Diesen Sommer ist das Anker-Areal noch Beach-Fläche und WM-Arena. Doch, wo am Sonntag vermutlich hunderte Fußballfans das WM-Finale verfolgen werden, soll später ein modernes Wohn- und Geschäftszentrum entstehen. Foto: Fritsch

Drei Investorengruppen sind beim Anker-Areal noch im Rennen. OB: "Stillstand für unsere Stadt ein Rückschritt". Mit Kommentar.

Nagold -Es war eines der bestgehüteten Geheimnisse der vergangenen Monate in dieser Stadt. Gestern Abend wurde es gelüftet: Die Konzepte fürs Anker-Areal liegen auf dem Tisch. Drei Investorengruppen sind noch im Rennen.

Die einst stolze Brauerei, die früher an dieser Stelle am Ufer der Waldach stand, ist längst abgerissen. Das alte Sudhaus diente vor zwei Jahren bei der Landesgartenschau als Blumenhaus, dann besorgte der Abrissbagger den Rest. Seither ist diese Industriebrache vor allem eines: ein idealer Platz im Sommer für den "Anker-Beach".

Noch in diesem Jahr aber sollen nach dem Willen der Stadtverwaltung die Weichen für eine Neubebauung gestellt werden: "Wir wollen einen respektablen Umgang des Neuen mit dem Alten", formulierte Oberbürgermeister Jürgen Großmann gestern vor der Bürgerbeteiligung, die abends zu diesem Thema im Kubus stattfand.

Acht Investoren hatten sich ursprünglich mit einem Grobentwurf für dieses Millionenprojekt beworben, fünf nahm das städtische Bewertungsgremium, das sich aus dem Gestaltungsbeirat und den Fraktionsvorsitzenden zusammensetzt, in die engere Wahl. Alle fünf wurden gestern Abend zwar vorgestellt, aber drei von ihnen sind klar favorisiert, darunter eine Investorengruppe mit dem Namen "Erwerbergemeinschaft Nagold". Alle Favoriten haben eines gemeinsam: Sie tragen eine moderne architektonische Handschrift.

Gleich mehrere städtebauliche Ziele mussten die Bewerber mit ihren Konzepten erfüllen: Im Erdgeschoss sollten Einkaufsflächen entstehen (nach den bisherigen Plänen zwischen 1600 und 1900 Quadratmeter) und Wohnungen in den Obergeschossen (Bandbreite von 2200 bis 2800 Quadratmeter). Mit diesem modernen Gebäudeensemble will die Stadt aber nicht nur die Passage an der Waldach, die zur Landesgartenschau entstand, komplettiert wissen, sondern zugleich "ein Tor öffnen in die Schmiedgasse", wie Stadtoberhaupt Großmann postulierte: "Wir haben hier noch schlummerndes Potenzial." Nicht ausgeschlossen, dass die rund 40 Parkplätze unter dem Neubau auf dem Anker-Areal eines Tages an einer möglichen Tiefgarage unter der Schmiedgasse und sogar an der "Adler"-Tiefgarage angedockt werden. "Diese Option müssen wir uns offen halten", so der OB, "wir schauen nach vorn".

Alle drei Investorenkonzepte hätten jedenfalls das Potenzial, ist Stadtplaner Ralf Fuhrländer überzeugt, Fluss und Altstadt architektonisch anspruchsvoll zu verknüpfen.

Welcher großflächige Einzelhandel hier eines Tages entsteht oder ob der ansiedlungswillige Bekleidungskonzern H&M sich auf dem Anker-Areal einmietet, steht noch nicht fest: "Bislang ging es hier um keine Namen, sondern immer nur um Flächen", sagt Fuhrländer. Und Nagolds OB ergänzt: "Nagold braucht Frequenz, da darf man sich nichts vormachen. Stillstand wäre für unsere Stadt ein Rückschritt und zwar ein gewaltiger."

Der Nagolder Gemeinderat soll in seiner Sitzung am 29. Juli befinden, welche Bewerbungen er nun priorisiert. OB Jürgen Großmann gibt als Ziel aus: "Noch in diesem Jahr müssen wir einen Haken hinmachen." Und während man über diesem Millionenprojekt grübelt, befasst man sich in der Stadtverwaltung schon mit dem nächsten. Für die Bebauung der Alten Messe und des Calwer Decken-Areals sollen bald die städtebaulichen Entwürfe vorliegen.

´Kommentar: Mutig

Roland Buckenmaier

Was Oberbürgermeister Jürgen Großmann gestern Abend der Nagolder Bevölkerung vorgestellt hat, war mehr als nur ein Bauplan fürs Ankerareal, er öffnete gleichsam das Tor in eine neue Zeit. Was hier auf dem Gelände der ehemaligen Anker-Brauerei entsteht, ist grundlegend anders als all das, was man vielerorts in den Städten architektonisch verbricht, weil man sich dort – aus Schwäche – den Investoren andienen muss.

Nicht so in Nagold: Die Verantwortlichen gingen bei der Auswahl der verschiedenen Investorenkonzepte offenbar sehr selbstbewusst zu Werke. Zuerst kommen die Interessen der Stadt, denen sich das Geld unterordnen muss. So macht Stadtentwicklung Sinn. In Nagold hat man diesbezüglich in der Vergangenheit viele Fehler gemacht. Dieses Millionenprojekt aber weist in die richtige Richtung. Mutige Moderne steht Nagold gut zu Gesicht.