück. Steinzeit, Kelten, Karl und Hildegard, Weltkriege und Wirtschaftswunder. Der Vater, Jahrgang 1929, kennt sich aus. Die Tochter, 40 Jahre jünger, hatte die Idee. Der zündende Funke kam über die Kunst. Nach einer Augenoperation konnte Helmut Becker seine geliebte Ölmalerei nicht mehr so gut ausüben. Corinna Becker hingegen hatte Neigung und Talent zum Zeichnen entdeckt und in Kursen bei guten Lehrern im comic-vernarrten Frankreich ausgebaut. Bei ihren Urlauben im heimischen Nagold hat sich das familiäre Duo "Stück für Stück vorgearbeitet". Jetzt ist der Comic druckfertig und soll rechtzeitig zum Weihnachtsgeschäft bei der Buchhandlung Zaiser in der Marktstraße erscheinen.

Helmut Becker war ein Kriegskind, sechs Geschwister. 1944 flog er von der Schule im Siegerland, weil er den Lehrer nicht mit "Heil Hitler!" grüßen wollte. Mit Volksschulabschluss machte er eine landwirtschaftliche Lehre bei einem Münsteraner Adelshaus. Da hat er viel gelernt, da wurde er "tief geprägt". Er arbeitete in einer Gießerei, "holte viel Bildung nach", schulte um und begegnete in den Sechzigern als Heimleiter in einem Internat in Gaienhofen am Bodensee seiner späteren Frau. Als Berufsberater beim Arbeitsamt Nagold beendete er ein Arbeitsleben von 50 Jahren.

Drei Dinge brauchte der Pensionär danach an Arbeit: den Garten, das Ehrenamt am Oberlinhaus in Freudenstadt und die Malerei, die er gründlich in Volkshochschulkursen und bei Seminaren in der Toscana, Trentino und der Provence erlernte. Die Tochter hatte 1989 am Otto-Hahn-Gymnasium Abitur gemacht und war in Dualer Ausbildung Informatik-Ingenieurin geworden. Ein Diplom in Elektrotechnik an der Fern-Uni Hagen setzte sie später drauf. Denn es ging nicht recht voran mit der Karriere: Generation Praktikum, häufige Stellenwechsel, Firmenpleiten. Erst als sie sich mit ihren Sprachkenntnissen auf eine Anzeige nach Paris bewarb, stellte sich auch ein beruflicher Erfolg ein, der ihrem Können angemessen war. Aber weil der Mensch nicht vom Beruf allein lebt, schrieb sie sich an der Malschule Antoni ein, die in Paris einen Ruf hat. Im Asterix-Land lernte sie das Comic-Zeichnen.

Helmut Becker, hat die Nagolder Historie nicht nur auf Humoristisches abgeklopft, wie etwa "Männlein und Weiblein in einer Bütt" der mittelalterlichen Badstube – die Lausbuben spickeln. Manche regionale Besonderheiten aus vielerlei Epochen flossen mit ein: die Flößerei, die Schmalspurbahn "Altensteigerle", eine fiktive Begegnung Napoleons mit dem "Dicken Friedrich", erstem württembergischer König von Kaisers Gnaden, vor der Nagolder "Post". Kaiser Wilhelms "herrlichen Zeiten entgegen", folgten Weltkrieg, Inflation, Arbeitslose, Hitler, neuer Krieg. In der Nazizeit "kommen die Nagolder noch gut weg", findet Becker. Die Bildergeschichte erinnert an eine mutige Diakonisse, die Schwester Caroline, die sich gegenüber dem Ortsgruppenleiter Erwin Raisch weigerte, ihre Schutzbefohlenen unter dem Schild eines "Nationalsozialistischen Kindergartens" großzuziehen.

Mit den großen Firmennamen des Nagolder Wirtschaftswunders endet die Comic-Zeitreise wieder im Guten. Die Druckvorlagen – von der Tochter gezeichnet und mit den gemeinsamen Texten beschriftet, vom Vater mit Farbtuschen koloriert – sind eigentlich fertig. Schwiegersohn Mats Arp liest noch gegen. Schon dieser Tage soll das fertige Buch bei Zaiser ausliegen.